Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. keine Entbindung von vertragsärztlichen Pflichten bei schwierigen privaten Lebensumständen. Beantragung von vollständigem oder hälftigem Ruhen. maßgeblicher Entscheidungszeitpunkt
Leitsatz (amtlich)
1. Schwierige private Lebensumstände können Vertragsärzte nicht von der Erfüllung ihrer vertragsärztlichen Pflichten entbinden.
2. Ist ein Vertragsarzt aus persönlichen Gründen nicht (mehr) in der Lage, seinen vertragsärztlichen Pflichten (im vollen Umfang) nachzukommen, ist er grundsätzlich gehalten, das vollständige oder hälftige Ruhen der Zulassung zu beantragen.
Orientierungssatz
Bei Zulassungsentziehungen ist der maßgebliche Entscheidungszeitpunkt der des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens, das heißt der Entscheidung des Berufungsausschusses (vgl BSG vom 17.10.2012 - B 6 KA 49/11 R = BSGE 112, 90 = SozR 4-2500 § 95 Nr 26).
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 12.06.2013 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2) und 6).
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Entziehung der Zulassung der Klägerin.
Die Klägerin ist praktische Ärztin und nimmt an der vertragsärztlichen Versorgung in A-Stadt teil.
Mit Schreiben vom 27.03.2009 wies die Beigeladene zu 1, die KVB, die Klägerin auf die Regelung des § 95 d SGB V hin, dass sie erstmals bis 30.06.2009 nachweisen müsse, dass sie im Zeitraum der letzten fünf Jahre 250 Fortbildungspunkte erworben habe. Da dieser Termin immer näher rückte, werde sie an die rechtzeitige Nachweisführung erinnert. Neben technischen Hinweisen enthält dieses Schreiben auch den Hinweis darauf, dass diejenigen, die den Nachweis der sozialrechtlich geforderten fachlichen Fortbildung nicht rechtzeitig erbringen könnten, diese Fortbildung innerhalb von zwei Jahren nachholen müssten. Das Honorar werde bis zum Ablauf des Quartals, in denen die 250 Punkte erreicht seien, für vier Quartale um 10 %, ab dem fünften Quartal um 25 % gekürzt. Seien dann immer noch nicht ausreichend Fortbildungspunkte gesammelt, drohten Sanktionen bis hin zum Entzug der Zulassung. Mit Schreiben vom 10.06.2009 erinnerte die Beigeladene zu 1 die Klägerin nochmals daran, dass der Nachweis über 250 Fortbildungspunkte
bis zum 30.06.2009 zu erbringen sei. Mit Schreiben vom 24.06.2009 erinnerte die Beigeladene zu 1 die Klägerin erneut.
Die Beigeladene zu 1 wies mit Schreiben vom 02.03.2011 darauf hin, dass die Klägerin bis zum 30.06.2009 verpflichtet gewesen wäre, die Fortbildungsnachweise zu erbringen. Da bisher kein Nachweis eingegangen sei, sei sie verpflichtet gewesen, ab dem Quartal 3/2009 Kürzungen von 10 % vorzunehmen, ab dem Quartal 3/2010 von 25 %. Werde der Nachweis nicht spätestens zwei Jahre nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums erbracht, solle die Beigeladene zu 1 unverzüglich gegenüber dem Zulassungsausschuss einen Antrag auf Entziehung der Zulassung stellen. Die Beigeladene zu 1 bitte deshalb, den Fortbildungsnachweis bis 30.06.2011 zu führen. Am 26.09.2011 teilte die Beigeladene zu 1 der Klägerin mit, dass für den ersten Fortbildungszeitraum vom 30.06.2004 bis 30.06.2009 kein Fortbildungsnachweis vorliege. Nach der Vorgabe des Gesetzgebers solle die Beigeladene zu 1 unverzüglich gegenüber dem Zulassungsausschuss einen Antrag auf Entziehung der Zulassung stellen, wenn der Fortbildungsnachweis nicht spätestens zwei Jahre nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums erbracht werde. Dies bedeute, dass die Nichterfüllung der gesetzlichen Fortbildungspflicht grundsätzlich eine gröbliche Pflichtverletzung darstelle, so dass die kassenärztliche Vereinigung zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung die Zulassungsentziehung beantragen müsse. Nachdem die Entziehung der Zulassung weitreichende Folgen für die Klägerin habe, werde sie gebeten, im Rahmen der Antragsprüfung eine kurze schriftliche Stellungnahme abzugeben, ob besondere Gründe vorlägen, aus denen die Klägerin an der Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen sowie der Nachweisführung gehindert gewesen sei. Sollte sie an einigen Fortbildungsmaßnahmen teilgenommen haben, wäre es hilfreich, den Punktestand des Fortbildungspunktekontos mitzuteilen. Dies sei im Interesse der Klägerin, da in besonderen Ausnahmefällen von einer Antragstellung abgesehen werden könne. Die Klägerin erhielt eine Frist bis 10.10.2011 zur Stellungnahme.
Mit Schreiben vom 23.04.2012 beantragte die Beigeladene zu 1 die Entziehung der Zulassung. Die Klägerin habe weder im Fünfjahreszeitraum bis 30.06.2009 noch dem sich anschließenden Zeitraum von zwei Jahren bis 30.06.2011 einen Fortbildungsnachweis erbracht. Gründe habe sie trotz Aufforderung mit Schreiben vom 26.09.2011 nicht angegeben. Besondere Umstände, die darauf schließen ließen, dass sich die Klägerin in anderer Weise regelmäßig fortgebildet hab...