Verkürzung der Wohlverhaltensphase im Insolvenzrecht vom Bundesrat gebilligt
Im Insolvenzrecht gibt es ab Mitte nächsten Jahres spürbare Erleichterungen für Schuldner. Überschuldete Verbraucher und Firmengründer sollen schneller die Chance zum wirtschaftlichen Neuanfang bekommen. Betroffene können sich unter bestimmten Voraussetzungen künftig schon nach drei statt wie bisher nach sechs Jahren von ihren Restschulden befreien lassen.
Der Gesetzentwurf sieht eine Restschuldbefreiung bereits nach drei Jahren vor. Voraussetzung ist allerdings, dass es dem Schuldner gelingt,
- mindestens 35 % der Schulden
- sowie die gesamten Verfahrenskosten in diesem Zeitraum zu zahlen.
Darüber hinaus ist eine Restschuldbefreiung nach fünf Jahren möglich, wenn es dem Schuldner innerhalb dieses Zeitraums zumindest gelingt, die gesamten Verfahrenskosten tragen. In den übrigen Fällen bleibt es bei der bisherigen Wohlverhaltensphase von sechs Jahren. Ursprünglich war für die Verkürzung der Wohlverhaltensphase auf drei Jahre eine Schuldenbegleichung in Höhe von nur 25 % angedacht. Im Hinblick auf den aber ebenfalls erforderlichen Schutz der Eigentumsrechte der Gläubiger wurde schließlich ein Prozentsatz von 35 % als angemessen erachtet.
Verkürzung dient auch dem Gläubigerinteressen
Seitens des Bundesjustizministeriums wird betont, dass die Verkürzung der Wohlverhaltensphase letztlich auch den Interessen der Gläubiger diene. Die Verkürzung schaffe nämlich einen wesentlich höheren Anreiz für den Schuldner als bisher, zumindest einen Teil der Schulden zu begleichen. Nur bei nicht zu langen Fristen könne damit gerechnet werden, dass der Schuldner sämtliche Kräfte zur Tilgung der bestehenden Forderungen einsetze. Auf diese Weise schaffe das Gesetz eine wohlausgewogene Balance zwischen Schuldner- und Gläubigerinteressen.
Verbraucher-Insolvenzplanverfahren
Ein Kernpunkt der Gesetzesänderung ist die Schaffung eines Verbraucher-Insolvenzplanverfahrens. Dieses Verfahren ermöglicht dem Verbraucher, unter individueller Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls einen Plan darüber zu erarbeiten, auf welche Weise und in welcher Höhe die Entschuldung durchgeführt werden soll. Ein solcher Plan kann im Einvernehmen mit Gläubigern und Gericht unabhängig von den gesetzlichen Vorgaben zu Zeit und Höhe der Schuldentilgung einen dem konkreten Fall angepassten, eigenständigen Weg zur Schuldenbefreiung schaffen
Besonderheiten bei Genossenschaften
Mitglieder von Wohnungsgenossenschaften werden in Zukunft vor einer Kündigung durch den Insolvenzverwalter besser geschützt. Die Kündigung der Genossenschaftsmitgliedschaft durch den Insolvenzverwalter wird nicht mehr automatisch zum Verlust der Wohnung führen. Allerdings wird im Gegenzug die bisherige Insolvenzsicherheit der Einlage der Wohnungsinhaber bei der Genossenschaft eingeschränkt.
Gesetz tritt zum 01.07.2014 in Kraft
Betroffene Schuldner müssen auf die durch die Neuregelung geschaffenen Möglichkeiten noch etwas warten. Erst zum 01.07.2014 wird das Gesetz in Kraft treten. Nur für Verfahren, die nach Inkrafttreten eröffnet werden, kann die vorgezogene Restschuldbefreiung beantragt werden. Die Beantragung des Verbraucher-Insolvenzplanverfahrens kann jedoch auch für die bereits zuvor eingeleiteten Privatinsolvenzen beantragt werden
Hintergrund: Die Schaffung der Möglichkeit der Beantragung einer Privatinsolvenz im Jahre 1999 war für die bis dahin fast völlig schutzlos dastehenden Schuldner eine erhebliche Erleichterung für den Ausweg aus der Schuldenfalle. Allein im vergangenen Jahr beantragten fast 130.000 Deutsche die Einleitung eines Privatinsolvenzverfahrens. Für den Schuldner ist es nach der bestehenden Gesetzeslage nicht leicht, über einen Zeitraum von sechs Jahren (Wohlverhaltensphase), sich mit dem Nötigsten zu begnügen, um in möglichst großem Umfange die Forderungen der Gläubiger zu bedienen. Im europäischen Ausland ist dieser Zeitraum teilweise deutlich kürzer ausgestaltet. Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Wohlverhaltensphase künftig auch in Deutschland verkürzt werden.
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