Unfallfreiheit beim Gebrauchtwagen - Rechtsfolgen der Zusicherung
Üblich ist sowohl im privaten Bereich als auch im Gebrauchtwagenhandel der vertragliche Ausschluss der Gewährleistung. Das führt dazu, dass der insoweit beweispflichtige Käufer seine Gewährleistungsansprüche nur auf eine Garantie der Unfallfreiheit oder eine arglistige Täuschung des Verkäufers stützen kann (§ 444 BGB). Doch wann ist etwas garantiert und wann ist etwas arglistig?
Was ist unfallfrei?
Eine Eigenschaftszusicherung setzt voraus, dass aus der Sicht des Käufers der Wille des Verkäufers erkennbar ist, die Gewähr für das Vorhandensein einer bestimmten Eigenschaft übernehmen und für die Folgen ihres Fehlens einstehen zu wollen. Bezogen auf den Begriff der „Unfallfreiheit“ im Kraftfahrzeughandel bedeutet dies, dass ein Fahrzeug keinen Schaden erlitten haben darf, der als erheblich anzusehen ist (OLG Rostock, Urteil v. 17.12.2003, 6 U 227/02). Die Erheblichkeit eines Schadens bestimmt sich nach der Verkehrsauffassung, nach der nur geringfügige, ausgebesserte Blechschäden und Schönheitsfehler mit Unfallfreiheit vereinbar sind.
Zusicherung / Abgabe einer Garantieerklärung
Von der Abgabe einer Garantieerklärung ist auszugehen, wenn ein Kfz-Händler gegenüber einem Privatkunden die Beschaffenheit eines Fahrzeugs näher bestimmt und es sich dabei um eine Beschaffenheit handelt, die für den Kunden nach der Verkehrsauffassung und für den Händler erkennbar von großer Bedeutung ist. Dies ist bei der Beantwortung der Angabe im Kaufvertrag in dem Feld „unfallfrei“ mit „ja“ der Fall. Das Wort „Garantie“ oder „Zusicherung“ muss dabei nicht verwendet werden (LG Karlsruhe, Urteil v. 1.2.2005, 8 O 614/04). Die Angabe „unfallfrei“ in einer privaten Kleinanzeige ist keine verbindliche Zusicherung. Es gilt vielmehr der Inhalt des Kaufvertrages (KG Berlin, Urteil v. 26.8.2004, 12 U 172/03).
Arglistige Täuschung und arglistiges Verschweigen
Ein arglistiges Verschweigen eines offenbarungspflichtigen Mangels setzt voraus, dass
der Verkäufer den Mangel entweder kennt oder mindestens für möglich hält und
- gleichzeitig weiß oder damit rechnet, dass der Käufer den Fehler nicht kennt und
- bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (BGH, Urteil v. 11.5.2001, V ZR 14/00).
Der Verkäufer eines Gebrauchtwagens muss einen früheren Unfall des Fahrzeugs, der ihm bekannt ist oder mit dessen Vorhandensein er rechnet, grundsätzlich auch ungefragt dem Käufer offenbaren, wenn er sich nicht dem Vorwurf arglistigen Verschweigens aussetzen will, es sei denn, der Unfall war so geringfügig, dass er bei vernünftiger Betrachtungsweise den Kaufentschluss nicht beeinträchtigen konnte.
Die Grenze für derartige nicht mitteilungspflichtige „Bagatellschäden“ ist bei Personenkraftwagen sehr eng zu ziehen. Auf ausdrückliches Befragen muss der Gebrauchtwagenhändler auch einen sog. Bagatellunfall vollständig und richtig angeben, sofern ihm ein solcher bekannt ist oder er mit dessen Vorhandensein rechnet.
Untersuchungspflicht des Gebrauchtwagenhändlers?
Eine Obliegenheit des Kraftfahrzeughändlers zur Untersuchung der zum Verkauf angebotenen Gebrauchtwagen auf Unfallfreiheit besteht nicht. Der Händler muss jedoch seinen insoweit begrenzten Kenntnisstand deutlich machen, d.h. er darf die Unfallfreiheit nicht in einer Weise behaupten, die dem Käufer den Eindruck vermitteln kann, dies geschehe auf der Grundlage verlässlicher Kenntnis.
Auch die Frage des Käufers nach Unfallschäden löst keine weitergehende Untersuchungspflicht aus. Sie begründet nur die Verpflichtung zur vollständigen und richtigen Beantwortung. Der Verkäufer eines Gebrauchtwagens handelt schon dann arglistig, wenn er auf Fragen, deren Beantwortung für den Kaufentschluss seines Vertragspartners erkennbar maßgebliche Bedeutung hat, ohne tatsächliche Grundlage „ins Blaue hinein“ Angaben über den Zustand des Fahrzeuges macht, die sich als unrichtig erweisen.
Rechtsfolgen
Werden Arglist des Verkäufers oder die Zusicherung der Unfallfreiheit durch den Verkäufer festgestellt, hat der Käufer einen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags in Form der Rückzahlung des Kaufpreises Zug-um-Zug gegen Rückgabe des Fahrzeuges und Zahlung einer Nutzungsentschädigung. Wahlweise kann der Käufer auch den Kaufpreis mindern und Schadensersatz oder den Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen (§ 437 BGB).
Auf die grundsätzlich vorrangige Nacherfüllung entweder durch Beseitigung des Mangels oder Lieferung eines Ersatzfahrzeuges kann der Käufer nicht verwiesen werden, weil sich der Charakter des Fahrzeuges als Unfallfahrzeug nicht korrigieren lässt und das konkrete Fahrzeug in der Gesamtheit seiner Eigenschaften in der Regel nicht gegen ein anderes austauschbar ist (BGH, Urteil v. 7.6.2006, VIII ZR 209/05).
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