Aktuelle Entwicklung des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts
Nach dem „Mauracher Entwurf“ von April 2020 und dem Referentenentwurf von November 2020 liegt seit Januar 2021 der Regierungsentwurf für das „Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts“ vor (im Folgenden: „RegE“). Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme vom 05.03.2021 noch einige Änderungen gefordert. Wir geben einen Überblick über die geplanten Neuerungen.
Grundsätzliche Unterscheidung der Außen- und Innen-Gesellschaft bürgerlichen Rechts
Grundlegend für das neue Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ist die Unterscheidung gem. § 705 Abs. 2 BGB-RegE zwischen rechtsfähigen Außengesellschaften auf der einen Seite und nicht rechtsfähigen Innengesellschaften auf der anderen Seite. Diese Differenzierung schließt an die einschlägige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an und ist uneingeschränkt zu begrüßen.
Eine Außen-GbR liegt nach § 705 Abs. 2 Alt. 1 BGB-RegE vor, wenn die Gesellschaft nach dem gemeinsamen Willen der Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnehmen soll. Sie kann gem. § 705 Abs. 2 BGB-RegE Trägerin von Rechten und Pflichten sein und bildet gem. § 713 BGB-RegE ein eigenes Gesellschaftsvermögen. Außen-GbR sind beispielsweise Berufsausübungsgesellschaften, kleingewerbetreibende oder sonst unternehmerisch tätige Gesellschaften, wie bspw. Immobiliengesellschaften. Gem. § 719 Abs. 1 BGB-RegE entsteht eine solche Gesellschaft im Verhältnis zu Dritten, sobald sie mit Zustimmung sämtlicher Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnimmt, spätestens aber mit ihrer Eintragung in das neu geschaffene Gesellschaftsregister (dazu unten).
Eine Innen-GbR soll gem. § 705 Abs. 2 Alt. 2 BGB-RegE nur der Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses ihrer Gesellschafter untereinander dienen. Für sie gelten die Vorschriften der §§ 740 – 740c BGB-RegE, die die Anwendung einiger Normen der Außen-GbR auch auf die Innen-GbR vorsehen. Die Innen-GbR besitzt jedoch keine Rechtsfähigkeit und gem. § 740 Abs. 1 BGB-RegE kein Gesellschaftsvermögen. Damit eignet sich die Innen-GbR weiterhin zur Regelung von Stimmbindungs- und Poolvereinbarungen, Unterbeteiligungen an Gesellschaftsanteilen und ähnlichen Verhältnissen.
Abgrenzungsfragen zwischen Außen- und Innengesellschaft
Die Regelungen der §§ 705 ff. BGB-RegE gehen von einer rechtsfähigen Außengesellschaft als Grundtypus der GbR aus, ohne dass eine Vermutung zu deren Gunsten normiert ist. Vielmehr soll die Auslegung des gemeinsamen Willens der Gesellschafter im Einzelfall Aufgabe der Gerichte sein. In Zukunft dürften danach Abgrenzungsfragen zwischen Innen- und Außengesellschaft zunehmen. Die Stellungnahme des Bundesrats spricht sich dagegen für die gesetzliche Vermutung einer Außen-GbR aus, wenn der Gegenstand der Gesellschaft der Betrieb eines Unternehmens ist oder die GbR unter einem gemeinsamen Namen auftritt.
Einführung des Gesellschaftsregisters
Für die Außen-GbR besteht nach § 707 Abs. 1 BGB-RegE die Möglichkeit, sich im neu geschaffenen Gesellschaftsregister eintragen zu lassen. Darin sind gem. § 707 Abs. 2 BGB-RegE unter anderem Name, Sitz und Anschrift der Gesellschaft, die Namen, der Wohnort oder Sitz jedes Gesellschafters sowie deren Vertretungsbefugnis eingetragen. Nach Eintragung ist die GbR gem. § 707a Abs. 2 BGB-RegE verpflichtet, den Namenszusatz „eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts“, bzw. „eGbR“ zu führen. Auf die Eintragungen ist gem. § 707a Abs. 3 BGB-RegE der Gutglaubensschutz des § 15 HGB entsprechend anzuwenden. Jeder Außenstehende kann also auf die Richtigkeit der Eintragungen vertrauen. Diese Registerpublizität erlaubt dem Rechtsverkehr eine sicherere Beurteilung, wer den Gläubigern der Gesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter zur Verfügung steht.
§ 707c BGB-RegE sieht die Möglichkeit eines Statuswechsels vom Gesellschaftsregister ins Handelsregister vor, wenn eine GbR ihre Rechtsform in eine andere Personengesellschaft ändern möchte. Dies betrifft insbesondere eingetragene, kleingewerbliche GbR, die fakultativ zur Rechtsform der OHG wechseln möchten, sowie diejenigen, deren Tätigkeit die Schwelle zum kaufmännischen Geschäftsbetrieb nach § 1 Abs. 2 HGB überschreiten. Umgekehrt können kleingewerbliche OHG, die bisher im Handelsregister eingetragen sind, gem. §§ 106, 107 HGB-RegE einen Statuswechsel zur GbR vollziehen.
