Mit der Löschung einer englischen Limited im englischen Handelsregister endet die Vertretungsbefugnis des bisherigen gesetzlichen Vertreters, des Directors. Dies führt dazu, dass die Limited in einem finanzgerichtlichen Prozess grundsätzlich nicht mehr durch ihn vertreten werden kann, obwohl sie nach deutschem Recht für den Prozess noch als fortbestehend anzusehen ist. Die Kosten für einen Prozess hat derjenige zu tragen, der den Prozess veranlasst hat – ggf. auch der Prozessbevollmächtigte.

Hintergrund

Ein deutsches Finanzamt betrieb gegen eine nach englischem Recht errichtete private company limited by shares („Limited“) mit Sitz in England die Festsetzung der Körperschaftssteuer. Denn die Limited hatte ihren Verwaltungs- / Geschäftssitz in Deutschland, von hier aus ihre Geschäfte getätigt und hierbei einen Gewinn aus der Veräußerung eines Grundstücks erzielt.

Zum Zeitpunkt der Steuerfestsetzung war die Limited im englischen Handelsregister (Companies House) jedoch bereits gelöscht. Gleichwohl erließ das Finanzamt einen Steuerbescheid. Nachdem der Einspruch erfolglos geblieben war, erhob eine deutsche Kanzlei im Namen der Limited Klage vor dem Finanzgericht Münster mit dem Ziel, die Vollziehung des Steuerbescheides auszusetzen. Zur Legitimation berief sie sich auf eine vom Director der Limited nach Löschung der Gesellschaft erteilte Prozessvollmacht.

 

Beschluss des FG Münster vom 11.05.2011 (9 V 3872/10)

Das FG Münster entschied nicht in der Sache, sondern wies den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung als unzulässig ab, ließ jedoch die Beschwerde zum BFH wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zu.

Nach Ansicht des FG Münster konnte der Director der im Companies House gelöschten Limited diese nicht mehr wirksam vertreten. Denn nach dem einschlägigen englischen Gesellschaftsrecht hätte dies die (nicht erfolgte) Wiedereintragung der Limited vorausgesetzt. Eine gelöschte Limited ist – so die Annahme des FG Münster – nach dem englischen Recht als beendet und nicht mehr existent zu behandeln.

Dies gelte jedoch nicht in Deutschland und für die Zwecke der Besteuerung in Deutschland. Hierfür sei die Gesellschaft weiterhin als existent zu behandeln. Nur sei nicht mehr der Director der gelöschten Limited, sondern ein vom Gericht zu bestellender Nachlassliquidator für die Vertretung der gelöschten Limited zuständig. Daher habe die nach Löschung der Limited aus dem Companies House erteilte Vollmacht keine Wirkung für und gegen die gelöschte Limited entfalten können, und der gestellte Antrag auf Aussetzung der Vollziehung sei unwirksam.

 

Anmerkung

Die Entscheidung des FG Münster ist ein schönes Beispiel für die Schwierigkeiten, die im Umgang mit der Limited zunehmend auftreten. Denn in nicht unerheblicher Zahl werden „deutsche“ Limiteds, die ihren tatsächlichen Sitz in Deutschland haben und ihre Geschäftstätigkeit allein in Deutschland entfalten, wegen der Verletzung von Melde- und Informationspflichten aus dem Register des Companies House gelöscht. Nach englischem Gesellschaftsrecht hat dies die Beendigung der Limited zur Folge; etwa noch vorhandene Vermögenswerte fallen der Krone anheim.

Diese Regelungen finden jedoch auf die Behandlung der Limited in Deutschland keine Anwendung. Insbesondere fallen die in Deutschland belegenen Vermögenswerte nicht der Krone anheim (dies wäre eine im Inland nicht anerkannte Enteignung), sondern stehen der als Spaltgesellschaft / Restgesellschaft verstandenen Limited zu. Denn nach deutschem Gesellschaftsrecht führt die Löschung aus dem zuständigen Register allein nicht zur Vollbeendigung einer Gesellschaft, sondern es muss deren Vermögenslosigkeit hinzukommen.

Auch für steuerliche Zwecke stellt das FG Münster entsprechend der ständigen Rechtsprechung des BFH fest, dass die Limited als fortbestehend gilt, nämlich solange noch steuerliche Verpflichtungen zu erfüllen sind. Nur sieht es den Director nicht mehr als vertretungsberechtigt an, sondern kommt – in Übereinstimmung mit Zivilgerichten, die für Fragen der Prozessfähigkeit von gelöschten Limiteds mit vergleichbaren Fragen konfrontiert waren – zu der Auffassung, dass ein Nachtragsliquidator zu bestellen und nur dieser vertretungsberechtigt sei.

Die Entscheidung ist auch für Steuerberater und Rechtsanwälte im ureigenen Interesse relevant, stellt das FG Münster doch abschließend Überlegungen an, wem die Prozesskosten aufzubürden sind. Hierbei macht es deutlich, dass dies durchaus die Prozessbevollmächtigten sein können, auch wenn es im konkreten Fall die Kosten dem Director der gelöschten Limited auferlegte.

Dr. Albert Schröder, Rechtsanwalt und Gundo Haacke, Attorney (Admitted in the Republic of South Africa), Friedrich Graf von Westphalen & Partner, Freiburg