Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. bestandskräftiger Ablehnungsbescheid. Anordnungsanspruch

 

Leitsatz (amtlich)

Ein bindender Ablehnungsbescheid (§ 77 SGG) schließt einen Anordnungsanspruch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Regelungsanordnung) aus.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 19.12.2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller (ASt) begehrt die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II -) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Der 1957 geborene ASt ist italienischer Staatsangehöriger und beantragte erstmals am 25.04.2008 bei der Antragsgegnerin (Ag) Alg II, das ihm mit Bescheid vom 19.05.2008 für den Zeitraum vom 25.04.2008 bis 31.10.2008 bewilligt wurde. Mit Bescheid vom 23.05.2008 hob die Ag diese Bewilligung wieder auf, weil der ASt nicht bedürftig sei. Einen Rechtsbehelf gegen diese Entscheidung legte der ASt nicht ein.

Am 28.11.2008 beantragte er die "Weiterbewilligung" von Alg II. Dies lehnte die Ag mit Bescheid vom 04.12.2008 ab, weil der ASt allein zum Zweck der Arbeitssuche nach Deutschland eingereist sei. Ein Leistungsanspruch sei daher nach § 7 Abs 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ausgeschlossen. Auf der Aktendurchschrift des Bescheides ist das Datum der Versendung nicht vermerkt.

Der ASt hat am 09.12.2008 beim Sozialgericht Nürnberg (SG) unter Vorlage des Bescheides vom 04.12.2008 beantragt, die Ag im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten die beantragten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes zu bewilligen. Er lebe mietfrei bei seiner Schwester, die ihm gelegentlich Geld leihe. Im Übrigen sei er ohne Einkommen und Vermögen.

Die Ag hat hierzu am 16.12.2008 mitgeteilt, dass der ASt gegen den Bescheid vom 04.12.2008 bislang keinen Widerspruch erhoben habe.

Das SG hat mit Beschluss vom 19.12.2008 den Antrag abgelehnt. Ein Anordnungsanspruch sei fraglich, weil der ASt mit seiner Schwester und seinem Schwager in einer Haushaltsgemeinschaft lebe und damit die Bedürftigkeit im Hinblick auf § 9 Abs 5 SGB II in Frage stehe. Darüber hinaus sei er als Ausländer, der zum Zwecke der Arbeitssuche nach Deutschland eingereist sei nach § 7 Abs 1 Satz 2 Nr.2 SGB II vom Leistungsbezug ausgeschlossen. Es sei jedoch einem Hauptsacheverfahren vorzubehalten, ob diese Regelung europarechtskonform auszulegen ist. Im Hinblick auf die offenen Erfolgsaussichten sei im Wesentlichen auf den Anordnungsgrund abzustellen, der jedoch nicht glaubhaft gemacht sei. Der ASt werde nach seinem eigenen Vortrag von seiner Schwester unterstützt. Darüber hinaus sei eine existenzielle Notlage des ASt nicht ersichtlich, insbesondere weil dieser selbst keine Veranlassung gesehen habe, sich gegen die Aufhebung der bis 31.10.2008 bewilligten Leistungen zu wenden.

Gegen diesen Beschluss hat der ASt am 13.01.2009 Beschwerde beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Zur Begründung verweise er auf sein Vorbringen gegenüber der Ag und dem SG.

Die Ag hat mit Schriftsatz vom 29.01.2009 vorgetragen, dass ein Hauptsacheverfahren bislang nicht anhängig sei.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird auf die beigezogene Akte der Ag sowie die gerichtlichen Akten erster und zweiter Instanz verwiesen.

II.

Die form- und fristgerechte Beschwerde ist zulässig, §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Das Rechtsmittel erweist sich jedoch als nicht begründet.

Vorliegend begehrt der ASt die Bewilligung von Alg II, die mit Bescheid vom 04.12.2008 abgelehnt wurde, so dass für die Frage, ob die Ag zur (vorläufigen) Erbringung dieser Leistungen zu verpflichten ist, § 86b Abs 2 Satz 2 SGG die maßgebliche Rechtsgrundlage für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes darstellt.

Eine einstweilige Regelung ist zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn dem ASt ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1998 BVerfGE 79, 69 (74); vom 19.10.1997 BVerfGE 46, 166 (179) und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; Niesel, Der Sozialgerichtsprozess, 4.Aufl. RdNr. 643)

Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den der ASt sein Begehren stützt - voraus. Die Angaben hierzu hat der Ast glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 2 und 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO -; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 9.Aufl, § 86b RdNr. 41).

Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage im vo...

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