Kassen und Pharmaindustrie zur Bewertung neuer Arzneimittel

Die gesetzlichen Krankenkassen (GKV) haben eine zielgenauere Bewertung neuer Arzneimittel verlangt. Vor allem müsse klarer festgelegt werden, für welche Patientengruppe ein neues Medikament tatsächlich einen Zusatznutzen habe, argumentierte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Johann-Magnus von Stackelberg. Nur für diese Gruppe sollte dann auch ein höherer Preis gezahlt werden. Die bedarfsgerechte und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten ist in den Arzneimittel-Richtlinien geregelt.
Mischpreis für neue Arzneimittel
Zur Zeit wird nach dem Arzneimittelmarkt-Reformgesetz (AMNOG) von 2011 lediglich geprüft, ob das Medikament einen Zusatznutzen für eine Patientengruppe hat. Dann wird ein Mischpreis für alle Patienten ermittelt, die ein entsprechendes Krankheitsbild haben, ungeachtet dessen, dass die Patienten unterschiedlich gut auf das Präparat ansprechen.
Stackelberg bekräftigte, dass der Erstattungsbetrag für ein Präparat rückwirkend gelten solle. Den Kassen ist es ein Dorn im Auge, dass der Preis für ein Medikament nach Markteinführung zwischen Hersteller und Kassen für ein Jahr frei ausgehandelt werden kann.
In dieser Zeit gibt es ein sechsmonatiges Bewertungsverfahren durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), dem höchsten Beschlussgremium der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen. Danach wird in weiteren sechs Monaten der Erstattungsbetrag ausgehandelt.
Sollte ein neues Arzneimittel keinen Zusatznutzen bescheinigt bekommen, müsse nicht noch sechs Monate über den Erstattungsbetrag verhandelt werden, während der hohe Anfangspreis des Mittels weiter bezahlt werden müsse, sagte Stackelberg.
Vfa fordert Zeit für neue Arzneimittel
Der Verband der Forschenden Pharma-Unternehmen (vfa) wies darauf hin, dass neue Medikamente nach Zulassung, Nutzenbewertung und Erstattungsbetrag-Verhandlungen Raum bräuchten, «um in der konkreten Versorgung ihren Nutzen auch bei Patientengruppen belegen zu können, für die ursprünglich kein Nutzenbeleg vorhanden war». Solche Fälle gebe es regelmäßig.
Ist Deutschland ein guter Pharmastandort?
Nach Darstellung des GKV-Spitzenverbandes ist der Pharmastandort Deutschland weiterhin sehr interessant und lukrativ für die Industrie. Im Vergleich mit 15 anderen europäischen Gesundheitswesen liege das Preisniveau im oberen Mittelfeld, sagte Stackelberg unter Berufung auf eine Studie. Der Leiter der Studie, Reinhard Busse von der Technischen Universität Berlin, unterstrich, nirgendwo anders stünden neue Arzneimittel so schnell und umfassend für die Behandlung von Kranken öffentlich erstattet zur Verfügung.
Der vfa hielt dem erneut entgegen, Deutschland habe längst keine Vorreiterrolle mehr, wenn es um die Versorgung der Patienten mit neuen Arzneimitteln gehe. Und die mit den Kassen ausgehandelten Arzneimittelpreise seien im Vergleich deutlich niedriger als in anderen europäischen Ländern.
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