Setzung einer bestimmten Frist zur Nacherfüllung entbehrlich
Allerdings kann der Käufer erst mindern, zurücktreten oder Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn er dem Verkäufer eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat, und diese Frist abgelaufen ist, ohne dass der Verkäufer seiner Pflicht nachgekommen ist. Welche Anforderungen an diese Nachfristsetzung zu stellen sind, hat der Bundesgerichtshof entschieden.
BGH, Urteil v. 18.3.2015, VIII ZR 176/14
Nach dem BGH bedarf es für eine wirksame Fristsetzung weder der Angabe eines bestimmten Zeitraumes noch eines bestimmten Endtermins. Vielmehr reiche es aus, wenn der Käufer deutlich mache, dass dem Verkäufer nur ein begrenzter Zeitraum zur Verfügung stehe. Dies sei bereits dann der Fall, wenn der Käufer zur sofortigen, unverzüglichen oder umgehenden Leistung auffordere. Maßgeblich sei, dass dem Verkäufer deutlich gemacht werde, dass er die Leistung nicht irgendwann bewirken könne, sondern dass ihm hierfür zeitliche Grenzen gesetzt seien. Hierzu genüge auch die bloße Ankündigung rechtlicher Schritte.
Anmerkung
Die Entscheidung des BGH ist nicht nur im Kaufrecht, sondern auch im Werkvertragsrecht von Relevanz. Auch hier bedarf es für die weitergehende Gewährleistungsrechte (Selbstvornahme, Minderung, Rücktritt, Schadensersatz) einer angemessenen Nachfristsetzung durch den Käufer/Besteller. Auch wenn die Rechtsprechung sehr käuferfreundlich ist, ist Käufern/Bestellern weiterhin zu raten, bei der Aufforderung zur Nacherfüllung einen bestimmten Zeitraum oder Endtermin anzugeben. Auf diese Weise wird klargestellt, dass dem Verkäufer/Unternehmer nur ein bestimmter Zeitraum zur Nacherfüllung verbleibt und unklare, auslegungsbedürftige Leistungsaufforderungen werden vermieden. Dabei muss der Käufer/Besteller nicht befürchten, dass die Fristsetzung unwirksam ist, falls sich der festgelegte Zeitraum oder Endtermin als unangemessen kurz herausstellen sollte.
Praxishinweis
Nach der Rechtsprechung setzt eine unangemessene Fristsetzung automatisch eine angemessene Frist in Gang. Umgekehrt sollten Verkäufer/Unternehmer beachten, dass auch Leistungsaufforderungen ohne Zeitangaben wirksame Fristsetzungen darstellen können.
Rechtsanwälte Dr. Sven Ufe Tjarks, Meike Kapp-Schwoerer, Friedrich Graf von Westphalen & Partner, Freiburg
-
Italienische Bußgeldwelle trifft deutsche Autofahrer
2.172
-
Wohnrecht auf Lebenszeit trotz Umzugs ins Pflegeheim?
1.7342
-
Gerichtliche Ladungen richtig lesen und verstehen
1.635
-
Klagerücknahme oder Erledigungserklärung?
1.613
-
Überbau und Konsequenzen – wenn die Grenze zum Nachbargrundstück ignoriert wurde
1.471
-
Wie kann die Verjährung verhindert werden?
1.400
-
Brief- und Fernmelde-/ Kommunikationsgeheimnis: Was ist erlaubt, was strafbar?
1.368
-
Wann muss eine öffentliche Ausschreibung erfolgen?
1.305
-
Verdacht der Befangenheit auf Grund des Verhaltens des Richters
1.136
-
Formwirksamkeit von Dokumenten mit eingescannter Unterschrift
1.0461
-
Risiko der Betriebsstättenbegründung durch mobiles Arbeiten im Ausland
18.11.2024
-
Handelsregistervollmachten – Anforderungen und Umgang bei Rückfragen des Handelsregisters
12.11.2024
-
Datenschutzbehörden müssen nicht zwingend Sanktionen verhängen
07.11.2024
-
Typisch stille Beteiligung an Kapitalgesellschaften – Unterschiede zwischen GmbH und AG
06.11.2024
-
Bundesnetzagentur wird nationale Marktüberwachungsbehörde bei der KI-Aufsicht
05.11.2024
-
Neue Bundesverordnung zur „Cookie-Einwilligung“
31.10.2024
-
Zahl der Datenschutz-Bußgeldverfahren steigt
24.10.2024
-
Untersuchungs- und Rügeobliegenheit im B2B-Bereich
23.10.2024
-
Fernmeldegeheimnis gilt nicht für private E-Mails und Telefonate am Arbeitsplatz
17.10.2024
-
Wirecard: Geschädigte Aktionäre sind keine nachrangigen Gläubiger!
16.10.2024