Anleger dürfen sich auf Anlageberater verlassen

Wurde der Anleger fehlerhaft oder unzureichend beraten, hat dieser grundsätzlich einen Anspruch auf Schadenersatz. Ein Mitverschulden des Anlegers kommt nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn er über eigene Sachkunde oder über zusätzliche Informationen von dritter Seite verfügt.

Anlageberatung ist kompliziert und folgenschwer. Der BGH neigt deshalb dazu, Versäumnisse in der Beratung der Anleger zu sanktionieren,  wenn sie ein falsches Bild von einer Anlage hervorrufen.

Risikoreicher Fonds wurde als sichere Anlage zur Altersvorsorge empfohlen

Der Kläger zeichnete im November 2013 eine Beteiligung über 150.000 EUR zzgl. 9.000 EUR Agio an einem geschlossenen Fonds. Nach der Beschreibung des Prospekts sollte das Kapital der Anleger in ein „ganzheitliches Mobilitätskonzept“ (Full-Service-Leasing, Vermietung von Autos und daran angebundene Dienstleistungen und Leasinggeschäfte) investiert werden. Da die Anlage scheiterte, verlangte der Kläger von seinem Berater Schadenersatz in Höhe von über 100.000 EUR. Er behauptete, dass er weder über die verborgenen Kosten von 15 % noch über die spezifischen Risiken der Anlage, insbesondere über das Totalverlustrisiko, aufgeklärt wurde. Stattdessen habe der Berater ihm die Anlage als perfekt und sicher für die Altersvorsorge angepriesen und eine jährliche Rendite von 12 % versprochen. Etwaige Verluste würden durch Steuervorteile ausgeglichen werden.

Schuldhafte Verletzung der Beratungspflichten

Das OLG Frankfurt hatte zunächst einen Schadenersatzanspruch bejaht, dem Anleger jedoch ein Mitverschulden in Höhe von 50 % angelastet. Es führte hierzu aus, dass der Kläger sehr leichtsinnig gewesen sei, solche erhebliche Summen einzusetzen, ohne sich mit der Materie im Einzelnen beschäftigt zu haben. Die Revision des Klägers vor dem BGH hatte Erfolg. Die Karlsruher Richter bestätigten zunächst, dass der Beklagte seine Pflicht zur anlage- und anlegergerechten Beratung schuldhaft verletzt hatte. Aufgrund ihres spekulativen Charakters habe er die Anlage nicht als Altersvorsorge empfehlen dürfen. Das Risiko des Totalverlusts sei vorliegend deutlich höher einzuschätzen als etwa bei einem Immobilienfonds. Daher habe der Beklagte das Risiko des Totalverlustes nicht verharmlosen dürfen.

Vertrauen des Anlegers auf Richtigkeit der Auskünfte verdiene besonderen Schutz

Ein Mitverschulden sei dem Kläger jedoch nicht anzulasten. Zwar liege dann ein Verschulden vor, wenn der Geschädigte die Sorgfalt außer Acht lasse, die nach der Lage der Sache erforderlich sei, um sich selbst vor Schaden zu bewahren. Allerdings verdiene das Vertrauen desjenigen, der sich von einem anderen, der für sich Sachkunde in Anspruch nimmt, beraten lässt, besonderen Schutz. Daher käme ein Mitverschulden des Anlegers nur bei besonderen Umständen in Betracht, da sich der Anleger regelmäßig auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der ihm erteilten Aufklärung und Beratung verlassen dürfe. Alles andere widerspräche dem Grundsatz von Treu und Glauben, so der BGH weiter. Über eigene Sachkunde oder Informationen von dritter Seiter verfügte der Kläger nicht, so dass auch nicht ausnahmsweise deshalb ein Mitverschulden begründet werden kann.

(BGH, Urteil v. 19.02.2015, III ZR 90/14).


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