Haftung des Steuerberaters für verspätete Insolvenzantragstellung
Hintergrund
Auf Eigenantrag der GmbH wurde im Juni 2007 über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger, Insolvenzverwalter der GmbH, forderte vom Steuerberater der GmbH Schadensersatz, weil dieser pflichtwidrig die zum 31.12.2004 bestehende insolvenzrechtliche Überschuldung nicht erkannt hätte und der GmbH durch die verspätete Insolvenzantragsstellung (im Juni 2007) Schäden entstanden seien. In dem Bilanzbericht über das Jahr 2004 hatte der Steuerberater angegeben, dass zwar ein Fehlbetrag bestehe. Es handle sich insofern aber nur um eine Überschuldung rein bilanzieller Natur, u.a. weil für Verbindlichkeiten in der den Fehlbetrag übersteigender Höhe Rangrücktrittserklärungen vorlägen. Auch beinhalte die GmbH aufgrund des hohen Stammkundenanteils ein hoher Firmenwert. Der BGH hatte über die Schadensersatzpflicht des Steuerberaters zu entscheiden.
BGH, Urteil v. 6.6.2013, IX ZR 204/12
Der BGH bejahte eine Schadensersatzpflicht des Steuerberaters. Der Steuerberater habe allein auf Grund seiner Erklärung für den Insolvenzverschleppungsschaden einzustehen. Allerdings könne ein Mitverschulden des Geschäftsführers der GmbH die Schadensersatzpflicht des Steuerberaters im Einzelfall erheblich mindern oder sogar vollständig ausschließen.
Hinweis
Das Urteil des BGH zeigt, dass Mandanten auf die Auskünfte ihrer Steuerberater vertrauen dürfen und dementsprechend auch der Steuerberater für die Richtigkeit seiner Angaben ungeachtet eines entsprechenden Auftrags einstehen muss. Zwar hat der BGH bereits durch Urteil vom 07.03.2013 festgestellt, dass das allgemein steuerliche Dauermandat keine Pflicht des Steuerberaters beinhaltet, die Gesellschaft oder deren Geschäftsführer auf die Überschuldung hinzuweisen.
Sofern sich der Steuerberater jedoch mit der Frage der Überschuldung tatsächlich befasst - wie im vorliegenden Fall -, kann er bei Verkennung der tatsächlichen Überschuldungslage für die aufgrund verspäteten Insolvenzantrags entstandenen Schäden auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden. Allerdings entbindet das vorliegende Urteil den Geschäftsführer nicht von seiner Pflicht, selbst die Insolvenzsituation zu überwachen. Schließlich kann ein der GmbH zuzurechnendes Mitverschulden vorliegen, wenn auch der Geschäftsführer die Insolvenzsituation fahrlässig oder vorsätzlich verkennt.
Steuerberater sollten daher stets sorgfältig prüfen, welche Auskünfte sie erteilen. Auch „Serviceauskünfte“ müssen stimmen, so dass vor einer Auskunft entsprechende (dann auch abrechenbare) Aufträge vereinbart werden sollten.
Geschäftsführer werden durch diese Entscheidung daran erinnert, selbst die Insolvenzsituation zu überwachen und ggfs. gegenzusteuern oder Insolvenzantrag zu stellen.
Rechtsanwälte Dr. Hendrik Thies, Dr. Jan Henning Martens, Friedrich Graf von Westphalen & Partner, Freiburg
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