Leitsatz (amtlich)
1. Zur fehlenden Kenntnis des Prozessbevollmächtigten bei Fragen zum tatsächlichen Geschäftsbetrieb.
2. Das Ausmaß der Ermittlungen und de Art der Maßnahme im Rahmen der Amtsermittlung steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts.
Tenor
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 10. Februar 2011 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beschwerde richtet sich gegen die Verhängung von Ordnungsgeld.
In dem Klageverfahren vor dem Sozialgericht Augsburg begehrt die Klägerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf.) die Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 17. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Juli 2007, mit dem diese Gesamtsozialversicherungsbeiträge für die Zeit vom 1. Mai 2001 bis 30. April 2002 in Höhe von 54.370,57 EUR nachforderte.
Das Sozialgericht hat die Bf., die anwaltlich vertreten ist, zu einem Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage auf den 10. Februar 2011 geladen und das persönliche Erscheinen der Bf. angeordnet. Die Ladung war mit dem Hinweis versehen, dass gegen die Bf. ein Ordnungsgeld bis zu 1.000 EUR festgesetzt werden kann, falls sie ohne genügende Entschuldigung nicht erscheint. Die Ladung ist der Bf. am 14. Januar 2011 mit Zustellungsurkunde zugestellt worden.
Zum Termin am 10. Februar 2011 ist die Bf. nicht erschienen, jedoch hat der Prozessbevollmächtigte eine Vollmacht gemäß § 141 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) vom 28. Januar 2011 vorgelegt. Der Prozessbevollmächtigte der Bf. hat ferner erklärt, dass sich die Bf. im Ausland befinde und nicht zum Termin erscheine.
Die Kammervorsitzende hat die ordnungsgemäße Ladung festgestellt und mit Beschluss wegen unentschuldigten Ausbleibens im Termin gemäß § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 141 Abs. 3 ZPO ein Ordnungsgeld in Höhe von 300,00 EUR festgesetzt. Die Anwesenheit des Bevollmächtigten im Sinne des § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO sei nicht ausreichend, weil die Bf. zum Ablauf in ihrer Firma hinsichtlich des Einsatzes der Promoter und der mit ihnen abgeschlossenen Verträge befragt werden sollte. Angaben zu diesen Tatsachen, die internes Firmenwissen betreffen und für die Beurteilung der Sozialversicherungspflicht wesentlich sind, könnte der Bevollmächtigte jedoch nicht geben.
Zur Begründung der hiergegen eingelegten Beschwerde hat die Bf. vorgebracht, der Prozessbevollmächtigte habe wegen fehlender Unterlagen dieselben Kenntnisse gehabt, über die auch sie verfüge. Ihr sei es nicht möglich, aus dem Gedächtnis Personen anzugeben, die für die von ihr vertriebenen Produkte werbend tätig gewesen seien. Sie könne nur wiedergeben, dass nach vorgelegten Aufträgen abgerechnet und Auszahlungen vorgenommen worden seien; an wen und in welcher Höhe könne nicht detailliert angegeben werden. Die Beklagte habe im Übrigen die gesamten Unterlagen der Staatsanwaltschaft erhalten. Wenn der Beklagten die vorliegenden Unterlagen nicht ausreichten, um eine detaillierte Bescheidbegründung abzugeben, könne sie ihr in Form der richterlichen Befragung nicht weiterhelfen. Wenn zu klärende Fragen im Raum stünden, werde gebeten, diese zu formulieren und ggf. mit entsprechenden richterlichen Hinweisen über den Prozessbevollmächtigten an sie zu richten.
II.
Die Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 SGG), aber unbegründet.
Nach §§ 111, 202 SGG i.V.m. § 141 ZPO kann das persönliche Erscheinen eines Beteiligten zur mündlichen Verhandlung angeordnet werden und derjenige, der der Anordnung nicht Folge leistet, mit Ordnungsgeld wie ein im Vernehmungstermin nicht erschienener Zeuge belegt werden. Ob die Vorsitzende eine Anordnung nach § 111 SGG treffen will, steht in ihrem pflichtgemäßen Ermessen. Hält sie zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung vor der gesamten Kammer eine Erörterung und Beweiserhebung für notwendig, so kann sie hierzu das persönliche Erscheinen eines Beteiligten anordnen. Nach § 141 Abs. 1 S. 1 ZPO ist die Anordnung des persönlichen Erscheinens eines Beteiligten dann ermessensfehlerfrei, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Im sozialgerichtlichen Verfahren ist dabei der Ermessensspielraum weiter. Da das Gericht gehalten ist, in einer mündlichen Verhandlung eine Entscheidung zu treffen, bedarf es vielfach eines vorbereitenden Erörterungstermins (§ 106 Abs. 3 Nr. 7 SGG), in dem die Anwesenheit der Beteiligten notwendig ist, um die Sach- und Rechtslage zu klären und/oder zu sachdienlichen Anträgen zu gelangen. Die Anordnung des persönlichen Erscheinens der Bf. ist insofern ermessensfehlerfrei.
Da die Bf. im Erörterungstermin nicht erschienen ist, sind die Voraussetzungen des § 111 SGG i.V.m. §§ 141 Abs. 3, 380, 381 ZPO erfüllt. Eine im Sinne des § 381 Abs. 1 S. 1 ZPO rechtzeitige Entschuldigung wegen eines erst im Termin angegebenen Auslandsaufenthalts ist nicht eingegangen. Es fehlt bereits an einem rechtzeitigen Vorbringen bzw. einem Verlegungsantrag. Eine Entschuldigung ist rechtzeitig, wenn sie dem Gericht ...