Parteifähigkeit einer gelöschten GmbH
Hintergrund
Die Klägerin verklagte neben einer weiteren Beklagten auch eine bereits gelöschte GmbH, nachdem die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über deren Vermögen mangels Masse abgelehnt und die Gesellschaft gem. § 394 Abs. 1 FamFG von Amts wegen aus dem Handelsregister gelöscht worden war. Über das Vermögen der weiteren Beklagten, ebenfalls einer GmbH, wurde in der Folge das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Klägerin ist der Auffassung, die beklagte GmbH sei noch nicht vermögenslos und damit noch parteifähig, da der gelöschten Beklagten aufgrund einer fälschlich auf das Konto der insolventen Beklagten geleisteten Zahlung Ansprüche gegen diese zustünden.
Das LG Berlin hat die Klage als unzulässig abgewiesen, da die gelöschte Beklagte nicht mehr existent und mithin nicht mehr parteifähig sei. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Kammergericht als unzulässig verworfen.
BGH, Beschluss v. 20.5.2015, VII ZB 53/13
Diese Entscheidung hob der BGH insoweit auf, als die Vorinstanzen die Berufung als unzulässig verworfen hatte. Die Rechtsbeschwerde der Klägerin sei daher statthaft und zulässig. Da es der ständigen Rechtsprechung des BGH entspricht, dass der registerrechtlichen Löschung keine materielle Gestaltungskraft zukommt, habe das Gericht in einem Klageverfahren gegen eine gelöschte GmbH in die Beweisaufnahme über das Vorhandensein weiteren Vermögens einzutreten, wenn die Klagepartei Tatsachen vorträgt, die das geltend gemachte Recht als entstanden erscheinen lassen, hier also, die es als möglich erscheinen lassen, dass noch verwertbares Vermögen vorhanden ist. Für einen Bereicherungsanspruch gegen einen Dritten reicht es insofern aus, wenn unter Beweisantritt dargelegt wird, wann welche Zahlungen zu Unrecht an welchen Dritten und nicht an die gelöschte Gesellschaft geflossen sind.
In der Sache wies der BGH die Beschwerde der Klägerin aber ebenfalls zurück. Die Klägerin habe zwar substantiiert vorgetragen, dass der gelöschten GmbH noch Bereicherungsansprüche zustünden und damit Vermögensgegenstände vorhanden waren. Diese seien aber nicht als verwertbares Vermögen anzusehen, weil sie wegen des laufenden Insolvenzverfahrens über das Vermögen der weiteren Beklagten nicht vollstreckt und zugunsten der Klägerin verwertet werden können. Wenn aber bei einer gelöschten Gesellschaft nur wertlosen Aktiva vorhanden seien, sei das Interesse des Gläubigers an einem Vollstreckungstitel nicht mehr schützenswert, da nur noch eine abstrakte Möglichkeit besteht, dass sich noch Zugriffsmasse findet, die Gegenstand einer Vollstreckung werden kann.
Anmerkung
Ist eine Gesellschaft vermögenslos, so kann sie gem. § 394 Abs. 1 FamFG von Amts wegen oder auf Antrag der Finanzbehörde oder der berufsständischen Organe gelöscht werden. Die gelöschte Gesellschaft verliert ihre Rechtsfähigkeit und damit auch ihre Fähigkeit, Partei eines Rechtsstreits zu sein.
Materiell ist die Vollbeendigung und der Wegfall der Existenz einer Gesellschaft aber nicht nur von der Eintragung der Löschung im Handelsregister abhängig, sondern es muss die Vermögenslosigkeit hinzutreten. Wenn ein Gläubiger im Klageverfahren nachweisen kann, dass es noch verwertbares Vermögen der gelöschten Gesellschaft gibt, so kann er mit dieser Begründung auch gegen die gelöschte Gesellschaft klagen um das Vermögen zu seinen Gunsten zu verwerten. Denn die Gesellschaft ist noch nicht vollbeendet und nur irrtümlich gelöscht.
Praxishinweis
Anwendungsfälle hierzu dürften jedoch selten sein. Häufig geht der Löschung von Amts wegen die Abweisung eines Insolvenzverfahrens mangels einer die Verfahrenskosten deckenden Masse und damit die gerichtliche Feststellung voraus, dass kein relevantes Vermögen vorhanden ist. Außerdem ist nach der vorliegenden Entscheidung nicht nur der Nachweis erforderlich, dass noch Vermögen vorhanden ist, sondern dieses muss auch zugunsten des Gläubigers verwertbar sein.
Dennoch können sich Nachforschungen im Einzelfall lohnen, auch wenn eine Gesellschaft bereits gelöscht wurde. Denn an seiner grundsätzlichen Linien, wonach auch gelöschte Gesellschaften ihre Rechtsfähigkeit behalten, wenn noch verwertbares Vermögen vorhanden ist, hält der BGH fest. Dies gilt insbesondere auch für ausländische Gesellschaften wie z.B. eine englische Limited. Nach der Rechtsprechung u. a. des Kammergerichts (Beschluss vom 17.3.2014 - 20 U 254/12) bleibt die Limited nach ihrer Registerlöschung in England als sog. „Restgesellschaft” vor deutschen Gerichten parteifähig, wenn der Gegenpartei der Nachweis gelingt, dass in Deutschland belegenes und verwertbares Vermögen vorhanden ist.
Rechtsanwälte Dr. Stefan Lammel, Dr. Ingo Reinke, Friedrich Graf von Westphalen & Partner, Freiburg
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