Unfallversicherungsschutz bei gemischter Tätigkeit
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Geklagt hatte eine 1960 geborene Frau, die mit ihrem Ehemann in einem Ein- bis Zwei-Familienhaus im Landkreis Gießen lebt. Neben der Ehewohnung befinden sich in dem Haus weitere Zimmer, die gewerblich vermietet werden („Monteurzimmer“).
Sprunggelenkfraktur durch Sturz beim Laub aufsammeln
Die Klägerin hat mit ihrem Ehemann einen Arbeitsvertrag geschlossen, der u. a. Folgendes vorsieht: „Die Arbeitnehmerin ist verpflichtet, die vermieteten Räumlichkeiten zu reinigen und Betten herzurichten“. Am 9.11.2015 sammelte die Klägerin auf dem Grundstück des Hauses vorwiegend im Eingangsbereich Laub auf. Hierbei rutschte sie aus und zog sich eine Sprunggelenkfraktur zu.
BG lehnt Entschädigung ab
Mit den angefochtenen Bescheiden vom 7.12.2015 und 12.3.2016 lehnte die beklagte Berufsgenossenschaft die Gewährung von Entschädigungsleistungen mit der Begründung ab, es liege kein Arbeitsunfall vor. Dagegen legte die Arbeitnehmerin Klage ein.
Sozialgericht: Keine betriebsbezogene Tätigkeit
Die Klage hiergegen hatte keinen Erfolg. Das Gericht wies zunächst darauf hin, dass der Unfall rechtlich nicht als versicherter Arbeitsunfall nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII einzustufen sei. Die Klägerin sei zwar als Angestellte ihres Ehemannes zur Zeit des Unfalls grundsätzlich Versicherte nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII. Im Hinblick auf den Arbeitsvertrag und die im Gerichtsverfahren vorgelegten Bescheinigung sowie der Einkommenssteuerbescheide sei ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis zwischen Angehörigen im Sinne einer abhängigen versicherungspflichtigen Beschäftigung dem Grunde nach anzunehmen. Jedoch habe die Klägerin zur Zeit des Unfalls keine den Versicherungsschutz begründende oder vom Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung umfasste betriebsbezogene Tätigkeit verrichtet.
Keine Anhaltspunkte für konkretisierende Einzelfallanordnungen
Das Gericht konnte sich nicht davon überzeugen, dass die konkrete Handlung, die zu dem Unfall geführt hat, also die Laubbeseitigung auf dem Grundstück der Eheleute am 9.11.2015, eine versicherte Tätigkeit war. Es habe sich nicht um eine unmittelbar betriebsbezogene Tätigkeit gehandelt. Es fehle insoweit an dem zu fordernden inneren bzw. sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit. Die Klägerin habe keine objektiv bestehende arbeitsvertragliche Pflicht erfüllt, als sie das Laub auf dem Grundstück beseitigte. Zwar könne der Arbeitgeber regelmäßig innerhalb eines Arbeitsverhältnisses im Rahmen seines Weisungsrechts konkretisierende Einzelfallanordnungen treffen. Hierfür gebe es jedoch keine Anhaltspunkte.
Sammeln von Laub ist der privaten Lebenssphäre zuzuordnen
Der Arbeitsvertrag umfasse nur einen kleinen Teil der Tätigkeiten, die bei einer gewerblichen Vermietung von Wohnräumen anfielen. Die Tätigkeitsbeschreibung im Arbeitsvertrag selbst ähnele der einer Reinigungskraft im Hotel. Hierzu gehöre keine Tätigkeit im Außenbereich. Der Außenbereich diene im Übrigen nicht nur dem Zugang zu den gewerblichen Räumen, sondern sei auch Außenbereich für die Wohnräume der Klägerin. Es handele sich deshalb um eine „gemischte Tätigkeit“ im Sinne des Unfallversicherungsrechts, weil gleichzeitig zwei verschiedene Tätigkeiten ausgeübt wurden, von denen nur eine versichert war. Hier sei offenkundig, dass der Unfall der Klägerin – Ausrutschen auf nassem Laub – nicht nur auf die Reinigung des Zugangs zu den gewerblichen Räumen, sondern auch auf das Reinigen des Zugangs zu den Wohnräumen zurückzuführen sei. Diese Tätigkeit sei jedoch ihrer privaten Lebenssphäre zuzuordnen.
Hinweis: Sozialgericht Gießen, Urteil v. 12.10.2018, S 1 U 45/16
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