Entscheidungsstichwort (Thema)
Merchandiser. Beschäftigung. Selbstständige Tätigkeit. Arbeitszeit. Ersatzkraft. Verbrauchermarkt. Konkurrenzverbot. Entgelt
Leitsatz (redaktionell)
Verbleibt einem sog. Merchandiser bei der Gestaltung seiner Arbeit ein erheblicher Freiraum hinsichtlich Arbeitszeit und Verteilung der Ware, liegt keine abhängige Beschäftigung vor sondern eine selbstständige Tätigkeit.
Normenkette
SGB IV § 7 Abs. 1, § 7a
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 14. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Beklagte Tätigkeiten des Klägers als Merchandiser für die beigeladenen Handelsunternehmen zutreffend als abhängige Beschäftigung qualifiziert hat.
Der 1944 geborene Kläger war seit 1987 als "selbständiger Firmenbetreuer" tätig und betreibt gemäß Meldebescheinigung der Gemeinde B-Stadt vom 16.08.1994 eine Handelsvertretung sowie ein Gewerbe als Merchandiser. Am 29.07.2000 beantragte er bei der Beklagten, seinen Status als Selbständiger in der Tätigkeit "Firmenbetreuer" festzustellen. Er gab dazu an, für namhafte Hersteller wie N., S. sowie F. u.a. gelieferte Ware in Verbrauchermärkten in Regale einzuräumen und Ware nachzubestellen. Er könne frei über die Aufträge verfügen und auch ablehnen, sollten sie seinen Vorstellungen widersprechen. Nach Anhörung stellte die Beklagte mit Bescheid vom 26.09.2002/Widerspruchsbescheid vom 31.07.2003 fest, dass der Kläger für die Beigeladenen zu 4-9 (beigeladene Handelsunternehmen) im Regalservice in abhängigen Beschäftigungsverhältnissen tätig ist. Nach Annahme eines Auftrags sei er in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers eingegliedert, Einsatzort und Einsatzzeit seien weitgehend vorbestimmt, so dass ihm nur geringe, unmaßgebliche Gestaltungsfreiheiten verblieben. Es fehle am Einsatz eigenen Kapitals, so dass ein Unternehmerrisiko nicht erkennbar sei. Im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles träten deshalb die ebenfalls vorhandenen Elemente selbständiger Tätigkeit in den Hintergrund wie Bezahlung auf Provisionsbasis, also nach dem Erfolg der Arbeit, fehlende Garantie der Auftragsvergabe sowie fehlende Entgeltzahlung im Urlaubs- und Krankheitsfalle.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Landshut (SG) erhoben mit dem Antrag, die Entscheidung der Beklagten aufzuheben und seine Tätigkeit für die beigeladenen Handelsunternehmen als nicht versicherungspflichtig einzustufen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, er sei frei, Aufträge der beigeladenen Handelsunternehmen anzunehmen oder nicht und im Falle der Auftragsannahme in der Ausgestaltung der Tätigkeit zeitlich ungebunden und keinerlei Kontrolle oder Weisung vor Ort unterworfen. Er setze seine Arbeitskraft mit dem Risiko des vergeblichen Einsatzes ein, denn er werde auf Provisionsbasis bezahlt. Könne er einen angenommenen Auftrag wegen Verhinderung nicht persönlich ausführen, müsse er für eine Ersatzkraft sorgen. Über die frei ausgehandelten Provisionen hinaus erhalte er keine weitere Vergütung wie Auslagenersatz, Spesen oder Dienstwagen wie bei Außendienstmitarbeitern üblich. Dem haben sich die beigeladenen Handelsunternehmen im Wesentlichen angeschlossen. Die Beklagte hat unter Hinweis auf ergangene Rechtsprechung und gemeinsame Verlautbarungen der Sozialversicherungsträger demgegenüber geltend gemacht, der Kläger sei in der jeweiligen Tätigkeit in die Abläufe der beigeladenen Handelsunternehmen oder der Verbrauchermärkte so eingebunden, dass ihm wesentliche Entscheidungs- und Handlungsfreiheiten nicht verblieben.
Mit Gerichtsbescheid vom 14.12.2006 hat das SG die Entscheidung der Beklagten aufgehoben und die Tätigkeit des Klägers bei den beigeladenen Firmen als selbständig festgestellt. In einer Gesamtabwägung überwogen die Merkmale selbständiger Tätigkeit. Er könne selbst entscheiden, wann er seine Arbeitsleistung erbringe, bei der Leistungserbringung selbst verblieben ihm noch ausreichende Spielräume freier Gestaltung vor allem der Arbeitszeit. Er unterliege keine Überwachung durch die Märkte oder durch die beigeladenen Handelsunternehmen und sei nicht zur höchstpersönlichen Arbeitsleistung verpflichtet, was u.a. für den Verhinderungsfall gelte. Bei Einsatz seiner Arbeitskraft trage er das Vergütungsrisiko, er werde nur auf Provisionsbasis bezahlt.
Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt mit der Begründung, der Kläger sei für die beigeladenen Handelsunternehmen im Bereich "Merchandising und Regalservice" als Regalauffüller tätig geworden. Er müsse also in vorgegebener Zeit an vorgegebenem Ort vorgegebene Ware an vorgegebene Stellen in Warenregale einsortieren, so dass eine eigenständige Tätigkeit nicht erkennbar sei. Es liege vielmehr nach outsourcing immer noch eine Beschäftigung untergeordneter Art vor. Die Bezahlung auf Provisionsbasis begründe kein Unternehmer...