Erwerb eigener Anteile durch GmbH bei Ratenzahlung

Für den wirksamen Erwerb von eigenen Geschäftsanteilen muss die GmbH „fiktive Rücklagen“ aus freiem Vermögen bilden können. Das freie Vermögen muss aber bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des schuldrechtlichen Geschäfts vorliegen. Ratenzahlungsvereinbarungen sind außer Betracht zu lassen.

Hintergrund

Eine GmbH erwarb von einem ihrer Gesellschafter dessen Geschäftsanteile. Der Kaufpreis war in Raten zu zahlen. Beim Abschluss des Kaufvertrages lag das freie Vermögen, d.h. das über das Stammkapital und eine Gewinnausschüttung hinausgehende Eigenkapital, unter dem Kaufpreis. In der Folgezeit verschlechterte sich das Vermögen weiter. Das OLG Rostock hatte zu entscheiden, in welchem Zeitpunkt die GmbH über ausreichend freies Vermögen verfügen muss, damit der Vertrag zum Erwerb eigener Anteile wirksam ist.

Das Urteil des OLG Rostock v. 30.1.2013, 1 U 75/11

Nach dem OLG Rostock muss die Gesellschaft bereits im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses in der Lage sein, aus dem freien Vermögen eine (fiktive, § 33 Abs. 2 GmbHG) Rücklage in Höhe der Aufwendungen für den Erwerb zu bilden, ohne dass hierdurch die Stammkapitalzimmer verletzt wird. Nach § 33 Abs. 2 S. 3 Hs. 2 GmbHG führe der Verstoß gegen das Gebot, Rücklagen bilden zu können, zur Nichtigkeit des Vertrags. Diese Rechtsfolge mache – vor allem vor dem Hintergrund der Rechtssicherheit –  nur Sinn, wenn auf die wirtschaftliche Situation der GmbH im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags abgestellt werde.

Anmerkung

Die vom OLG Rostock entschiedene Frage beantwortet ein Teil des juristischen Schrifttums anders: Während nach dem OLG die Besserung der finanziellen Lage der GmbH nach Vertragsabschluss unberücksichtigt bleibt, soll nach dieser Ansicht durch die Vereinbarung einer Ratenzahlung die strenge Rechtsfolge des § 33 Abs. 2 GmbHG umgangen werden können.

Praxistipp

Aus Vorsichtsgründen sollte die fiktive Rücklage in Höhe des Kaufpreises sowohl im Zeitpunkt des Abschlusses  des Kaufvertrages bzgl. des Erwerbs eigener Anteile als auch bei Auszahlung gebildet werden können, ohne dass hierdurch die Stammkapitalziffer verletzt wird.

Kann eine GmbH den Erwerb wegen eines Verstoßes gegen die Kapitalerhaltungsregeln nicht selbst finanzieren, kommt eine Abtretung der zu erwerbenden Anteile an Dritte oder andere Gesellschafter in Betracht, die dann für die Zahlung des Kaufpreises verantwortlich sind. Es sollte daher immer auch als Alternative für die Einziehung die Zwangsabtretung in der Satzung vorgesehen werden.

Rechtsanwälte Dr. Hendrik Thies, Dr. Jan Henning Martens, Friedrich Graf von Westphalen & Partner, Freiburg


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