Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. Regelungsanordnung. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Unterkunft und Heizung. Anordnungsgrund. Eilbedürftigkeit auch schon vor Erhebung einer Räumungsklage durch den Vermieter. Anordnung der aufschiebenden Wirkung
Leitsatz (amtlich)
Einstweilige Anordnung, Leistungen für Unterkunft und Heizung, Anordnungsgrund besteht auch schon vor Erhebung der Räumungsklage; es ist regelmäßig nicht zumutbar, einen zivilrechtlichen Kündigungsgrund entstehen zu lassen.
Normenkette
SGG § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 1; SGB II § 22 Abs. 1, § 39 Nr. 1; SGB X § 45 Abs. 1; BGB §§ 543, 569 Abs. 3 Nr. 2
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts München vom 07.02.2013 abgeändert.
II. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 21.11.2012 wird angeordnet.
III. Der Antragsgegner wird verpflichtet vorläufig Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 580 € für die Zeit vom 04.01.2013 bis zum 26.01.2013 sowie vom 30.01.2013 bis zum 31.03.2013, durch Direktüberweisung an die Vermieterin, zu gewähren.
IV. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
V. Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes im Beschwerdeverfahren die Gewährung der Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), über die bereits vom Sozialgericht gewährte Regelleistung hinaus, streitig.
Der 1966 geborene Beschwerdeführer (Bf) beantragte erstmals am 25.06.2012 Leistungen zu Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II beim Beschwerdegegner (Bg).
Er gab an, ab dem 01.07.2012 eine Wohnung in der E-Straße. 17 in A-Stadt angemietet zu haben. Er legte den Mietvertrag vom 22.06.2012 vor, wonach es sich bei der Wohnung um ein 1-Zimmer-Apartment mit einer Netto-Kaltmiete in Höhe von 445,00 Euro und einer Betriebskostenpauschale von 135,00 Euro handle. Bei der Antragstellung bat er um die Direktüberweisung der Miete an die Vermieterin.
Mit Bescheid vom 01.08.2012 wurden dem Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.08.2012 bis 31.01.2013 in Höhe von 954,00 Euro gewährt (374,00 Euro für den Regelbedarf und 580,00 Euro Kosten für Unterkunft und Heizung). Über den eingelegten Widerspruch wurde nach Aktenlage bislang nicht entschieden.
Der Bg stellte die Auszahlung der bewilligten Leistungen ab Oktober 2012 vorläufig ein. Aufgrund eines Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz erhielt der Bf mit Beschluss des Sozialgerichts München vom 31.10.2012 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.10.2012 bis 31.12.2012 in Höhe von 374,00 Euro monatlich.
Der Bg lies am 13.11.2012 einen Hausbesuch beim Bf vornehmen. Dieser konnte erst nach telefonischer Terminierung, nachdem zuvor sechsmal versucht wurde den Bf ohne Voranmeldung in der Wohnung anzutreffen, durchgeführt werden. Die Außendienstmitarbeiter des Bg stellten fest, dass die Wohnung unbewohnt wirke. Es gäbe keine Hinweise auf den Bf am Klingelschild. Der Hausmeister der Wohnanlage bestätigte jedoch, dass der Bf in der Anlage wohne. In der Wohnung habe nichts herum gelegen. Der Außendienst des Bg hatte den Eindruck, dass der Bf extra wegen des Besuches in die Wohnung gekommen sei und sich häufig irgendwo anders aufhalte. Die Wohnung sei mit einem Zweisitzersofa, einer Deckenlampe, einer Standleuchte, einem Balkontisch und einem Rollkasten möbliert; in der Küche befinde sich eine Küchenzeile und im Flur zwei Kleiderschränke, eine Hängegarderobe, ein Einbauschrank und eine Deckenlampe. Der Bf gab auf die Frage, warum er seine Tür nicht öffne und keinen Namen an der Tür anbringe, an, dass gegen ihn ein Haftbefehl vorliege.
Mit Bescheid vom 21.11.2012 wurde der Bewilligungsbescheid vom 01.08.2012 ab dem 01.12.2012 aufgehoben. Gegen diesen Aufhebungsbescheid wurde vom Bevollmächtigten des Bf Widerspruch eingelegt.
Am 04.01.2013 beantragte der Bevollmächtigte des Bf im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gemäß § 86b Sozialgerichtsgesetz (SGG) den Antragsgegner zu verpflichten, einstweilen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in angemessener Höhe zu gewähren.
Er legte u.a. eine eidesstattliche Versicherung des Bf vom 02.01.2013 vor, wonach dieser an Eides statt versicherte, dass er die Wohnung in der E-Straße. 17 seit dem 02.07.2012 bewohne. Die Miete für die Monate Oktober und November 2012 habe er mit Hilfe eines Darlehens von Freunden begleichen können.
Der Bg trug in Erwiderung vor, dass weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht worden sei. Er wies darauf hin, dass der Rücknahmebescheid vom 21.11.2012 wegen Formfehler aufzuheben sei.
Der Bevollmächtigte des Bf trug im weiteren Verlauf vor, dass dieser aufgrund einer Geldstrafe Ratenzahlungen zu erbringen habe. Da er nicht in der Lage sei, diese zu erbringen, drohe ein Vollstr...