Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung. vorzeitige Wartezeiterfüllung. Arbeitsunfall
Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung.
2. Zu den Voraussetzungen einer vorzeitigen Wartezeiterfüllung i.S. d. § 53 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI. Notwendigkeit eines kausalen Zusammenhangs.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 10.05.2018 wird zurückgewiesen.
II. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und in diesem Zusammenhang auch das Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen.
Der 1965 geborene Kläger hat von 1985 bis 1990 Maschinenbau studiert und war anschließend von 1991 bis Oktober 2011 mit Unterbrechungen u.a. als Verkehrsingenieur bzw. in der Elektronikentwicklung tätig. In der Zeit vom 01.06.1998 bis 10.09.2010 sind von ihm keine Versicherungszeiten zurückgelegt worden. Seit 12.10.2011 war der Kläger nach einer Auseinandersetzung mit seinem letzten Arbeitgeber, seinen Angaben nach gab es dabei auch einen tätlichen Angriff durch diesen, arbeitsunfähig erkrankt. Im Anschluss an die Erkrankung war der Kläger arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld I. Vom 01.08.2012 bis 31.05.2015 stand er im Bezug von Leistungen nach dem SGB II. In der Zeit von 20.09.2010 bis zum 22.07.2012 sind für ihn 23 Monate Pflichtbeiträge gespeichert.
Vom 11.09.2012 bis 30.10.2012 befand er sich zu einer Maßnahme der stationären Rehabilitation in Bad K. Die Entlassung erfolgte nach dem Entlassungsbericht vom 31.01.2012 mit einem Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden.
Am 16.12.2014 beantragte der Kläger Rente wegen Erwerbsminderung. Er verwies auf den Vorfall vom 12.10.2011, an dessen Folgen er weiterhin leide. Die Beklagte forderte daraufhin Unterlagen der Berufsgenossenschaft Holz und Metall (im Folgenden BG) an, darunter das für das Sozialgericht Regensburg im Klageverfahren gegen die BG (Az.: S 5 U 108/13) erstellte nervenärztliche Gutachten von D vom 02.08.2013 (Blatt 109) und das im Klageverfahren gegen die AOK Bayern (Az.: S 2 KR 29/12) erstellte neurologische-psychiatrische Gutachten von E vom 04.06.2012. E kam darin nach Untersuchung des Klägers 30.05.2012 zu der Feststellung, dass dieser an einer Persönlichkeitsstörung mit zwanghaft-selbstunsicheren Zügen sowie einer längerdauernden depressiven Anpassungsstörung leide, aber nicht an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Er sei vom 13.10.2011 bis 15.01.2012 nicht in der Lage gewesen, einer vollschichtigen Tätigkeit nachzugehen. Ab dem 16.01.2012 hätten nur noch qualitative Einschränkungen der geistig-psychischen Belastbarkeit bestanden. D stellte zur Frage des Unfallzusammenhangs fest, dass nach dem Ereignis vom 12.10.2011 für die Dauer von maximal einer Woche eine akute Belastungsreaktion eingetreten sei. Eine darüber hinaus andauernde posttraumatische Belastungsstörung bestehe nicht, allerdings eine länger andauernde Anpassungsstörung auf dem Boden der beim Kläger bestehenden ausgeprägten Persönlichkeitsstörung.
Vom 30.06.2014 bis 21.11.2014 befand sich der Kläger zur teilstationären Behandlung im Bezirksklinikum R. Nach dem Entlassungsbericht vom 17.12.2014 wurde der Kläger dort aufgrund einer posttraumatischen Belastungsstörung, einer mittelgradigen depressiven Episode und einer kombinierten und anderen Persönlichkeitsstörung behandelt.
Mit sozialärztlicher Stellungnahme vom 25.07.2016 stellte der Facharzt für Psychotherapie und Psychiatrie Z für die Beklagte die fest, dass ungeachtet der Frage einer posttraumatischen Belastungsstörung eine allgemeine psychische Minderbelastbarkeit offensichtlich sei und das klinische Bild mit einem Leistungsvermögen von unter drei Stunden praktisch deckungsgleich. Dieser Zustand bestehe seit 16.12.2014 bis voraussichtlich 30.06.2019.
Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 11.08.2016 lehnte die Beklagte den Rentenantrag gleichwohl ab. Zwar sei der Kläger jedenfalls seit 16.12.2014 befristet voll erwerbsgemindert. Allerdings seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, weil im danach maßgeblichen 5-Jahreszeitraum vom 16.07.2007 bis 15.12.2014 lediglich 23 Monate an Pflichtbeiträgen statt der erforderlichen 36 Monate gegeben seien. Die Erwerbsminderung sei auch nicht durch einen Arbeitsunfall oder innerhalb von sechs Jahren nach einer Ausbildung eingetreten.
Im dagegen erhobenen Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, sein früherer Arbeitgeber habe in der Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht den Vorwurf der Vorerkrankung nicht mehr aufrechterhalten. Er legte die Niederschrift über die öffentliche Sitzung des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 13.10.2016 vor, in der die Beteiligten sich in der arbeitsgerichtlichen Sache geeinigt habe...