Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Hinweispflicht des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 115 Abs 6 SGB 6 hinsichtlich der Antragstellung zum Erhalt einer Waisenrente bei einer volljährigen Waise aufgrund der Stellung eines Witwenrentenantrages durch die Mutter der Waise. entsprechende Anwendung der Ausschlussfrist des § 44 Abs 4 SGB 10
Leitsatz (amtlich)
1. Die Behörde (Rentenversicherungsträger) verletzt nicht die Hinweispflicht nach § 115 Abs 6 SGB VI, wenn sie ohne konkrete Veranlassung - nur aufgrund der Stellung eines Antrags der Witwe auf Hinterbliebenenrente - die volljährige Waise nicht auf die Erforderlichkeit der Antragsstellung zum Erhalt der Waisenrente hinweist.
2. Die Ausschlussfrist des § 44 Abs 4 SGB X gilt bei Erstbestimmung entsprechend, wenn die Behörde ihre Hinweispflicht nach § 115 Abs 6 SGB VI verletzt hat.
Orientierungssatz
Zum Leitsatz 2 vgl BSG vom 27.3.2007 - B 13 R 58/06 R = BSGE 98, 162 = SozR 4-1300 § 44 Nr 9.
Tenor
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 17. März 2010 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die einmalige Abgeltung des Anspruches des Klägers auf Halbwaisenrente aus der Versicherung seines verstorbenen Vaters.
Der 1967 geborene Kläger ist der Sohn des 1932 in Jugoslawien geborenen und 1987 verstorbenen Versicherten A.. Der Verstorbene hatte im Zeitraum von November 1962 bis zum Eintritt seiner Erwerbsunfähigkeit am 22.07.1985 insgesamt 259 in der Rentenversicherung anrechnungsfähige Versicherungsmonate zurückgelegt, aus denen ihm die Beklagte mit Bescheid vom 25.05.1987 ab August 1986 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) geleistet hatte. Zu dem zugleich aufgrund Ausbildung des Klägers beantragten Kinderzuschuss ist dagegen kein Verwaltungsakt ergangen. Nach dem Tode des Versicherten ist seiner Witwe auf Antrag vom 05.01.1988 mit Bescheid vom 08.09.1988 ab 01.11.1987 Witwenrente zuerkannt worden.
Am 12.08.2008 ist bei der Beklagten ein vom Kläger unterzeichnetes Schreiben eingegangen, mit dem er aufgrund der Versicherung seines Vaters Leistungen "wegen Körperbeschädigung mindestens bis zur Vollendung der Schulausbildung" beanspruchte.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 27.08.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.11.2008 lehnte die Beklagte den Antrag "vom 12.08.2008 auf Gewährung von Waisenrente" mit der Begründung ab, Anspruch auf Waisenrente bestehe längstens bis zum 27. Lebensjahr. Aufgrund des nun erstmals gestellten Antrages scheide eine Rentengewährung vor dem 01.08.2007 von vornherein aus, da Hinterbliebenenrente gemäß § 99 Abs. 2 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch - SGB VI - nicht für mehr als 12 Kalendermonate vor dem Monat, in dem die Rente beantragt werde, zu leisten sei. Am 01.08.2007 habe der Kläger die gesetzliche Altersgrenze jedoch bereits - wesentlich - überschritten.
Die hiergegen am 13.01.2009 zum Sozialgericht Landshut erhobene Klage begründete der Kläger damit, dass er keine Waisenrente, sondern eine Leistung wegen Körperbeschädigung (Verletzung des rechten Ellenbogens als Kind) begehre. Dieser Anspruch könne nicht verjähren, da die Beschwerden auch aktuell noch fortbestehen würden.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 17.03.2010 im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, einen eigenen Anspruch könne der Kläger gegen die Beklagte nicht herleiten, da er selbst keine Beiträge zur Deutschen Rentenversicherung entrichtet habe. Ein Waisenrentenanspruch scheide aus, da er bereits 1994 das 27. Lebensjahr vollendet habe. Der Gerichtsbescheid ist dem Kläger am 01.04.2010 zugestellt worden.
Die am 06.05.2010 eingelegte Berufung begründete der Kläger sinngemäß damit, dass er zur rechtzeitigen Antragstellung zu jung gewesen sei und seine Mutter nicht beraten worden sei. Mit weiterem Schreiben vom 12.08.2010 hat der Kläger erklärt, er habe "Antrag auf Einmalzahlung wegen der körperlichen Beschädigung nach dem Unglück mit drei Lebensjahren gestellt und keine Waisenrente und kein Kindergeld beansprucht". Aufgrund seiner Behinderung habe er nicht mit anderen Kindern normal leben, keinen Sport betreiben und auch den Militärdienst nicht ableisten können.
Der Senat hat mit Beschluss vom 20.04.2011die Berufung dem Berichterstatter übertragen. Die Sach- und Rechtslage ist im Erörterungstermin vom 24.05.2011sowie in der mündlichen Verhandlung umfassend erörtert worden. Die Beklagte hat hierbei eine Entscheidung über den zugleich mit der EU-Rente am 21.08.1986 beantragten Kinderzuschuss zugesichert.
Der Kläger macht geltend, er habe aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ein Recht auf Abgeltung seines Anspruches auf Halbwaisenrente.
Der Kläger beantragt,
ihn - als Rechtsfolge eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs - so zu stellen, als sei der Antrag auf Halbwaisenrente zeitnah zum Tode des Versicherten gestellt worden und ihm eine Abgeltung dieses A...