Nicht jeder Influencer-Post mit Markenbezug ist eine Werbung
Influencer-Marketing wird immer wichtiger. Laut statista gaben 2018 59% der befragten Unternehmen an, Influencer-Marketing einzusetzen. Gleichzeitig haben 31% der von statista befragten Influencer Schwierigkeiten mit der Kennzeichnungspflicht als Werbung.
Noch wenig Rechtsprechung zu Influencer-Marketing
Diese Schwierigkeiten mit der Kennzeichnung sind kein Wunder. Wie bei allen neuen Werbeformen dauert es auch beim Influencer-Marketing, bis sich eine verlässliche Rechtsprechung entwickelt. Und bis dahin besteht naturgemäß rechtliche Unsicherheit.
Diese Unsicherheit spüren viele Influencer und auch deren Auftraggeber am eigenen Leib. Aus dem Markt hört man seit Anfang letzten Jahres von vielen Abmahnungen. Ausgesprochen meist von einem Wettbewerbsverband aus Berlin. Wird keine Unterlassungserklärung abgegeben, folgt die gerichtliche Auseinandersetzung.
So unangenehm dies für den jeweils betroffenen Influencer oder Auftraggeber ist, letztlich nutzt es auch ihnen, wenn geklärt wird, was erlaubt ist und was nicht. Was ist bisher geklärt?
Beispielsweise, dass Fotos von Produkten auf einem Instagram-Account Werbung ist, wenn ein Link zur Homepage des Herstellers beigefügt ist und dafür eine Vergütung gezahlt wird (KG Berlin, Urteil v. 8.1.2019, 5 U 83/18).
Außerdem, dass die Kennzeichnung #ad oder #sponsoredby nicht ausreicht (KG Berlin, Beschluss v. 11.10.2017, 5 W 221/17).
Weitere Entscheidung des KG Berlin: Nicht jeder verlinkte Post ist Werbung
Nachdem die Verfahren bisher meist zu Lasten der Influencer ausgegangen sind, hat das KG Berlin zuletzt in einem wichtigen Punkt zu deren Gunsten entschieden: Keine Werbung ist die Kennzeichnung von Posts als Werbung, für die der Influencer keine Gegenleistung (direkt oder mittelbar) erhalten hat.
Konkret enthielt der abgeurteilte Post Folgendes: Ein Foto der Influencerin mit einem Sweatshirt, einer Brosche und einer Bauchtasche. Die Hersteller/Händler der Produkte waren jeweils verlinkt. Aus dem Text zum Foto ergibt sich, dass die Influencerin müde von einer Reise ist und sich auf zuhause freut.
Das KG Berlin hat die vorhergegangene Entscheidung des LG Berlin korrigiert. Dieses hatte den Post noch als Werbung eingeordnet und eine entsprechende Kennzeichnung verlangt. Das KG Berlin sah ihn dagegen von der Medienfreiheit geschützt. Letztlich gelte hier nichts Anderes als bei Modezeitschriften, die ja auch Angaben zu Herstellern und Händlern enthalten.
Trotzdem: Das Urteil ist kein Freibrief für Influencer
Die Entscheidung des KG Berlin ist aber kein Freibrief für Influencer. Das KG Berlin hat in diesem Fall nur deshalb für die Influencerin entschieden, da diese Belege für den Kauf der Produkte vorlegen konnte. Zudem hat sie an Eides statt versichert, für den Post weder von den genannten Unternehmen noch von Dritten Entgelte in irgendeiner Form erhalten zu haben.
Nur hierdurch konnte die Influencerin ihre diesbezüglich bestehende „sekundäre Beweislast“ erfüllen. Wichtig war zudem, dass die Influencerin nicht einfach nur das Foto gepostet hat, sondern dieses mit einem passenden Textbeitrag ergänzt hat.
(KG Berlin, Urteil v. 8.1. 2019, 5 U 83/18).
