Echthaarteil statt Perücke - Muss die Krankenkasse bezahlen?

Die Versorgung mit einem maßgefertigtem Echthaarteil kann aus medizinischen Gründen eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung sein. Die Begrenzung auf einen Höchstbetrag gilt dabei nicht. Das hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen entschieden.

Geklagt hatte eine 55-jähige Frau aus der Grafschaft Bentheim. Sie litt an einer Schuppenflechte, die zunehmend zu kreisrundem Haarausfall führte. Um die kahlen Stellen zu bedecken, beantragte sie bei ihrer Krankenkasse ein handgeknüpftes Echthaarteil. Die Kosten beliefen sich auf 1.290 EUR.

Wirtschaftlichkeit: Krankenkasse genehmigt Höchstbetrag

Die Kasse genehmigte die Kostenübernahme bis zum Höchstbetrag von 511 EUR. Hierfür sei eine gute Versorgung zu bekommen. Die Frau könne auch durchaus eine Perücke tragen, da sie sich nicht überwiegend in der Öffentlichkeit, sondern erhebliche Zeit im privaten Umfeld bewege. Eine Kunsthaarperücke sei zur Wiederherstellung eines unauffälligen Erscheinungsbildes ausreichend. Eine teurere Versorgung sei unwirtschaftlich.

LSG: Echthaarteil in Einzelfällen aus medizinischen Gründen erforderlich

Das LSG hat die Kasse zur Erstattung der Gesamtkosten verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass partieller Haarverlust bei einer Frau als Behinderung zu bewerten sei. Grundsätzlich schulde die Krankenkasse zum Behinderungsausgleich zwar nur eine Versorgung, die den Haarverlust nicht sogleich erkennbar werden lässt. Die umfassende Rekonstruktion des ursprünglichen Aussehens sei nicht von der Leistungspflicht umfasst. Im Einzelfall könne jedoch auch ein maßgefertigtes Echthaarteil aus medizinischen Gründen erforderlich sein. In einem solchen Falle könne die Klägerin nicht gezwungen werden, eine Perücke zu tragen. Hierzu hat sich das Gericht auf die Ausführungen des behandelnden Dermatologen gestützt, der eine vollständige Abdeckung des verbliebenen Haupthaars aufgrund der Schuppenflechte für kontraindiziert hielt. Eine Kunsthaarperücke zum Festbetrag sei daher keine zweckmäßige Versorgung.

Hinweis: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 26.3.2019, L 4 KR 50/16

LSG Niedersachsen-Bremen

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