Leitsatz
Die nicht miteinander verheirateten Parteien waren Eltern einer im September 1998 geborenen Tochter. Das Kind lebte in dem Haushalt der Kindesmutter, die zwischenzeitlich wieder verheiratet war und der die alleinige elterliche Sorge zustand.
Seit Beginn des Jahres 2004 verwehrte sie dem Vater jeden Umgangskontakt. Ein vor dem AG vereinbarter begleiteter Umgang kam wegen mangelnder Mitwirkungsbereitschaft der Mutter nicht zustande. Daraufhin regelte das AG den Umgang zunächst durch einstweilige Anordnung. Im weiteren Verlauf des Verfahrens ordnete das erstinstanzliche Gericht die Einholung eines Gutachtens an. Da der Gutachter die ihm gesetzte Frist zur Erstattung des Gutachtens nicht einhalten konnte, wurde er nur mündlich angehört, ohne vorher mit dem Kind Kontakt aufgenommen zu haben.
Gegen diesen Beschluss legte die Mutter Beschwerde ein, die zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das FamG führte.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG vertrat die Auffassung, die angefochtene Entscheidung könne schon deswegen keinen Bestand haben, weil das Verfahren vor dem FamG an wesentlichen Verfahrensmängeln leide.
Das FamG habe den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt und seine Feststellungen ohne hinreichende Entscheidungsgrundlage getroffen.
Dem erstinstanzlichen Gericht sei insoweit zu folgen, als im Laufe des Verfahrens aus den Verhaltensweisen der Kindesmutter erkennbar geworden sei, dass diese dem Kind eine ablehnende Haltung zu Umgangskontakten mit dem Kindesvater vermittele. Ferner habe sie dem Kind freigestellt, ob es Umgangskontakte mit seinem Vater wahrnehmen wolle oder nicht. Dadurch habe sie gegen die Wohlverhaltensklausel gem. § 1684 Abs. 2 BGB verstoßen. Dem sorgeberechtigten Elternteil obliege es, den Kontakt zu dem nicht sorgeberechtigten Eltern nicht nur zuzulassen, sondern positiv zu fördern. Der Beschluss sei gleichwohl aufzuheben, da das FamG den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt habe. Angesichts des weiteren erheblichen Tatsachenvortrags der Mutter zu einer mit dem Umgang verbundenen Kindeswohlgefährdung hätte das in erster Instanz angeordnete Gutachten eingeholt werden müssen. Ferner liege ein Verfahrensfehler darin, dass das AG ohne die Anhörung des Kindes entschieden habe.
Hinweis
In § 1684 Abs. 2 BGB ist eine Wohlverhaltensklausel normiert, wonach von dem Elternteil, bei dem das Kind wohnt, eine aktive Förderung der Umgangsbereitschaft des Kindes verlangt wird. Mit dieser Wohlverhaltensklausel ist nicht vereinbar, dass der betreuende Elternteil einerseits dem Kind das Gefühl vermittelt, dem Umgang ablehnend gegenüber zu stehen und ihm andererseits den Umgang freistellt. Wenngleich mit zunehmendem Alter des Kindes die Möglichkeit der Einflussnahme schwindet, ist sie jedenfalls bei einem achtjährigen Kind - wie im vorliegenden Fall - noch gegeben.
Link zur Entscheidung
Saarländisches OLG, Beschluss vom 21.12.2006, 9 UF 147/06