Aktienrechtsnovelle ist in Kraft - mehr Transparenz bei Beteiligungen
Bereits Ende 2010 wurde die Reform angekündigt. Seit dem Jahresende ist es nun soweit.
Einer der Gründe für die lange Entwicklungszeit war, dass eine ursprünglich vorgesehene Regelung zur Vorstandsvergütung, wonach die Hauptversammlung die Vorstandsvergütung billigen muss (zwingendes Say-on-Pay), nicht die Zustimmung des Bundesrats fand und sich in der jetzigen Regelung auch nicht mehr findet.
Zum 31.12.2015 ist die Reform in Kraft getreten, wobei sich die Änderung der Fälligkeit der Dividenden erst zum 1.1.2017 auswirkt.
Mehr Flexibilität zur Bildung von Kernkapital
Ein wesentliches Ziel der vorgesehene Änderung ist die Flexibilisierung der Finanzierungsmöglichkeiten einer AG.
- Bisher war es der AG verwehrt, regulatorisches Kernkapital durch die Ausgabe stimmrechtsloser Vorzugsaktien zu bilden, da der Vorzug zwingend als nachzahlbare Vorabdividende verstanden wurde.
- Nach der Neufassung des § 139 Abs. 1 Satz 2 AktG ist der Vorzug nicht mehr zwingend als Vorabdividende ausgebildet, sondern kann auch als erhöhter Gewinnanteil in Form einer Vorab- oder Zusatzdividende ausgestattet werden.
- Dies lässt jetzt nach den Basel III-Kriterien die Anerkennung als Kernkapital zu.
Nun möglich: umgekehrte Wandelschuldverschreibungen
Auch das bisherige Recht zu den Wandelschuldverschreibungen verhinderte die Bildung von Kern- oder Grundkapital.
- Bisher sah das Gesetz lediglich ein Umtauschrecht des Gläubigers vor, nicht aber auch ein solches der Gesellschaft.
- § 192 Abs. 1 AG ermöglicht nunmehr auch umgekehrte Wandelschuldverschreibung. Hierdurch kann die Gesellschaft einen sogenannten „dept-to-equity swap“ erreichen. Dies eröffnet in Krisensituationen die Möglichkeit, Verbindlichkeiten in Eigenkapital umzuwandeln.
- Nur unter begrenzten Voraussetzungen soll allerdings das bedingte Kapital für die umgekehrte Wandelanleihe die Hälfte des Grundkapitals überschreiten dürfen, § 192 Abs. 3 Satz 3 AktG.
Beteiligungsverhältnisse werden transparenter
Die Beteiligungsverhältnisse bei nicht börsennotierten Aktiengesellschaften sollen wesentlich transparenter werden. Bisher konnten Erwerber von Inhaberaktien unterhalb der Schwelle der Mitteilungspflichten der §§ 20 und 21 AktG unter Umständen ihre Gesellschafterstellung verbergen, was international zu erheblicher Kritik führte, da auf diese Weise bei nicht börsennotierten Gesellschaften mit Inhaberaktien der Gesellschafterbestand nicht komplett erkennbar war.
- Auch künftig bleibt das Wahlrecht der nicht börsennotierten Gesellschaften zwischen Namens- und Inhaberaktien bestehen.
- Allerdings ist nunmehr die Ausgabe von Inhaberaktien damit verbunden, dass Einzelverbriefungsansprüche ausgeschlossen werden und die Hinterlegung einer Sammelurkunde bei einer Wertpapiersammelbank oder einem vergleichbaren ausländischen Verwahrer zwingend ist, § 10 Abs. 1 AktG.
So werden beispielsweise Ermittlungsbehörden in die Lage versetzt, sich Informationen über die Identität der Aktionäre zu verschaffen.
Was noch geändert wurde
- Die Dreiteilbarkeit der Anzahl der Aufsichtsratsmitglieder ist teilweise abgeschafft. Gemäß § 94 Satz 3 AktG ist die Dreiteilbarkeit nur noch erforderlich, wenn mitbestimmungsrechtliche Vorgaben dies erfordern.
- Der Dividendenanspruch ist erst am dritten auf die Hauptversammlung folgenden Geschäftstag fällig, wenn nicht die Hauptversammlung selbst oder die Satzung eine spätere Fälligkeit bestimmen, § 58 Abs. 4 Satz zwei AktG. Diese Regelung gilt aber erst ab dem 1.1.2017.
- Bei Einberufung einer Hauptersammlung auf Verlangen einer Minderheit wird die Vorbesitzzeit (90 Tage) vom Zeitpunkt des Zugangs des Einberufungsverlangens zurückgerechnet. Außerdem muss der Antragsteller die Aktien bis zur Entscheidung des Vorstands oder des Gerichts über den Antrag im Besitz halten, § 122 AktG.
- Für Aufsichtsratsmitglieder, die auf Veranlassung einer Gebietskörperschaft in den Aufsichtsrat gewählt oder entsandt wurden, kann eine Berichtspflicht, die keiner Verschwiegenheitspflicht unterliegt, auf Gesetz, Satzung und Rechtsgeschäft begründet sein (§ 394 Satz 3 AktG).
Was nicht geregelt wurde
Ein großes Ärgernis ist seit einiger Zeit das Phänomen der nachgeschobenen Nichtigkeitsklagen bei Gesellschafterbeschlüssen.
- Mit der Reform sollte die Nichtigkeitsklage einer relativen Befristung unterworfen werden. Geplant war, dass wenn gegen einen Beschluss der Versammlung eine Beschlussmängelklage erhoben, weitere Nichtigkeitsklagen gegen den Beschluss innerhalb eines Monats nach Veröffentlichung des ursprünglichen Beschlussmängelverfahrens erhoben werden müssen.
- Die vorgesehene Neuregelung ist komplett entfallen. Angestrebt wird nunmehr eine komplette Überprüfung des Beschlussmängelrechts.
Problematisch ist die bestehende Regelung der Transaktionen eines börsennotierten Unternehmens mit nahestehenden Unternehmen und nahestehenden Personen. Um Missbrauch zu verhindern soll die EU-Aktionärsrichtlinie diese Fragen insbesondere durch Einführung von Bekanntmachungs- und Zustimmungserfordernissen neu regeln.
Ein weiteres Problem ist die Stichtagsregelung zur Bestimmung der teilnahme- und stimmberechtigten Aktionäre. Vorgesehen war eine Frist von 21 Tagen vor einer Hauptversammlung. Da den innerhalb der EU enorm unterschiedlichen Regelungen hiermit eine weitere Stichtagsregelung hinzugefügt worden wäre, hat der Bundestag beschlossen, europaweit auf die Einführung einer einheitlichen Stichtagsregelung hinzuwirken.
Fazit: Die Reform des Aktienrechts ist mit der Novellierung zum 31.12.2015 noch nicht beendet, aber immerhin einen wichtigen Schritt vorangekommen.
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