Einwilligung in die Veröffentlichung von Bildern
Hintergrund
Der klagende Arbeitnehmer war bis Januar 2011 bei der Beklagten beschäftigt. Bereits im Oktober 2008 hatte er sich schriftlich damit einverstanden erklärt, dass der Arbeitgeber Filmaufnahmen von ihm für die eigene Öffentlichkeitsarbeit verwendet. In dem daraufhin angefertigten Werbefilm war der Arbeitnehmer jedenfalls nur zwei Mal für wenige Sekunden zu erkennen, davon einmal bei einem Gruppenbild. Etwa 10 Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangte der Kläger von der Beklagten, die ihn darstellenden Videoaufnahmen nicht mehr zu verwenden und ihm für die Verwendung ein Schmerzensgeld zu zahlen. Nachdem das Arbeitsgericht der Klage noch teilweise stattgegeben hatte, wies das Landesarbeitsgericht die Klage vollständig ab. Die Revision des Klägers blieb ohne Erfolg.
BAG, Urteil v. 11.12.2014, 8 AZR 1010/13
Das BAG führt zunächst aus, dass sich auch im Arbeitsverhältnis die Zulässigkeit von Bildnisveröffentlichungen vorrangig nach den §§ 22, 23 KUG richte. Demnach sei für eine Veröffentlichung eine Einwilligung erforderlich, die aber nach dem Wortlaut des § 22 KUG nicht schriftlich erfolgen müsse. Nach Ansicht des BAG müsse diese Vorschrift indes verfassungskonform ausgelegt und insbesondere auch die Regelungen des BDSG beachtet werden. Die Einwilligung eines Arbeitnehmers bedürfe daher der – hier vorliegenden – Schriftform. Eine solche Einwilligung sei dann aber, entgegen einer weit verbreiteten Ansicht, auch im Arbeitsverhältnis grundsätzlich wirksam. Für die Frage, ob die Einwilligung zu einem späteren Zeitpunkt widerrufen werden könne, käme es auf die Umstände des Einzelfalles an. Hierbei müsse, neben dem Persönlichkeitsinteresse des Arbeitnehmers, auch das Interesse des Arbeitgebers an einer kostendeckenden Verwertung der Bilder berücksichtigt werden. Maßgeblich für die Abwägung sei insbesondere, ob die Person des Arbeitnehmers hervorgehoben dargestellt werde oder ob es sich vielmehr um eine allgemeine Darstellung des Unternehmens handelt.
Anmerkung
Die Entscheidung des BAG betrifft einige hochstreitige und praxisrelevante Fragen. Wenig überraschend ist dabei, dass das BAG von einem generellen Vorrang des KUG vor dem BDSG ausgeht, soweit es sich um Bilder bzw. Videoaufnahmen handelt. Das BAG weicht sodann aber von der überwiegend vertretenen Auffassung ab, wonach eine Einwilligung auch formlos erfolgen kann. Das BAG verweist für seine Einschätzung zwar auch auf die Besonderheiten des Arbeitsverhältnisses, die verwendeten Argumente wären aber wohl auch auf andere Sachverhalte übertragbar. Von daher bleibt abzuwarten, ob sich in Zukunft auch andere Gerichte dieser Argumentation anschließen und dies zu einem grundsätzlichen Schriftformerfordernis für die Veröffentlichung von Bildern auch außerhalb von Arbeitsverhältnissen führt.
Achtung
Bemerkenswert sind indes die Ausführungen des BAG zu den datenschutzrechtlichen Regelungen. Hier grenzt sich das BAG in zwei Punkten deutlich von der bislang überwiegend vertretenen Auffassung ab.
Zum einen ist das BAG der Meinung, dass eine einmal erteilte Einwilligung nicht ohne Grund widerrufen werden kann. Das BAG stellt zudem mit überraschend deutlichen Worten fest, dass eine datenschutzrechtliche Einwilligung eines Arbeitnehmers wirksam sein kann. Dies wurde bislang von den Aufsichtsbehörden und der weit überwiegenden Auffassung aufgrund des bestehenden Über-/Unterordnungsverhältnisses und der somit vermeintlich fehlenden Freiwilligkeit der Einwilligung strikt abgelehnt.
Praxishinweis
Für Unternehmen bedeutet die Entscheidung, dass für die Veröffentlichung von Bildern – und wohl auch anderer personenbezogener Daten – der eigenen Mitarbeiter in aller Regel deren Einwilligung erforderlich ist, die schriftlich vorliegen muss. Ob diese zu einem späteren Zeitpunkt wirksam widerrufen werden kann, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Zudem können datenschutzrechtliche Einwilligungen von Arbeitnehmern ein taugliches Mittel sein, um eine andernfalls unzulässige Datenverarbeitung zu rechtfertigen.
Dabei ist aber im Einzelfall zu prüfen, ob eine Einwilligung tatsächlich freiwillig und damit wirksam wäre. Jedenfalls dann, wenn die Einwilligung in Zusammenhang mit dem Abschluss eines Arbeitsvertrages erteilt werden soll, sind hier sicherlich Zweifel angebracht.
Rechtsanwälte Sebastian Hoegl, LL.M. (Wellington), Stephanie Krüger, Friedrich Graf von Westphalen & Partner, Freiburg
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