Die Eintragung der Außen-GbR in das Gesellschaftsregister ist nicht zwingend und für ihre Rechtsfähigkeit nicht erforderlich. Allerdings sieht § 47 Abs. 2 GBO-RegE vor, dass die Eintragung einer GbR in das Grundbuch nur erfolgen darf, wenn diese auch im Gesellschaftsregister eingetragen ist. Im Falle des Erwerbs oder der Änderung von Rechten an Grundstücken oder grundstücksgleich Rechten hat sich eine GbR daher stets im Gesellschaftsregister voreintragen zu lassen, bevor sie eine Eintragung des Erwerbs oder der Änderung im Grundbuch vornehmen kann.
Für die Praxis ist daher allen GbR, die im Grundbuch eingetragen sind oder in Zukunft Rechte im Grundbuch eintragen wollen, zu raten, zeitnah nach Inkrafttreten des Gesetzes eine solche Eintragung im Gesellschaftsregister vorzunehmen. Andernfalls drohen Verzögerungen aufgrund der Nachholung der notwendigen Voreintragung im Gesellschaftsregister zur Anmeldung im Grundbuch.
Wesentliche Änderungen im Innenverhältnis der GbR, OHG und KG
Für das Verhältnis der Gesellschafter der GbR, OHG und KG untereinander trifft der Gesetzesentwurf eine Reihe von Neuerungen. Bisher galt für Stimmrechte und den Anteil an Gewinn und Verlust im Zweifel eine Verteilung nach Köpfen. Diese Regelungen wurden in der Praxis meist im Gesellschaftsvertrag abbedungen. Nunmehr gilt nach § 709 Abs. 3 BGB-RegE für die GbR, und durch die Verweisungen in §§ 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB auch für OHG und KG, dass die Stimmkraft eines Gesellschafters und dessen Anteil an Gewinn und Verlust sich vorrangig nach den vereinbarten Beteiligungsverhältnissen richtet, hilfsweise nach dem Verhältnis der vereinbarten Werte der Beiträge. Wurde für beides keine Bestimmung getroffen, so gelten gem. § 709 Abs. 3 S. 2 BGB-RegE gleiche Stimmkraft und gleiche Anteile. Das vereinbarte Beteiligungsverhältnis stellt eine Rechenziffer dar, die den Wert der wirtschaftlichen Beteiligung des Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen ausweist, und in der Praxis als Kapitalanteil bezeichnet wird. Damit normiert das Gesetz erstmals für alle Personengesellschaften im Zweifel feste Kapitalanteile, so wie es in der Praxis verbreitet ist.
Bestehende Gesellschaften sollten kritisch prüfen, ob ihr Gesellschaftsvertrag solche Beteiligungsverhältnisse oder einen vereinbarten Wert der Beiträge festlegt. Ansonsten drohen Rechtsunsicherheiten für die Berechnung der Stimmrechte und der Teilnahme an Gewinn und Verlust.
Vertretung in der Einheits-KG
Der Gesetzesentwurf enthält erstmals auch spezielle Regelungen für die beliebte Einheits-GmbH & Co. KG, also eine KG, deren einzig persönlich haftender Gesellschafter eine GmbH ist, an der die KG sämtliche Anteile hält (Einheitsgesellschaft). Nach § 170 Abs. 2 HGB-RegE werden die Rechte in der Gesellschafterversammlung der GmbH von den Kommanditisten wahrgenommen, sofern der Gesellschaftsvertrag keine abweichende Regelung enthält. Bisher haben nach der Rechtsprechung des BGH die Geschäftsführer der GmbH diese Rechte wahrgenommen. Einheits-KG sollten daher prüfen, ob sie den Gesellschaftsvertrag anpassen wollen.
Beschlussmängelrecht für die OHG und KG
Bisher gilt für Beschlüsse bei Personengesellschaften, dass jede Fehlerhaftigkeit zur Nichtigkeit des Beschlusses führt. Will ein Gesellschafter diese verbindlich feststellen lassen, so muss er nach bisherigem Recht Feststellungsklage gegen seine Mitgesellschafter erheben. Dieses Thema wird grundlegend neu geregelt, allerdings – anders als ursprünglich geplant - nicht für alle Personengesellschaften, sondern nur für OHG und KG: Der Regierungsentwurf sieht in den §§ 110 – 115 HGB-RegE ein Beschlussmängelrecht für OHG und KG vor, das sich am Recht der Kapitalgesellschaften GmbH und AG orientiert. Bei schwerwiegenden Fehlern ist ein Beschluss nach § 110 Abs. 2 HGB-RegE ausnahmsweise nichtig. Ansonsten sind fehlerhafte Beschlüsse wirksam, aber anfechtbar. Hierfür ist innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Bekanntgabe des Beschlusses gem. § 112 Abs. 1, Abs. 2 HGB-RegE die Anfechtungsklage gegen die Gesellschaft gem. § 113 Abs. 1, Abs. 2 HGB-RegE zu erheben. Die Nichtigkeitserklärung des Beschlusses durch das Gericht gilt gem. § 113 Abs. 6 HGB-RegE automatisch für und gegen alle Gesellschafter.
Inkrafttreten des Gesetzes
Der Regierungsentwurf sieht ein Inkrafttreten des Gesetzes zum 01.01.2023 vor. Der Bundesrat fürchtet hingegen einen hohen Verwaltungsaufwand bei der Einführung des Gesellschaftsregisters und fordert daher eine Verschiebung des Inkrafttretens auf den 01.01.2026.
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