Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten. Leistungsablehnung. Zahlungsanspruch des Leistungserbringers gegen den Sozialhilfeträger. Leistungs- und Vergütungsvereinbarung. öffentlich-rechtlicher Vertrag. Anwendung von Vorschriften des BGB. Schadensersatz wegen Pflichtverletzung. Verletzung vertraglicher Nebenpflichten
Leitsatz (amtlich)
1. Kein Zahlungsanspruch des Leistungserbringers gegen den Sozialhilfeträger im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis ohne Leistungsbewilligung im Grundverhältnis.
2. Mangels schuldrechtsähnlicher Leistungsbeziehung zwischen Sozialhilfeträger und Leistungserbringer kommt eine entsprechende Anwendung der Vorschriften des Leistungsstörungsrechts des BGB auf Vereinbarungen nach §§ 75 ff SGB XII nicht in Betracht.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 10. März 2022 wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist der Ersatz von Kosten in Höhe von 17.670,56 €, die für die Betreuung des L (im Folgenden L) in der Zeit vom 26.11.2018 bis zum 02.04.2019 in einer Einrichtung des Klägers entstanden sind.
Der Kläger betreibt die stationäre Einrichtung A Haus (AH) in A zur Versorgung von Menschen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten. Hierfür schlossen die Beteiligten neben einer Vergütungsvereinbarung die Leistungsvereinbarung vom 27.08.2014 zur Festlegung von Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen nach §§ 75 ff des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB XII). Die Geltung der Leistungsvereinbarung wurde - bei jeweils gleichzeitiger Anpassung der Vergütungsvereinbarung - für den hier streitigen Zeitraum mit Vereinbarungen vom 30.11.2017 und 25.01.2019 verlängert. Im Rahmen der inhaltlichen Angaben wurde u.a. die Zielgruppe festgelegt. Im Unterpunkt Aufnahmekriterien und -voraussetzungen werden folgende Punkte aufgezählt:
- Zugehörigkeit zum Personenkreis nach § 67 SGB XII,
- Persönliches Vorstellungsgespräch mit Hausführung,
- Sozialpädagogische Abklärung der Notwendigkeit einer stationären Aufnahme bzw. Abklärung der Kostenträgerschaft gemäß Bayreuther Vereinbarung,
- Die Aufnahme setzt die Anwendung des gültigen Hilfeplanverfahrens für die Wohnungslosenhilfe des Bezirks Oberbayern voraus,
- Möglichst unmittelbare Aufnahme bei positiver Entscheidung,
- Klärung möglicher Ansprüche,
- Medizinische Erstuntersuchung,
- Erhebung der Erst-Anamnese und
- Erkennbare Bereitschaft zur Suchtmittelfreiheit innerhalb der Einrichtung.
Der Kläger zeigte dem Beklagten am 26.11.2018 die Aufnahme des 1967 geborenen L, einem kroatischen Staatsangehörigen, an. Am 06.12.2018 wurde ein förmlicher Antrag auf Leistungen nach §§ 67 f. SGB XII nachgereicht. L war ab dem 26.11.2018 vom Kläger in einem Einzelzimmer in einer Wohngruppe mit Vollverpflegung, Wäscheversorgung, sozialer und psychologischer Beratung und tagesstrukturierenden Maßnahmen im arbeitstherapeutischen Bereich untergebracht. Am 19.12.2018 fragte der Kläger beim Beklagten per E-Mail an, ob die Unterlagen vollständig seien. Am 09.01.2019 wurden ein Hilfeplan und Unterlagen zur Krankenversicherung vorgelegt. Mit weiteren E-Mails vom 16.01.2019, 12.02.2019 und 27.02.2019 fragte der Kläger wiederholt beim Beklagten nach, wann mit der Kostenübernahme für L zu rechnen sei. Am 07.03.2019 bat der Beklagte den Kläger um Übersendung eines Nachweises über den aktuellen aufenthaltsrechtlichen Status des L. Mit Schreiben vom selben Tag erkundigte sich der Beklagte bei der Ausländerbehörde nach dem aufenthaltsrechtlichen Status. Daraufhin versuchte die Ausländerbehörde bei L Auskünfte zu seiner Erwerbsbiografie zu erhalten. Mit E-Mail vom 12.03.2019 wies der Kläger darauf hin, dass L als Kroate Freizügigkeit innerhalb der EU genieße und daher keinen Aufenthaltstitel oder ähnliches benötige. Am 09.04.2019 zeigte der Kläger dem Beklagten an, dass L am 03.04.2019 eine Arbeit als Hausmeister aufgenommen hatte. Mit einem an den Kläger gerichteten Schreiben vom 02.05.2019 legte der Beklagte dar, dass für die Zeit bis zur Arbeitsaufnahme am 03.04.2019 ein fehlendes Aufenthaltsrecht einer Leistungsbewilligung wahrscheinlich entgegen stehe.
Mit Bescheid vom 24.05.2019 bewilligte der Beklagte für L Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten in der Einrichtung AH für die Zeit ab 03.04.2019. Mit Schreiben vom selben Tag wandte sich der Beklagte nochmals an die Ausländerbehörde. Nachdem von dort keine Antwort erfolgte, lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 13.09.2019 die Gewährung von Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten für die Zeit von 26.11.2018 bis 02.04.2019 gegenüber L ab. Zwar seien die Voraussetzungen für die Hilfegewährung grundsätzlich erfüllt. Es bestehe jedoch ein Leistungsausschluss nach § 23 SGB XII. Dieser Bescheid wurde von L nicht angefochten. Der Kläger teilte dem Beklagten j...