BFH zur Steuerpflicht bei Aufrechnung von Rechtsanwaltshonorar mit Fremdgeld
Umsatzsteuer-Sonderprüfung deckt 54.000 EUR mehr Betriebseinnahmen auf
Ein lukratives Mandat kam einen Rechtsanwalt am Ende selbst teuer zu stehen. Zu sehr weckte es die Begierde, die eigene Vergütung über die Maßen zu steigern. Der Steuerrechtsstreit wurde durch eine Sonderprüfung des Finanzamts ausgelöst, bei der rund 54.000 EUR zusätzlicher umsatzsteuerpflichtiger Gewinn ermittelt wurden.
Aufrechnung mit Mandantin zustehendem Vergleichsteilbetrag
Für eine spanische Mandantin ging eine Vergleichszahlung i.H.v. 290.000 EUR nebst Zinsen auf dem Anwaltskonto, das kein separates Fremdgeldkonto war, ein. Davon leitete der Rechtsanwalt 240.00 EUR an die Mandantschaft weiter. Mit der Differenz verrechnete er ihm vermeintlich noch zustehendes Honorar.
Zivilrechtsstreit mit Mandantin über Honorarhöhe
Durch die Aufrechnung wurde die Mandantin zur Gegnerin, denn sie hielt den Einbehalt für unberechtigt. Man stritt sich zunächst vor dem LG, dann weiter vor dem OLG. Letzteres urteilte abschließend, dass dem Anwalt nur knapp 5.000 EUR zustehen.
Anschließender Steuerrechtsstreit über die weiterzuleitenden 45.000 EUR Fremdgeld
Der nächste Rechtsstreit in eigener Sache folgte, nachdem das Finanzamt den Steuerbescheid erlassen hatte. Der Einspruch des Rechtsanwalts blieb erfolglos, ebenso die anschließende Klage vor dem Finanzgericht. Diese war darauf gerichtet, die rund 45.000 EUR Fremdgeld als durchlaufenden Posten bei der Umsatzsteuer zu werten (§ 4 Abs. 3 S. 2 EStG).
FG und BFH entscheiden im Sinne einer Umsatzsteuerpflicht
Der BFH hatte in dieser Problematik das letzte Wort. Es schloss sich der Bewertung des FG an. Im Ergebnis wurde dem Rechtsanwalt die unberechtigte Aufrechnung mit dem größten Teil des vorgeblichen Honorars zum Verhängnis; sie führte zur bleibenden Umsatzsteuerpflicht.
Geld muss als „fremdes“ eindeutig und durchgängig ein- und wieder ausgehen
Damit eine Einnahme umsatzsteuerrechtlich ein durchlaufender Posten ist und bleibt, müssen Einnahme und Ausgabe einen einheitlichen Vorgang darstellen. Beide Geldbewegungen müssen im fremden Namen und für fremde Rechnung erfolgen. Der BFH spricht von einer sog. Verklammerung.
Aufrechnung heißt Aufgabe des Willens zur Weiterleitung, Heilung nicht möglich
Wird nach Eingang des Betrages der Willen zur Weiterleitung des Geldes nach außen erkennbar aufgegeben, fällt die Verklammerung weg. So ist es hier durch die erklärte Aufrechnung geschehen. Dass der Anwalt von Anfang an verpflichtet war den Betrag an die Mandantschaft weiterzuleiten und am Ende der verlorenen Prozesse dies auch tun musste, heilte die unterbrochene Verklammerung nicht.
Anwalt zahlt neben Umsatzsteuer sehr viel Lehrgeld
Der Versuch, möglichst viel vom Mandanten-Kuchen abzubekommen, endete damit für den Anwalt im finanziellen Desaster. Nicht nur das einbehaltene Fremdgeld ging verloren; zusätzlich musste er seinen unberechtigten Einbehalt mit einer deftigen Steuernachzahlung, Gerichts- und Anwaltskosten aus vier Instanzen und nicht zuletzt kostbarer Zeit bezahlen.
(BFH, Urteil v. 29.9.2020, VIII R 14/17)
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