Anmerkung:
Empfehlungen zur Kennzeichnung von Posts als Werbung
Was ist der aktuelle Stand der Rechtsprechung für die Kennzeichnung von Post in sozialen Netzwerken als Werbung? Beachtet werden sollte in jedem Fall:
- Posts, in denen Produkte genannt und Links zum Hersteller gesetzt werden, sind als Werbung zu kennzeichnen, wenn dafür eine wie auch immer geartete Gegenleistung (Produkte, Rabatte, Cash) erbracht wird.
- Für diese Kennzeichnung reicht es nicht aus, als Hashtag „ad“ oder „sponsored by“ zu verwenden. Es sollten die deutschen Begriffe „Werbung“ oder „Anzeige“ verwendet werden.
- Die Kennzeichnung als Werbung sollte ganz am Anfang des Posts stehen. Bei mehreren verwendeten Hashtags also als Hashtag 1.
- Wird bei einem Post ohne Kennzeichnung als Werbung mit Links zu den enthaltenen Produkten versehen, sollte dies zusammen mit einem Textbestandteil erfolgen. Also eine Beschreibung der Situation, der Gefühlslage oder Ähnlichem. Zudem sollte mit Belegen nachgewiesen werden können, dass die Produkte selbst gekauft worden sind. Last, but not least darf keinerlei, auch nur mittelbare Vergütung erfolgt sein. Dies ist deshalb besonders wichtig, da dies in einem Verfahren ggf. an Eides statt versichert werden muss. Und eine falsche eidesstattliche Versicherung ist strafbar (Mindeststrafe ein Jahr Gefängnis).
Leider bedeutet die Einhaltung dieser Empfehlungen aber keine völlige Rechtssicherheit. Allein schon deshalb, weil der BGH es ja immer noch anders sehen könnte. Zudem ist – Vorsicht: juristische Binsenweisheit - kein Fall wie der andere und immer jeder Einzelfall zu prüfen. Insbesondere kann dann eine andere Beurteilung erfolgen, wenn sich ein Post speziell an Jugendliche wendet.
Empfehlung bei Erhalt einer Abmahnung
Wie bei allen Abmahnungen muss diese unbedingt ernst genommen werden. Insbesondere die darin enthaltenen Fristen. Andernfalls drohen hohe Kosten durch ein vermeidbares gerichtliches Verfahren.
Dann sollte genau geprüft werden, ob sich eine rechtliche Verteidigung lohnt. Dies ist aber natürlich immer auch eine wirtschaftliche Frage. Und betroffen sind ja nicht nur die Stars der Branche, die fürstlich entlohnt werden. Sondern auch diejenigen, die nur sehr geringe Gegenleistungen erhalten.
Für diese dürfte oftmals die Abgabe einer Unterlassungserklärung (und dann vor allem deren Einhaltung), die wirtschaftlich bessere Alternative sein. Ärgerlich wäre es dann aber natürlich, wenn sich nachträglich herausstellt, dass die Gerichte das angemahnte Verhalten als zulässig ansehen. Deshalb sollte versucht werden, in die Unterlassungserklärung die Regelung aufzunehmen, dass diese nicht mehr gilt, sobald höchstrichterlich festgestellt wird, dass das Verhalten zulässig ist oder sogar ein entsprechendes Gesetz erlassen wird. Dies sollte aber nur in Abstimmung mit dem Abmahnenden erfolgen. Denn es ist rechtlich umstritten, ob eine Unterlassungserklärung unter dieser Bedingung ausreichend ist.
Hintergrund:
Ein wettbewerbsrechtlicher Verstoß gegen § 5a Abs. 6 UWG liegt vor, wenn der kommerzielle Zweck eines Posts nicht ausreichend kenntlich gemacht wurde. Grundsätzlich müsse ein Hinweis so deutlich erfolgen, dass aus Sicht eines durchschnittlichen Mitgliedes der jeweils angesprochenen oder betroffenen Verbraucherkreise kein Zweifel am kommerziellen Zwecke bestehe. Dabei muss der kommerzielle Zweck auf den ersten Blick hervortreten (OLG Celle, Urteil v. 8.6.2017, 13 U 53/17).
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