Bilanzierung von Verbindlichkeiten bei Rangrücktritt

Auch wenn Rangrücktrittsvereinbarungen zur Vermeidung einer Überschuldung getroffen werden, unterliegen die entsprechenden Verbindlichkeiten in der Steuerbilanz dem Passivierungsverbot aus § 5 Abs. 2a EStG, wenn sie lediglich aus einem zukünftigen Bilanzgewinn und aus einem etwaigen Liquidationsüberschuss zu tilgen sein sollen.

Hintergrund: Rangrücktritt vereinbart

In den Bilanzen der Klägerin, einer GmbH, aus den Jahren 2000 – 2002 waren Gesellschafterdarlehen passiviert. Zur Abwendung einer Unternehmenskrise wurde im Jahr 2002 mit den Gesellschaftern eine Rangrücktrittsvereinbarung getroffen. Hierzu wurde neben der Rangvereinbarung für den Insolvenzfall vereinbart, dass eine Befriedigung nur aus einem künftigen Bilanzgewinn oder aus etwaigen Liquidationsüberschüssen verlangt werden kann.

Die Finanzverwaltung vertrat den Standpunkt, dass das Gesellschafterdarlehen wegen des Rangrücktritts schon seit 2000 in den Steuerbilanzen gem. § 5 Abs. 2a EStG nicht mehr als Verbindlichkeiten hätte ausgewiesen werden dürfen und setzte eine dementsprechend erhöhte Körperschaftssteuer fest. Der dagegen erhobenen Klage gab das Finanzgericht statt, da es die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2a EStG als nicht gegeben ansah.

Passivierungsverbot greift erst nach Rangrücktrittsvereinbarung (Urteil des BFH v. 10.8.2016, I R 25/15)

Die Revision der Finanzverwaltung war (teilweise) erfolgreich. Für die Jahre 2000 und 2001 entschied der BFH, dass der ursprünglichen Klage zu Recht stattgegeben wurde. Das Passivierungsverbot könne erst nach der Vereinbarung der Rangrücktritte im Jahre 2002 greifen.

Für das Jahr 2002 hielt der BFH die Revision für begründet und bestätigt ein Passivierungsverbot nach § 5 Abs. 2a EStG, wenn die in der Rangrücktrittsvereinbarung genannte Verbindlichkeit nur aus einem zukünftigen Bilanzgewinn und aus einem etwaigen Liquidationsüberschuss zu tilgen ist. Entsprechende Kritik aus dem Schrifttum wies er zurück. Darüber hinaus unterliege auch eine Abrede, nach der Forderungen (nur) aus zukünftigen handelsrechtlichen Bilanzgewinnen zu begleichen sind, dem Passivierungsverbot. Der BFH bestätigt damit seine bisherige Rechtsprechung zum Rangrücktritt dahingehend, dass auch weiterhin eine steuerliche Passivierung nur möglich bleibt, wenn die Zahlungsverpflichtung nicht nur aus (zukünftigen) Bilanzgewinnen und einem etwaigen Liquidationsüberschuss, sondern auch aus sonstigem freien Vermögen bestehen bleibt.

Anmerkung: Spannungsfeld zwischen BGH und BFH

In der ersten BFH-Entscheidung zu dieser Frage seit dem BGH-Urteil zum überschuldungsvermeidenden Rangrücktritt (wir berichteten) hat der BFH seine bisherige Linie beibehalten.

Die Gestaltung von Rangrücktritten in der Praxis muss daher weiterhin im Spannungsfeld zwischen den insolvenzrechtlichen Anforderungen des IX. Zivilsenats des BGH und den steuerlichen Anforderungen des BFH erfolgen. Einerseits muss die Rückzahlungspflicht auch außerhalb der Insolvenz ausgeschlossen sein, solange die Gesellschaft ohne den Rangrücktritt überschuldet oder zahlungsunfähig wäre. Nur so kann der Wegfall der Passivierung der Forderungen in der insolvenzrechtlichen Überschuldungsprüfung erreicht werden. In der Steuerbilanz sollen dieselben Forderungen aber passiviert bleiben, da die Sanierung andernfalls an der zusätzlichen Steuerbelastung scheitert. Hierfür ist nach der nun bestätigten Rechtsprechung des BFH erforderlich, dass die Rückzahlung stets zu erfolgen hat, wenn dies aus (zukünftigen) Bilanzgewinnen, einem etwaigen Liquidationsüberschuss oder sonstigem freien Vermögen möglich ist. Bei der Formulierung der Rangrücktrittsvereinbarung sind daher weiterhin stets sowohl die steuerlichen als auch die insolvenzrechtlichen Anforderungen zu beachten.

Rechtsanwälte Dr. Stefan Lammel, Dr. Ingo Reinke, Friedrich Graf von Westphalen & Partner mbB, Freiburg


Schlagworte zum Thema:  Verbindlichkeit, Darlehen