Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss für Auszubildende. förderungsfähige Ausbildung nach §§ 51, 57 und 58 SGB 3. Änderung der Rechtslage zum 1.8.2016. nun grundsätzlich möglicher Anspruch auf Arbeitslosengeld II. Einkommensberücksichtigung. keine Berücksichtigung fiktiver Einnahmen aufgrund nicht realisierter Unterhaltsansprüche
Leitsatz (amtlich)
1. Auszubildende, deren Ausbildung nach den §§ 51, 57 und 58 SGB III förderungsfähig ist, sind nach § 7 Abs 5 SGB II in der bis zum 31.7.2016 geltenden Fassung von über § 27 SGB II hinausgehenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgeschlossen.
2. Sie sind in § 7 Abs 5 SGB II in der ab dem 1.8.2016 geltenden Fassung nicht mehr genannt und können daher bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen Arbeitslosengeld II aufstockend zu ihrer Ausbildungsvergütung und einer ggf zu beanspruchenden Berufsausbildungsbeihilfe, die gemäß § 11a Abs 3 S 2 Nr 4 SGB II als Einkommen zu berücksichtigen ist, erhalten.
3. Fiktive Einnahmen aufgrund etwaiger nicht realisierter Unterhaltsansprüche sind grundsätzlich nicht als Einkommen zu berücksichtigen.
Tenor
I. Die Beschwerde gegen Ziffern I und II des Beschlusses des Sozialgerichts Regensburg vom 29. April 2016 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Antragstellerinnen und Beschwerdeführerinnen (Bf) begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes für die Zeit ab März 2016 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Die im Januar 1991 geborene Bf zu 2 ist die Mutter der im Dezember 2013 geborenen Bf zu 1. Die Bf zu 1 erhält von ihrem Vater monatliche Unterhaltsleistungen in Höhe von 225,- Euro, weiter wird für sie ein monatliches Kindergeld in Höhe von 190,- Euro bezahlt. Seit September 2015 befindet sich die Bf zu 2 in einem dualen Studium zur Handelsfachwirtin. In diesem Rahmen bezieht sie nach dem Trainee-Vertrag vom 17.06.2015 ein monatliches Erwerbseinkommen in Höhe von 800,- Euro bis 920,- Euro zuzüglich Urlaubsgeld und Sonderzuwendungen. Nach den in den Akten befindlichen Entgeltabrechnungen betrug das Nettoentgelt für den Monat Februar 2016 706,56 Euro, für den Monat März 2016 729,96 Euro, für den Monat Mai 2016 1.374,65 Euro (einschließlich Urlaubsgeld) und für den Monat Juni 2016 735,65 Euro.
Die Bf leben zusammen in einer Wohnung, für die nach den Ausführungen der Bevollmächtigten der Bf Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 421,- Euro anfallen (280,- Euro Grundmiete, 50,- Euro Nebenkosten, 91,- Euro Heizkosten). Die Bf bezogen in der Vergangenheit Leistungen vom Bg. Zuletzt wurden den Bf mit Änderungsbescheid vom 04.04.2016 Leistungen in Höhe von 296,71 Euro für Februar 2016 vorläufig bewilligt.
Mit Bescheid der Agentur für Arbeit Nürnberg vom 04.02.2015 wurde der Antrag der Bf zu 2 vom 22.12.2015 auf Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) abgelehnt. Zur Begründung ist ausgeführt, die erforderlichen Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts stünden anderweitig zur Verfügung. Bei der Berechnung der Berufsausbildungsbeihilfe sei Einkommen ihres Vaters angerechnet worden. Dem Bescheid lag ein Berechnungsbogen bei, nach dem der Gesamtbedarf der Bf zu 2 vom 01.12.2015 bis 31.07.2016 757,33 Euro beträgt. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus einem Bedarf für den Lebensunterhalt in Höhe von 572,- Euro, Bedarf für Fahrkosten in Höhe von 43,33 Euro, Arbeitskleidung 12,- Euro und Kinderbetreuungskosten 130,- Euro. Das im Berechnungsbogen ausgewiesene anzurechnende Einkommen der Auszubildenden beträgt 754,68 Euro, das anzurechnende Einkommen des Vaters der Bf zu 2 beträgt 398,38 Euro. Für den Zeitraum vom 01.08.2016 bis 31.12.2016 beträgt nach dem Berechnungsbogen der Gesamtbedarf der Auszubildenden 808,33 Euro (Bedarf für den Lebensunterhalt 622,- Euro, Bedarf für Fahrkosten 43,33 Euro, Arbeitskleidung 12,- Euro, Kinderbetreuungskosten 130,- Euro). Das anzurechnende Einkommen der Auszubildenden beträgt 754,68 Euro, das anzurechnende Einkommen des Vaters der Bf zu 2 beträgt 362,15 Euro.
Am 22.02.2016 stellten die Bf beim Bg einen Antrag auf Weiterbewilligung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Am 31.03.2016 stellten die Bf beim Sozialgericht Regensburg (SG) Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Zur Begründung des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz wurde vorgetragen, die Bf benötigten dringend Leistungen. Das Konto der Bf zu 2 sei bereits im Soll. Sie habe sich für März 2016 von ihrer Schwester 250,- Euro leihen müssen. Der Bg habe zuletzt im Februar 2016 Leistungen erbracht, seitdem sei ein erheblicher Fehlbetrag entstanden, der nicht durch die Freibeträge aus dem Erwerbseinkommen oder dem Mehrbedarf wegen Alleinerziehung für die Bf zu 2 habe überbrückt werden können.
Der Weiterbewilligungsantrag der Bf wurde vom Bg mit Bescheid vom 04.04.2016 abgelehnt, da die Bf aufgrund der Höhe des anzurechnenden Einkommens nicht hilfebedürftig seien. Aus der Anlage zum Bescheid...