Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Darlehen bei vorübergehender Notlage. Prognosezeitpunkt. Betrag unterhalb des Regelsatzes. keine Verletzung von Art 1 GG
Orientierungssatz
1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die nach § 38 SGB 12 zu treffende Prognose ist der Erkenntnisstand zu Beginn der darlehensweisen Sozialhilfegewährung (vgl OVG Lüneburg vom 10.11.1997 - 12 L 878/97 zu § 15b BSHG).
2. Dass eine Leistung unter dem Niveau des Regelsatzes keine Verletzung des Art 1 GG zu Lasten eines Hilfebedürftigen oder Dritten bedeutet, ergibt sich daraus, dass der zu überbrückende Zeitraum sehr kurz ist und in den Regelsatzbeträgen auch Ansparbeträge enthalten sind, die in diesem Zeitraum nicht zur Verfügung stehen müssen.
Tenor
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 19. August 2008 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I. GSW
Im vorliegenden Eilverfahren geht es um die Frage, ob die Antragsgegnerin - Ag - im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten ist, dem Antragsteller - Ast - ein Darlehen wegen einer vorübergehenden Notlage nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuch - SGB - XII zu gewähren.
Der Ast und seine Ehefrau K. A. (E) bestreiten ihren Lebensunterhalt aus Renteneinkünften und Wohngeldleistungen. Hilfe zum Lebensunterhalt - HLU - steht ihnen wegen des entsprechenden Einkommens nicht zu (bestandskräftiger Bescheid vom 09.08.2006 für den Zeitraum ab 01.09.2006). Sie leben mit ihren beiden erwachsenen Kindern P. (P) und G. A., die Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel des SGB XII erhalten, in zwei angemieteten nebeneinander liegenden Wohnungen in A-Stadt.
Am 05.08.2008 beantragte der Ast, vertreten durch P, ein Darlehen. Der Ast habe das Unterhaltsgeld verloren. Es werde um einen Vorschuss gebeten. Die Ag könne von der Grundsicherung der P jeden Monat 50,00 EUR einbehalten. Beigefügt war eine Verlustanzeige beim Fundamt der Ag wegen eines schwarzen Geldbeutels mit einem Inhalt von ca. 1.240,00 EUR. Am 06.08.2008 ergänzte der Ast den Antrag dahingehend, dass für ihn und E bei vorübergehender Notlage ein Darlehen beantragt werden müsse, da er und seine Frau keine Grundsicherungsleistungsempfänger seien. Der Ast bitte, von den Grundsicherungsleistungen der Kinder monatliche Raten für das Darlehen in Höhe von insgesamt 150,00 EUR so lange einzubehalten, bis auch das Darlehen, das er noch für sich und seine Frau beantragen werde, vollständig getilgt sei. Ein Darlehensbescheid werde nicht benötigt.
Aus Aktennotizen der Ag ergibt sich, dass dem Ast und E zur Bewältigung einer vorübergehenden Notlage gemäß § 38 Abs.1 SGB XII ein Darlehen in Höhe von 273,87 EUR bewilligt wurde. Die Rückzahlung erfolge im Wege der Einbehaltung aus den Grundsicherungsleistungen der Kinder. Da die Unterkunft nicht gefährdet sei, wenn die Miete für August nicht gezahlt werde, würden Mietkosten nicht übernommen. Es sei den Hilfesuchenden zumutbar, die offene Augustmiete in Raten zu bezahlen. Ihr Einkommen übersteige den Bedarf.
Der genannte Betrag wurde ausbezahlt. Ausweislich einer anderen Aktennotiz ging die Ag bei der Berechnung des Darlehensbetrages von einem Regelsatz für den Ast und E in Höhe von jeweils 316,00 EUR aus, mithin von einem Bedarf ohne Kosten der Unterkunft (KdU) in Höhe von 632,00 EUR. Die Ag legte einen unerlässlichen Teil von 50 % des Regelsatzes zu Grunde. Die Ende Juli ausgezahlten Renten für August seien verloren worden und stünden nicht mehr als bereite Mittel zur Verfügung. Von den 50 % des Regelsatzes (316,00 EUR gesamt für E und den Ast) bewilligte die Ag 26/30, also 273,87 EUR, als Darlehen unter Bezugnahme auf Nr.28.06 Abs. 2 Satz 1 der Sozialhilferichtlinien (SHR). Der Ast habe erhebliche Mietschulden in Höhe von 8.364,57 EUR (Stand 12.08.2008). Da der Mietanteil für die beiden Kinder vom Sozialamt bereits an den Vermieter überwiesen werde, sei nur noch ein Darlehen für die Verpflegung notwendig. Der Verpflegungsanteil im Regelsatz betrage 50 %. Daher werde ein Darlehen pro Kind in Höhe von 140,50 EUR gewährt.
Am 11.08.2008 hat der Ast beim Sozialgericht Regensburg - SG - einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Er habe seine Geldbörse mit 1.240,00 EUR Inhalt verloren. Daraufhin habe er für seine Kinder ein Darlehen in Höhe von 281,00 EUR zur Sicherung des Lebensunterhalts bekommen. Mit dem sei er einverstanden. Nicht einverstanden sei er jedoch damit, dass er und seine Ehefrau nur 273,00 EUR Darlehen vom Sozialamt erhalten hätten. Davon könne der Lebensunterhalt nicht bestritten werden. Neben den laufenden monatlichen Kosten wie Miete, Strom und Gas für die zwei kleinen Wohnungen müsse er noch Rechnungen bezahlen. Er begehre deshalb weitere 500,00 EUR für August 2008.
Das SG hat den Eilantrag abgelehnt und ausgeführt, dem Ast stehe weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch zur Seite. Dem Ast und E sei kein weiteres Darlehen zu gewähren. Sie seien dem Grunde nach nicht nach dem SGB XII leistu...