OLG erklärt Erhöhung von Bankgebühren durch Zustimmungsfiktion für wirksam
Dies hat das OLG Köln entschieden. Ein Verbraucherverband hatte eine Bank auf Unterlassung der Verwendung einer Bestimmung in ihren AGB verklagt, nach der die Bank ihre AGB, darunter auch die Höhe der Entgelte für Bankleistungen, mittels einer fiktiven Zustimmung durch den Kunden ändern kann.
Mitteilungsschreiben der Bank löst Änderung der AGB aus
Nach den (auch von vielen anderen Banken verwendeten) AGB der Bank wird die Zustimmung der Bankkunden zu einer schriftlich mitgeteilten Änderung fingiert, wenn bestimmte Voraussetzungen - rechtzeitige Mitteilung sowie diverse Hinweispflichten - beachtet werden. Damit sind Banken in der Lage, unter bestimmten Voraussetzungen durch eine einfache schriftliche Mitteilung gegenüber dem Kunden beispielsweise die Gebühren für Bankdienstleistungen zu erhöhen.
Verbraucherverband rügt unangemessene Benachteiligung der Verbraucher
Der Verbraucherverband klagte gegen die Bank gemäß § 1 UKlG. Nach § 1 UKlG kann derjenige auf Beseitigung bzw. Unterlassung in Anspruch genommen werden, der AGB verwendet, die nach § 307-309 BGB unwirksam sind. Gemäß § 307 BGB sind Bestimmungen in den AGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Dieser sogenannten Inhaltskontrolle unterliegen AGB gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB aber nur dann, wenn sie von Rechtsvorschriften abweichende oder ergänzende Regelungen enthalten.
AGB stimmen mit den gesetzlichen Vorgaben überein
Nach Auffassung des OLG weichen die von der Beklagten verwendeten AGB nicht von den Rechtsvorschriften des BGB ab, vielmehr enthielten die vom Kläger beanstandete AGB lediglich sinngemäß die Wiedergabe der Regelung des § 675g BGB, wonach die Änderung eines Zahlungsdiensterahmenvertrags durch den Zahlungsdienstleister möglich ist, wenn dieser
- die beabsichtigte Änderung spätestens zwei Monate vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens dem Zahlungsdienst Nutzer anbietet und
- er den Zahlungsdienstnutzer auf die Fiktionswirkung seines Schweigens sowie
- auf die Möglichkeit zur kostenfreien und fristlosen Kündigung der Geschäftsbeziehung hinweist.
Die konkrete AGB ist einer Inhaltskontrolle entzogen
Vor diesem Hintergrund kam das OLG zu dem Ergebnis, dass die mit dem Gesetz inhaltsgleiche AGB-Regelung der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB entzogen ist. Dies folge auch daraus, dass der deutsche Gesetzgeber mit der im § 675g BGB enthaltenen Regelung exakt die europäischen Zahlungsdiensterichtlinien 2007/64/EG sowie 2015/2366/EU umgesetzt habe und damit das Ziel einer europäischen Vollharmonisierung in diesem Segment verfolge. Damit sei die nationale Vorschrift einer richterlichen Auslegung in dem Maße entzogen, als das Regelungsziel des nationalen Gesetzgebers durch richterliche Auslegung nicht verfälscht werden dürfe (BGH, Urteil v. 19.04.2018, I ZR 244/16).
AGB unterliegen der Transparenzkontrolle
Im Ergebnis bleibt daher nach der Entscheidung des OLG zur Überprüfung der AGB-Bestimmung lediglich die nach § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB eröffnete Transparenzkontrolle (BGH, Beschluss v. 24.4.2018, XI ZR 335/17). Das Transparenzgebot verpflichte den Verwender, AGB möglichst klar und überschaubar zu gestalten und diese so bestimmt zu formulieren, dass für den Verbraucher die damit verbundenen wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen deutlich erkennbar sind. Der Vertragspartner müsse erkennen können, was gegebenenfalls auf ihn zukommt (BGH, Urteil v. 7.2.2019, III ZR 38/18).
Verbraucher werden rechtzeitig informiert
Im konkreten Fall ist aus den AGB der Beklagten nach Auffassung des OLG zwar weder Anlass noch Umfang der in Betracht kommenden Änderungen von vornherein bestimmbar, insbesondere auch nicht der mögliche Umfang künftiger Gebührenerhöhungen. Diese relative Unbestimmtheit entspreche aber dem Inhalt und der Logik der gesetzlichen Regelung. Entscheidend ist nach Auffassung des Senats die nach den Banken-AGB und dem Gesetz erforderliche Konkretisierung der beabsichtigten AGB-Änderung spätestens zwei Monate vor deren Wirksamwerden. Auf diese Weise wisse der Verbraucher rechtzeitig, was konkret auf ihn zukommt.
Volle Ausübungskontrolle durch die Gerichte
Die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers wird nach Auffassung des Senats dadurch gewahrt, dass dieser die Änderung nicht einseitig hinnehmen muss, sondern sich durch Kündigung vom Vertrag lösen kann. Werde die Ankündigung einer vertraglichen Änderung durch die Bank den gesetzlichen Anforderungen nicht gerecht, so unterliege die Vorgehensweise im Einzelfall der Ausübungskontrolle durch die Gerichte. Im Ergebnis ist die vom Verbraucherverband gerügte AGB-Regelung nach Auffassung des OLG daher nicht zu beanstanden.
Revision zugelassen
Die Klage des Verbraucherverbandes blieb damit im Ergebnis erfolglos. Der Senat ließ wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Entscheidung die Revision zum BGH gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zu.
(OLG Köln, Urteil v. 19.12.2019, 12 U 87/18).
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Hintergrund:
Zustimmungsfiktion
Der Grundsatz, dass Schweigen im Rechtsverkehr keine rechtsgeschäftliche Willenserklärung darstellt, gehört zu den wesentlichen Prinzipien des Schuldrechts. Von diesem Grundsatz wird abgewichen, wenn dem tatsächlichen Verhalten eines Vertragspartners ein bestimmter Erklärungswert zugewiesen wird, so dass entsprechenden Vereinbarungen in Formularverträgen durch § 308 Nr. 5 BGB enge Grenzen gesetzt sind. Regelungen, die die Abgabe oder Nichtabgabe einer Erklärung des Vertragspartners fingieren, wenn dieser eine bestimmte Handlung vornimmt oder unterlässt, sind demgemäß in Formularverträgen nur ausnahmsweise, bei entsprechender Transparenz der vorherigen Hinweisen wirksam.
Bankgebühren
Bankenentgelte unterliegen der Inhaltskontrolle, wenn kraft Gesetzes ein solches Entgelt nicht geschuldet ist; Unwirksamkeit besteht insbesondere, wenn die Leistung, für die das Entgelt verlangt wird, ohnehin ohne (weitere) Kosten geschuldet wird oder im Interesse der Bank liegt. Ebenfalls kann das Transparenzgebot verletzt sein.
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