Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Richterliche Überzeugungsbildung. Krankenversicherung der Landwirte. Kostenerstattung für eine selbstbeschaffte landwirtschaftliche Betriebshelferkraft
Leitsatz (amtlich)
Die Überzeugung des Gerichts iSd § 128 Abs 1 S 1 SGG begründet sich in Gesamtwürdigung der beigezogenen Akten, der vorangegangenen Verfahren sowie des prozessualen Verhaltens des Klägers.
Orientierungssatz
Zum Anspruch auf Erstattung der Kosten für eine selbstbeschaffte landwirtschaftliche Betriebshelferkraft.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 24. März 2014 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Kostenerstattung für eine selbst beschaffte selbst beschaffte landwirtschaftliche Betriebshelferkraft in Höhe von 9.440,00 EUR zzgl. Zinsen für die Zeiträume
* 03.04.2006 - 30.04.2006 (Zeitraum 1),
* 20.06.2006 - 19.07.2006 (Zeitraum 2),
* 25.07.2006 - 18.08.2006 (Zeitraum 3) und
* 21.08.2006 - 24.09.2006 (Zeitraum 4).
1. Der 1938 geborene Kläger ist Landwirt und gesetzlich krankenversichertes Mitglied der Beklagten. Zum Einsatz von Betriebshelfern hatte der Kläger hatten sich in der Vergangenheit mehrere rechtliche Streitigkeiten ergeben.
a) Nach dem Tatbestand des rechtskräftigen Urteils des Bayer. LSG vom 05.09.2009 - L 4 KR 187/07 hatte der Kläger von 1995 bis 1997 auf Grund eines mit einer Bekannten geschlossenen Scheinpachtvertrags über seine landwirtschaftlichen Grundstücke von der Pächterin rund 430.000 DM Pachtzins, verauslagte Betriebshelferkosten sowie eigene Dienstentlohnung vor den ordentlichen Gerichten gefordert. Das auf einer Abgabe des zuständigen Zivilgerichts an die Staatsanwaltschaft resultierende Strafverfahren hatte zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung von einem Jahr und drei Monaten geführt (Urteil Amtsgericht C-Stadt vom 22.03.2004, Urteil Landgericht C-Stadt vom 02.08.2004, Beschluss Bayer. Oberstes Landesgericht vom 23.03.2005).
b) Leistungsansprüche des Klägers gegen die Beklagte u.a. aus dem entsprechenden Zeitraum hatte die Beklagte mit Bescheid vom 18.04.2002'/Widerspruchsbescheid vom 26.03.2003 abgelehnt. Die dagegen erhobene Klage zum Sozialgericht München sowie weitere, insgesamt 64 Klagen auf Betriebshelferkosten aus den Jahren 2000 bis 2004 hat der prozessvertretene Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 27.04.2006 rechtswirksam gem. Urteil des Bayer. LSG vom 05.09.2009 - L 4 KR 187/07 zurückgenommen.
c) Mit weiterer Klage vom 24.11.2007 hat der Kläger Kosten für Betriebshilfe ab 15.03.2000 sowie für weitere Zeiträume bis 2004 und für Zeiträume aus 2005 und 2006 von der Beklagten eingefordert. Die Klage ist erfolglos geblieben (Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 14.09.2009 - S 2 KR 1151/07; Urteil Bayer. LSG vom 27.11.2013 - L 4 KR 170/10). Im Berufungsverfahren vor dem Bayer. LSG hatte sich ergeben, dass der Kläger einen Antrag auf Betriebshelferkosten am 05.02.2008 eigenhändig unter seiner Adresse in A., A-Stadt unterzeichnet hatte, dem Gericht gegenüber hingegen vorgetragen hatte, er sei im Februar 2008 nicht in A. gewesen.
c) Ein vom Kläger veranlasstes Ermittlungsverfahren gegen eine Sachbearbeiterin der Beklagten wurde gem. § 170 II StPO eingestellt am 11.6.2010. Das auf die streitgegenständlichen Ansprüche bezogene Ermittlungsverfahren (Anzeige der Beklagten vom 20.12.2011) wurde zunächst mit Verfügung vom 21.09.2012 ausgesetzt, mit Verfügung vom 01.12.2016 wurde insoweit gem. § 154 Abs. 1 StPO von Strafe abgesehen.
2. Mit Gerichtsbescheid vom 24.3.2014 hat das Sozialgericht München im Verfahren S 50 KR 1128/11 entschieden, dass die Beklagte auf Betriebshelferantrag des Klägers vom 20.04.2005 für die Ersatzkraft M. B. iHv 1.840 € in der Zeit vom 20.4.2005 bis 18.5.2005 keine Leistungen zu bewilligen hat (Bescheid 24.05.2011/Widerspruchsbescheid 20.10.2011). Nach den Feststellungen im rechtskräftigen Gerichtsbescheid vom 24.03.2014 waren die Nachweise des Klägers durch Aussagen des M. B. widerlegt. M. B. hatte bei seiner polizeilichen Vernehmung angegeben, er habe beim Kläger im Februar/März 2005 gearbeitet, da er überwiegend Waldarbeiten ausgeführt habe, welche in dieser Zeit anfallen. Er habe ca. 10 bis 12 Arbeitstage innerhalb von 3 bis 4 Wochen gearbeitet. Dafür habe er Teilzahlungen von 50 bis 200 € erhalten, insgesamt 500 bis 700 € in bar. Auf Vorhalt von Arbeitsnachweisen und Quittungen hatte M. B. verneint, diese Dokumente unterschrieben zu haben.
3. Der Kläger hat - zum wiederholten Male - am 29.06.2006 die Eidessstattliche Versicherung abgelegt vor dem Amtsgericht C. (Az.: xxx sowie xxx).
4. Im Bundeszentralregisterauszug für den Kläger vom 26.07.2012 finden sich neunzehn Einträge u.a. wegen fahrlässigem unerlaubtem Schusswaffenbesitz, gefährlicher Körperverletzung, fahrlässiger Körperver...