BGH erlaubt Extragebühren für Geldabheben /-einzahlen am Schalter

Mit dem seit 2009 geltenden Zahlungsdiensterecht hat sich die bisherige BGH-Rechtsprechung zu Entgelten bei Baraus- und -einzahlungen am Schalter erledigt. Die Banken müssen nicht mehr anbieten, dass ein paar Zahlungsflüsse pro Monat kostenlos sind. Nun steht nur noch die Entgelthöhe pro Vorgang,  1 bzw. 2 Euro, auf dem Prüfstand. Ob das zuviel ist, muss das Berufungsgericht klären.

Immer wieder hat der BGH immer wieder neue Bankgebühren und AGB der Banken und Sparkassen, die zu Lasten der Verbraucher gingen, "aus dem Verkehr" gezogen. Bei den zusätzlichen Gebühren für das Abheben von Geld an Schalter sah es diesmal anders aus. 

Grundgebühr und eine Extragebühr pro Zahlungsvorgang am Bankschalter

Eine Sparkasse wurde von der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V. wegen ihrer Bedingungen zu entgeltlichen Giroverträgen verklagt.

  • Es ging um die Vertragsmodelle „S-Giro-Basis“ und „S-Giro-Komfort“.
  • Für beide Vertragstypen nimmt die Bank einen monatlichen Grundpreis: 3,90 Euro bzw. 7,90 Euro für die Komfort-Variante.
  • In ihrem Preis-Leistungsverzeichnis sind darüber hinaus Gebühren für

            „Beleghafte Buchungen und Kassenposten mit Service, je Buchung“

vorgesehen, und zwar 2 Euro bei der Basis- und 1 Euro bei der Komfortvariante. Transaktionen am Geldautomaten hingegen sind kostenlos, für Barabhebungen aber auf 1.500 Euro pro Tag gedeckelt.

Kläger fordert mindestens fünf gebührenfreie Zahlungsvorgänge pro Monat

Der klagende Verein hat sich daran gestoßen, dass es keine sog. Freipostenregelung für monatlich mindestens fünf Ein- oder Auszahlungen gab. Alle drei Instanzen haben diese Forderung zurückgewiesen, zuletzt nun auch der BGH, der mit dieser Entscheidung seine bisherige Rechtsprechung aufgab.

Frühere BGH-Rechtsprechung basierte auf alter Gesetzesregelung

Der BGH weist auf seine frühere Rechtsprechung hin, nach der die Klage Erfolg gehabt hätte. Diese Ansicht entsprach der vormaligen Gesetzeslage, wonach für Darlehens- und Verwahrungsverträge kein Entgelt vorgesehen war.

Zahlungsdiensterecht sieht Gebühren vor

Die Rechtslage hat sich allerdings sich mit dem bereits im Jahr 2009 in Kraft getretenen Zahlungsdiensterecht geändert. Europäische Richtlinienvorgaben fanden mit ihm Eingang in das deutsche BGB, konkret in die §§ 675 c ff. BGB. Darin ist u.a. geregelt,

  • dass der Zahlungsdienstnutzer das vereinbarte Entgelt zu entrichten hat (§ 675 f Abs. 5 S. 1 BGB);
  • dass Bareinzahlungen auf und Barabhebungen von einem Girokonto Zahlungsdienste im Sinne des Gesetzes sind (§ 675 c Abs.3 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 S. 2),
  • so dass für sie dementsprechend uneingeschränkt, d.h. auch ohne Freipostenregelung Entgelte verlangt werden können.

Berufungsgericht soll klären, ob 1 bzw. 2 Euro zu viel an Gebühren ist

Nach dieser grundsätzlichen Entscheidung zugunsten der Sparkasse will der BGH aber noch in die Prüfung der Entgelthöhe mit Blick auf Verbraucherkunden einsteigen bzw. einsteigen lassen. Es hat den Fall insoweit an das OLG München zurückverwiesen.

Entspricht das Entgelt den tatsächlichen Kosten der Einzahlung am Schalter?

Die Notwendigkeit einer solchen Prüfung ergibt sich aus § 312 a Abs. 4 Nr. 2 BGB.

  • Danach sind Entgelte unzulässig,
  • die ein Verbraucher für die Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten zu zahlen hat,
  • wenn es die transaktionsbezogenen Kosten des Unternehmers übersteigt.

Der Verbraucher, der sein im Minus stehendes Girokonto durch eine Bareinzahlung am Schalter ausgleichen will, erfüllt seine vertraglichen Pflichten.

Personalkosten sind keine transaktionsbezogenen Posten

Nur das darf auf den Verbraucher umgelegt werden, was unmittelbar auf die Nutzung der Bareinzahlung zurückzuführen ist. Dazu gehören nicht allgemeine Kosten wie solche für das Personal, deren Fortbildung oder eingesetzte Geräte. Hier wird sich die Sparkasse noch erklären müssen. Je nach Entscheidung des OLG München muss es ggf. seine Regelungen differenzierter gestalten und für Ausgleichseinzahlungen die Gebühren anpassen oder streichen.

(BGH, Urteil v. 18.6.2019, XI ZR 768/17).


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Aus: Deutsches Anwalt Office Premium