Schutz gegen unrichtige Handelsregistereintragung nach Geschäftsführer-Abberufung
Sachverhalt
Hintergrund war die Auseinandersetzung zwischen einer GmbH und ihrem Geschäftsführer. Der Geschäftsführer war im Jahr 2015 von seinem Amt abberufen und die Abberufung in das Handelsregister eingetragen worden. Später wurde allerdings die Nichtigkeit des Abberufungsbeschlusses gerichtlich festgestellt. Der Geschäftsführer begehrte daraufhin vom Handelsregister, seine Abberufung als Geschäftsführer zu löschen. Er blieb damit jedoch erfolglos. Das Registergericht verweigerte die Löschung insbesondere mit der Begründung, dass 2018 ein weiterer – diesmal wirksamer – Abberufungsbeschluss gegen den Geschäftsführer ergangen und die Handelsregistereintragung damit zum aktuellen Zeitpunkt zutreffend sei.
Die Entscheidung des KG Berlin vom 10.09.2020 (Az. 22 W 66/19)
Das KG Berlin, das über den Fall zu entscheiden hatte, schloss sich der Auffassung des Registergerichts an. Es stellte klar, dass die Löschung einer Handelsregistereintragung von Amts wegen nur in Betracht kommt, wenn zu diesem Zeitpunkt die Eintragung (noch) unrichtig ist. Dies sei vorliegend nicht gegeben, weil der Abberufungsbeschluss im Jahr 2018 wirksam gewesen sei. Zum Zeitpunkt der Löschungsbegehrens gebe das Handelsregister somit die geltende Rechtslage zutreffend wieder. Darauf, dass der Abberufungsbeschluss aus dem Jahr 2015 unwirksam sei, komme es daher nicht an.
Anmerkung
Das Urteil des KG Berlin ist richtig und nachvollziehbar. Das Handelsregister soll (in erster Linie) Auskunft über die aktuellen Rechtsverhältnisse der dort eingetragenen Gesellschaften geben. Der Rechtsverkehr soll sich unter anderem Kenntnis darüber verschaffen können, wer die betroffenen Gesellschaften als Geschäftsführer vertritt und ob es insofern Beschränkungen (Gesamtvertretungsbefugnis, Verbot des Insichgeschäfts nach § 181 BGB usw.) gibt.
Daher ist es folgerichtig, wenn das KG Berlin die Amtslöschung einer (inzwischen) inhaltlich zutreffenden Handelsregistereintragung ablehnt, denn für die Löschung richtiger Eintragungen gibt es keinen sachlichen Grund. Müsste das Registergericht auch Eintragungen löschen, die in der Vergangenheit unzutreffend waren, nur um sie unverzüglich erneut einzutragen, würde das zwar der historischen Wahrheit Rechnung tragen, aber dies ist nicht die Aufgabe des Handelsregisters.
Gleichzeitig zeigt das Urteil des KG Berlin, dass schnelles Handeln im Fall von Gesellschafter- bzw. Geschäftsführerstreitigkeiten besonders wichtig ist. Hätte der betroffene Geschäftsführer zeitnah auf seine (unwirksame) Abberufung reagiert, wäre diese vielleicht gar nicht erst in das Handelsregister eingetragen worden. Eine bloße Klage gegen den Abberufungsbeschluss reicht dafür aber meist ebenso wenig aus wie die Information an das Registergericht, dass man den Abberufungsbeschluss für unwirksam hält. Stattdessen muss ein Geschäftsführer, der sich gegen seine Abberufung wehrt, gegebenenfalls Maßnahmen im einstweiligen Rechtsschutz veranlassen.
Mittels einstweiliger Verfügung können der Gesellschaft beispielsweise die Anmeldung der Geschäftsführerabberufung zum Handelsregister untersagt oder die Rechte des Geschäftsführers (z.B. auf Zutritt zu den Geschäftsräumen oder Einblick in bestimmte Unterlagen) vorläufig gesichert werden. Umgekehrt können auch die GmbH oder ihre Gesellschafter darauf angewiesen sein, die Abberufung eines Geschäftsführers zeitnah abzusichern – sie können beispielsweise im Wege der einstweiligen Verfügung vorläufig die Ausübung der Geschäftsführungsbefugnisse untersagen oder beschränken, Zutrittsverbote aussprechen oder die Einsicht in Unterlagen verweigern. Ob ein Vorgehen im einstweiligen Rechtsschutz sich lohnt und Aussicht auf Erfolgt hat, hängt vom Einzelfall ab. Dabei spielt es insbesondere eine Rolle, wer klagt (Fremd- oder Gesellschafter-Geschäftsführer, Gesellschafter, GmbH), welche einstweilige Regelung begehrt wird (Einsicht, Zutritt etc.) und – bei einem Vorgehen des Geschäftsführers – ob der Abberufungsbeschluss anfechtbar oder nichtig ist.
Eine ähnliche Problematik, die auch das KG Berlin angesprochen hat, stellt sich beim Ausschluss von Gesellschaftern bzw. der Einziehung oder Zwangsabtretung ihrer Geschäftsanteile. Da nur die in die Gesellschafterliste (die beim Handelsregister elektronisch hinterlegt ist) eingetragenen Personen als Gesellschafter gelten (§ 16 GmbHG), schafft die Hinterlegung einer neuen Gesellschafterliste Fakten. Selbst wenn der Ausschließungs- oder Einziehungsbeschluss unwirksam war, verliert der Gesellschafter seine Gesellschafterrechte in dem Moment, in dem die neue Gesellschafterliste beim Handelsregister hinterlegt wird.
Bis zur gerichtlichen Entscheidung über die Wirksamkeit des Ausschließungs-, Einziehungs- oder Zwangsabtretungsbeschlusses verliert er damit seine Einflussmöglichkeiten auf die Gesellschaft; zudem besteht die Gefahr, dass „seine“ Geschäftsanteile gutgläubig von einem Dritten erworben werden. Um dies zu vermeiden, muss der Gesellschafter gegebenenfalls neben der Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage gegen den Ausschließungs-, Einziehungs- oder Zwangsabtretungsbeschluss im Wege der einstweiligen Verfügung sicherstellen, dass schon gar keine neue Gesellschafterliste beim Handelsregister eingereicht oder hinterlegt wird.
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