Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe, fehlerhafte Entscheidung durch Gerichtsbescheid. Beiordnung eines Rechtsanwalts nach Verfahrensabschluss. Beschwerde. Sozialgerichtliches Verfahren: Gewährung von Prozesskostenhilfe. Zulässigkeit der Entscheidung über einen PKH-Antrag in einem Gerichtsbescheid. Erforderlichkeit einer Prozesskostenhilfe nach Abschluss eines gerichtskostenfreien Verfahrens
Leitsatz (amtlich)
Soweit über den Antrag auf Bewilligung von PKH durch das Sozialgericht fehlerhaft durch Gerichtsbescheid entschieden wird, eröffnet dies dem Kläger - nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung - die Möglichkeit das objektiv zutreffende bzw. das subjektiv nach der Rechtsmittelbelehrung für zutreffend gehaltene Rechtsmittel einzulegen.Unabhängig davon hat das Rechtsmittelgericht in der zutreffenden Form durch Beschluss zu entscheiden.
Orientierungssatz
Wurde das erstinstanzliche sozialgerichtliche Verfahren, für das Prozesskostenhilfe beantragt wurde, zwischenzeitlich beendet, kommt jedenfalls bei einem gerichtskostenfreien Verfahren, bei dem auch kein Rechtsanwalt beauftragt war, die nachträgliche Gewährung von Prozesskostenhilfe durch das Beschwerdegericht nicht mehr in Betracht, da in diesem Fall die Prozesskostenhilfe nicht erforderlich war.
Normenkette
SGG § 73a Abs. 1 S. 1; ZPO § 114 S. 1, § 121 Abs. 2, § 127 Abs. 1 S. 1, § 128 Abs. 4
Tenor
Die Beschwerde gegen Ziffer I des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Bayreuth vom 08.10.2014 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Strittig ist die Aufhebung der Bewilligung und die Rückforderung von Arbeitslosengeld (Alg) für den Zeitraum vom 18.01.2007 bis 09.02.2007 (Forderung: 925.- €) und ab 01.12.2007 (Forderung 74.- €).
Dem Kläger war nach seiner Arbeitslosmeldung mit Wirkung am 08.01.2007 für die Zeit ab dem 11.01.2007 mit Bescheid vom 04.04.2007 Alg bewilligt worden. Für den Zeitraum vom 11.01.2007 bis 17.01.2007 ruhe der Alg- Anspruch wegen des Eintrittes einer Sperrzeit (bestandskräftiger Bescheid vom 04.04.2007 idG des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2007). Nachdem die Beklagte am 18.10.2007 durch den Träger der gesetzlichen Krankenversicherung darüber informiert worden war, der Kläger habe aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit ab dem 10.01.2007 vom 11.01.2007 bis 09.02.2007 Krankengeld bezogen, nahm die Beklagte nach Anhörung des Klägers mit Bescheid vom 18.01.2008 idG des Widerspruchsbescheides vom 19.03.2008 die Alg- Bewilligung für den Zeitraum vom 18.01.2007 bis 09.02.2007 zurück und forderte vom Kläger überzahlte Leistungen in Höhe von 925.- € zurück. Der Kläger habe vor der Alg- Bewilligung am 04.04.2007 keine Angaben zu seiner Arbeitsunfähigkeit und dem Bezug des Krankengeldes gemacht. Hierdurch habe er grob fahrlässig die rechtswidrige Alg- Bewilligung für den Zeitraum vom 18.01.2007 bis 09.02.2007 verursacht. Ein Anspruch auf Alg habe nicht bestanden, denn der Kläger habe dem Arbeitsmarkt aufgrund seiner Arbeitsunfähigkeit nicht zur Verfügung gestanden.
Gegen den "Widerspruchs"-Bescheid vom 18.01.2008 (idG des Widerspruchsbescheid vom 19.03.2008) hat der Kläger am 19.01.2009 Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben (S 15/10 AL 11/09 nach Fortsetzung des Verfahrens: S 10 AL 31/12)
Nach einer zwischenzeitlichen Unterbrechung Alg- Bezuges und einer erneuten Arbeitslosmeldung bewilligte die Beklagte dem Kläger wiederum Alg für die Zeit ab dem 24.08.2007 bis 02.12.2007. Aufgrund eines Datenabgleiches kam der Beklagten im Mai 2008 zur Kenntnis, der Kläger habe ab dem 01.12.2007 eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen gehabt. Nach Anhörung des Klägers hob die Beklagte mit Bescheid vom 18.06.2008 idG des Widerspruchsbescheides vom 11.08.2008 die Alg- Bewilligung für die Zeit ab dem 01.12.2007 auf und forderte vom Kläger überzahlte Leistungen in Höhe von 74.- € zurück (Zeitraum 01.12.2007 bis 02.12.2007).
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 11.08.2008 hat der Kläger am 17.11.2008 Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben (S 10 AL 281/08 nach Fortsetzung des Verfahrens: S 10 AL 30/12)
Am 18.11.2011 hat der Kläger die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) in beiden Verfahren beantragt, die das SG mit Beschluss vom 22.09.2014 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hat.
Mit Gerichtsbescheid vom 08.10.2014 hat das SG die Klagen als unzulässig abgewiesen (Ziffer II. und III des Tenors). Die Klagen seien nicht fristgerecht erhoben worden. Der Vortrag des Klägers, er habe die Widerspruchsbescheide erst kurz vor der Klageerhebung innerhalb der Monatsfrist erhalten, sei nicht glaubhaft. Die Anträge auf Gewährung der PKH hat das SG in Ziffer I des Tenors abgelehnt. Erfolgsaussichten hätten nicht bestanden. Zudem sei der Kläger gerichtserfahren. Die Beiordnung eines Rechtsanwaltes wäre nicht erforderlich gewesen. Gegen den Gerichtsbescheid sei das Rechtsmittel der Berufung gegeben.
Gegen den Gerichtsbescheid hat der Kläger (insgesamt) Berufung beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt (Az: L 10 AL 237/14).
Zur Ergänzung de...