Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Blindenhilfe. Einkommenseinsatz. Landesblindengeld nach dem BlindG BY
Leitsatz (amtlich)
Das Landesblindengeld nach dem Bayerischen Blindengeldgesetz (BayBlindG - juris: BlindG BY) ist bei Gewährung der Blindenhilfe (§ 72 SGB XII) nach § 83 SGB XII als Einkommen zu berücksichtigen. § 72 Abs 1 S 1 SGB XII ist nicht als lex specialis zu § 83 SGB XII anzusehen.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 5. Mai 2015 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitgegenständlich ist die Anrechnung von Landesblindengeld auf die Blindenhilfe nach § 72 SGB Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) im Zeitraum Januar 2013 bis Juni 2014.
Der 1966 geborene Kläger (die Bezeichnung der Beteiligten aus dem erstinstanzlichen Verfahren wird beibehalten) ist blind. Ihm wurden ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen G, Bl, H und RF zuerkannt. Der Kläger erhielt in der Vergangenheit seit 01.04.2004 aufstockende Blindenhilfe, ohne dass hierbei zunächst Einkommen leistungsmindernd berücksichtigt wurde. Erstmals ab 01.03.2006 wurde bei der Errechnung der Blindenhilfe nach dem SGB XII Einkommen (Erwerbsunfähigkeitsrente, Blindengeld und Wohngeld) berücksichtigt.
Der Kläger lebt alleine in einer Mietwohnung in A-Stadt. Die Miethöhe betrug im streitgegenständlichen Zeitraum 345,- Euro. Die Erwerbsunfähigkeitsrente der Deutschen Rentenversicherung Bayern Süd belief sich seit Januar 2013 auf 632,46 Euro und seit Juli 2013 auf 634,04 Euro. Wohngeld wurde für den Zeitraum Februar 2012 bis Januar 2013 in Höhe von 120,- Euro, für den Zeitraum Februar 2013 bis Januar 2014 in Höhe von 112,- Euro sowie ab Februar 2014 in Höhe von 112,- Euro gewährt. Das Landesblindengeld betrug ab Juli 2012 monatlich 534,- Euro und ab Juli 2013 monatlich 535,- Euro.
Mit Bescheid vom 10.07.2012 bewilligte der Beklagte dem Kläger ab 01.07.2012 bis auf weiteres Blindenhilfe nach dem SGB XII in Höhe von 60,26 Euro. Aus dem Berechnungsbogen des Bescheides geht hervor, dass das Blindengeld in Höhe von damals 534,- Euro, Wohngeld in Höhe von 120,- Euro sowie die Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe von 633,16 Euro, insgesamt 1.287,16 Euro, als Einkommen berücksichtigt wurden. Hiervon wurden 3,75 Euro (anteilige Haftpflichtversicherung), 50,- Euro (Kosten für Fahrdienste durch den Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbund) und 55,- Euro (monatliche Belastung wegen Tilgung eines Darlehens) in Abzug gebracht. Vom bereinigten Einkommen in Höhe von 1.178,41 Euro wurden als Einkommensgrenze der Grundbetrag nach § 85 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII in Höhe von 748,- Euro und die Mietzahlung in Höhe von 345,- Euro abgezogen, so dass sich ein die Einkommensgrenze übersteigendes Einkommen in Höhe von 85,41 Euro ergab. Hiervon wurden 40 Prozent als zuzumutendes einzusetzendes Einkommen in Abzug gebracht, so dass daraus eine zu leistende Blindenhilfe in Höhe von 60,26 Euro resultierte.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 25.07.2013 hob der Beklagte den Bescheid vom 10.07.2012 für die Zeit ab Januar 2013 auf und bewilligte für Januar 2013 66,94 Euro, für Februar bis Juni 2013 monatlich 70,14 Euro und (auf den Antrag des Klägers vom 17.06.2013) ab Juli 2013 bis auf weiteres 69,67 Euro monatlich als Blindenhilfe. Dabei wurden ab Januar 2013 eine Erwerbsunfähigkeitsrente von 632,46 Euro und ein höherer Grundbetrag bei der Ermittlung der Einkommensgrenze nach § 85 SGB XII von 764,- Euro, ab Februar 2013 ein niedrigeres Wohngeld von 112,- Euro und ab Juli 2013 eine höhere Erwerbsunfähigkeitsrente von 634,04 Euro berücksichtigt.
Hiergegen erhob der Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 12.08.2013 Widerspruch und führte zur Begründung aus, das Landesblindengeld dürfe nicht nach § 83 Abs. 1 SGB XII als Einkommen angerechnet werden, da bei der Blindenhilfe § 72 SGB XII als Spezialvorschrift anzuwenden sei. Die ergänzende Blindenhilfe in Bayern betrage maximal den Differenzbetrag zwischen Blindenhilfe und Blindengeld. Mit dieser unmittelbaren Anrechnung des Landesblindengeldes habe bereits eine Verwertung dieser Leistung stattgefunden. Die kumulative Anwendung der Anrechnungsregeln des § 83 SGB XII und des § 72 SGB XII sei in diesen Regelungen nicht beabsichtigt. Diese Auffassung sei durch ein Urteil des SG Landshut vom 02.02.2011 (S 10 SO 36/09) bestätigt worden. Auch das LSG Baden-Württemberg habe in einem Urteil vom 21.09.2006 (L 7 SO 5514/05) im Leitsatz ausgeführt: "Die Bundesblindenhilfe ist aufstockend zu gewähren, soweit die Höhe der Landesblindenhilfe die Beträge des § 72 Abs. 2 SGB XII nicht erreicht. Weitergehende Anrechnungen zwischen den Leistungsarten sind ausgeschlossen."
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.09.2013 wies die Regierung von Oberbayern den Widerspruch gegen den Bescheid vom 25.07.2013 zurück.
Mit der am 08.10.2013 beim Sozialgericht Lan...