Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungsrecht: Prüfung der Sozialversicherungspflicht einer Beschäftigung in einem Statusanfrageverfahren. aufschiebende Wirkung eines Rechtsmittels gegen einen nach einer Statusfeststellung erlassenen Beitragsnachforderungsbescheid. sozialversicherungsrechtlicher Status der Tätigkeit als Wachmann
Leitsatz (amtlich)
Die aufschiebende Wirkung des § 7a Abs. 7 SGB IV erfasst nicht Nachforderungen auf Grund Betriebsprüfungen gem. § 28p SGB IV.
Orientierungssatz
1. Ein im Ergebnis einer Betriebsprüfung nach Feststellung der Sozialversicherungspflicht eines Beschäftigungsverhältnisses erlassener Beitragsbescheid des Sozialversicherungsträgers ist sofort vollziehbar, so dass Widerspruch und Anfechtungsklage dagegen keine aufschiebende Wirkung haben.
2. Ein Wachmann, der ausschließlich für einen einzelnen Auftraggeber tätig ist und dessen Tätigkeit sich dabei weder in der äußeren Erscheinung noch in den weiteren Konditionen von derjenigen anderer, als abhängig beschäftigte Mitarbeiter geführte Wachmänner des Auftraggebers unterscheidet, ist als sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter anzusehen.
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 27.08.2014 abgeändert und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Beitragsbescheid der Antragsgegnerin vom 10.01.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.06.2014 insoweit angeordnet, als die Antragsgegnerin Nachforderungen von mehr als 70.000 Euro geltend macht; im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen zu 2/3, die Antragsgegnerin zu 1/3.
III. Der Streitwert wird auf 35.423,78 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin (Ast) begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Beitragsbescheid der Antragsgegnerin (Ag) vom 10.01.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.06.2014.
Die Ast ist eine Einzelfirma - G. Sicherheitsdienst -, deren Inhaber Herr J. G. ist. Geschäftsgegenstand der Ast ist die Bewachung und Sicherung von Personen und Objekten sowie alle damit im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten. Das Unternehmen ist Mitglied im Bundesverband Sicherheitswirtschaft und beschäftigt Arbeitnehmer u. a. in Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen.
Anlässlich einer Kontrolle von Wachleuten der Ast durch das Hauptzollamt (HZA) B-Stadt im Zentrallager der Fa. N. (H-Stadt) wurde festgestellt, dass zwischen dem von der Ast gezahlten Lohn und dem für allgemeinverbindlich erklärten Mindestlohn für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Nordrhein-Westfalen Unterschiede bestehen. Da der dortige Wachdienst von der Ast gestellt wurde, erfolgte eine Weiterleitung des Vorganges an das HZA A-Stadt, das am 17.11.2011 eine Prüfung am Geschäftssitz der Ast durchführte. Das HZA kam zu dem Ergebnis, dass der für allgemeinverbindlich erklärte Tariflohn für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Nordrhein-Westfalen und in Bayern im Hinblick auf die gezahlten Löhne nicht eingehalten worden sei.
Mit Stellungnahme vom 26.03.2013 teilte die Ast mit, dass es grundsätzlich zutreffe, dass es bei 108 Arbeitnehmern zu einer Unterschreitung des gesetzlichen Mindestlohns gekommen sei. Auch gegen den errechneten Gesamtbetrag würden keine Einwände erhoben werden. Es liege kein vorsätzliches Verhalten vor, weil die Ast von einschlägigen Fachverbänden, der IHK und dem zuständigen Arbeitgeberverband falsch beraten worden sei.
Die Antragsgegnerin (Ag) führte daraufhin in der Zeit vom 06.08.2013 bis 08.01.2014 bei der Ast eine Betriebsprüfung durch. Im Rahmen der Betriebsprüfung stellte die Ag u. a. fest, dass der von der Ast als Subunternehmer eingestufte Wachmann F. S. als abhängig Beschäftigter in Betracht komme. In diesem Zusammenhang wurde über die Ast eine Gewerbeanmeldung nach § 14 GewO bzw. § 55c GewO des Herrn S. vorgelegt. Dabei wurden folgende Tätigkeiten angemeldet: Dienstleitungen aller Art, Wärmemessdienst, Hausmeisterdienstleistungen.
Herr S. erhielt von der Ast eine feste Stundenvergütung von 8,58 € bis 10,00 Euro. In seiner Vernehmung vor dem Hauptzollamt A-Stadt am 12.11.2013 gab Herr S. sinngemäß u.a. Folgendes an:
* "Es wurde wohl ein schriftlicher Dienstleistungsvertrag geschlossen, dieser sei jedoch nicht mehr auffindbar.
* Herrn G. kenne er schon ca. 30 Jahre. Die Aufträge seien ihm meisten telefonisch vorgeschlagen worden.
* Der Arbeitsbeginn und das Arbeitsende seien durch die Kunden von G. vorgegeben worden bzw. hätten sich aus den Aufträgen ergeben.
* Die Arbeitsanweisungen für das Bewachungsobjekt habe Herr G. von seinen Kunden erhalten und seinen von seinen Angestellten und ihm dementsprechend ausgeführt worden.
* Bei einigen Einsätzen habe er einen Sonderstatus (zuständig für Heizungen) gehabt. Dabei habe er aber auch Kollegen für die Pausenregelung abgelöst.
* Bei den Objektbewachungen habe die Art der Tätigkeit denen der Ange...