Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. kein Anfall einer Terminsgebühr bei Abschluss eines schriftlichen Vergleichs ohne mündliche Verhandlung

 

Leitsatz (amtlich)

Im Anwendungsbereich der Nr 3106 VV RVG (juris: RVG-VV) fällt eine Terminsgebühr nicht an, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgesehen ist, ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird. Nr 3104 Abs 1 Nr 1 Alt 3 VV RVG ist nicht analog anwendbar.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 24. Februar 2011 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Gegenstand des Verfahrens ist die Höhe des Rechtsanwaltshonorars nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), das dem Beschwerdeführer nach seiner Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe aus der Staatskasse zusteht. Streitig ist, ob dem Beschwerdeführer in entsprechender Anwendung der Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 dritte Alt. des Vergütungsverzeichnisses (VV) zum RVG eine Terminsgebühr zusteht.

Im Ausgangsverfahren vor dem Sozialgericht Bayreuth ging es um Rente wegen Erwerbsminderung. Nach Abweisung der Klage mit Gerichtsbescheid vom 06.06.2008 ging der Kläger in Berufung. Für das sozialgerichtliche Verfahren wie auch für das Berufungsverfahren wurde dem Kläger Prozesskostenhilfe bewilligt samt Beiordnung des Beschwerdeführers (Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 14.12.2006, S 11 R 316/06; Beschluss des Bayer. Landessozialgerichts vom 06.04.2009, L 20 R 501/08). Der Rechtsstreit endete durch außergerichtlichen Vergleich. Der Kläger nahm das schriftliche Vergleichsangebot der Beklagten, Rente wegen Erwerbsminderung vom 01.12.2010 bis zum 31.05.2012 zu gewähren, mit Fax vom 02.09.2010 an. Die Übernahme außergerichtlicher Kosten hatte die Beklagte abgelehnt.

Mit Schriftsatz vom 09.09.2010 stellte der Beschwerdeführer Kostenerstattungsantrag für Prozesskostenhilfe. Er forderte für das Berufungsverfahren die Verfahrensgebühr für Verfahren vor den Landessozialgerichten gemäß Nr. 3204 VV RVG mit 310 Euro, die Terminsgebühr für Verfahren vor den Landessozialgerichten gemäß Nr. 3205 VV RVG mit 200 Euro und die Erledigungsgebühr gemäß Nrn. 1006, 1005 VV RVG mit 190 Euro (außerdem Pauschale 20 Euro: netto 720 Euro, zzgl. 19 % MWSt 136,80). In der Summe machte er 865,80 Euro geltend. Erhalten hatte er schon einen Vorschuss in Höhe von 392,70 Euro. Mit Schriftsatz vom 15.10.2010 modifizierte der Beschwerdeführer seinen Kostenerstattungsantrag insoweit, als er für die Einigungsgebühr gemäß Nrn. 1007, 1005 VV RVG 250 Euro forderte.

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (Kostenbeamtin) setzte die aus der Staatskasse zu erstattenden Kosten am 25.10.2010 wie folgt fest:

Verfahrensgebühr, Nr. 3204 VV RVG

310,00 Euro

Einigungsgebühr, Nr. 1007 VV RVG

250,00 Euro

Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

 20,00 Euro

 ____________

 580,00 Euro

19% Mehrwertsteuer, Nr. 7008 VV RVG

 110,20 Euro

 ____________

690,20 Euro

abzüglich Vorschuss

392,70 Euro

 ____________

somit verbleibende Prozesskostenhilfe

 297,50 Euro

Die Verfahrensgebühr und die Einigungsgebühr hätten, so die Kostenbeamtin, jeweils in Höhe der Mittelgebühr festgesetzt werden können. Die Festsetzung einer Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG müsse allerdings abgelehnt werden. Das Verfahren habe durch schriftlichen Vergleich geendet. Demnach stehe die Terminsgebühr schon dem Grund nach nicht zu, weil durch die Tätigkeit des Rechtsanwalts keine der in Nr. 3106 VV RVG genannten Tatbestandsmerkmale erfüllt sei.

Zur Begründung der gegen die Kostenfestsetzung am 28.10.2010 eingelegten Erinnerung hat der Beschwerdeführer vorgebracht, dass die Terminsgebühr angefallen sei. Die Voraussetzungen nach Nr. 3104 VV RVG seien gegeben. Es liege ein schriftlicher Vergleich vor; das ergebe sich aus den Vereinbarungen der Parteien. Gegenseitiges Nachgeben läge sicherlich vor, denn der Kläger habe zum Beispiel auf Kostenerstattungsansprüche verzichtet. Der Vergleich sei auch wirksam geschlossen worden, und zwar in einem Verfahren, für das eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben sei. Die Kostenbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen und den Vorgang der zuständigen Kostenrichterin vorgelegt.

Das Sozialgericht Bayreuth hat mit Beschluss vom 24.02.2011 die Erinnerung als unbegründet zurückgewiesen. Die Tatbestände der Nr. 3106 VV RVG seien nicht gegeben. Weil keine dieser Tatbestandsgruppen vorgelegen hätten, habe das Bayer. Landessozialgericht in seiner Entscheidung vom 22.06.2007 (L 15 B 200/07 P KO) die Festsetzung einer Terminsgebühr abgelehnt und ausgeführt, dass ein (auch schriftlicher) verfahrensbeendender Vergleich eine Terminsgebühr nicht auslöse, sondern eine Einigungsgebühr. Eine Einigungsgebühr sei bei der Kostenfestsetzung des Beschwerdeführers unstreitig berücksichtigt. Für ein und dieselbe anwaltliche Tätigkeit könne aber nur jeweils eine Gebühr anfallen. Der Beschluss ist dem Beschwerdeführer am 01.03.2011 zugestellt worden.

Der Beschwerdeführer hat am 10.03.2011 Beschwerde eingeleg...

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