Entscheidungsstichwort (Thema)
gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit. arbeitstechnische Voraussetzung. haftungsbegründende Kausalität. schädigende Einwirkung. Mindestexpositionszeit. keine Voraussetzung nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Merkblatt des BMAS. Lunatum-Malazie. Straßenbauer und Pflasterer
Orientierungssatz
Zur Anerkennung einer Lunatum-Malazie IV. Grades (Mondbeinnekrose) eines Straßenbauers und Pflasterers, der berufsbedingt über 12 Jahre regelmäßig ca ein bis zwei Stunden täglich mit Pressluftgeräten und Rüttelplatten arbeiten musste, als Berufskrankheit gem BKV Anl Nr 2103.
Nachgehend
Tenor
I. |
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Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 25.04.2005 und der Bescheid der Beklagten vom 21.10.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2001 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, eine Berufskrankheit nach Nr 2103 BKV anzuerkennen und dem Kläger eine Rente nach einer MdE von 20 vH nach den gesetzlichen Vorschriften zu gewähren. |
II. |
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Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers beider Instanzen. |
III. |
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Die Revision wird zugelassen. |
Tatbestand
Streitig ist die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr 2103 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV).
Der 1967 geborene Kläger ist gelernter Straßenbauer. Er arbeitete in diesem Beruf bis Ende 1996 (1983 bis Juni 1992 bei der Nordbayerischen Baugesellschaft und danach bis Ende 1996 bei der Baufirma P). Anschließend übte er in der Zeit vom 24.03.1997 bis Ende 1997 die Tätigkeit eines Pflasterers bei dem Garten- und Landschaftsbauunternehmen W aus; ab dem 08.12.1997 bestand Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer rechtsseitigen Lunatum-Malazie (Mondbeinnekrose) IV. Grades. In der Folgezeit war der Kläger nach Absolvierung einer Weiterbildungsmaßnahme als Straßenbauer/Werkspolier und Baumaschinenführer beschäftigt.
Am 09.02.1998 erstattete der Chirurg Dr. B eine Anzeige über eine Berufskrankheit. Er führte die beim Kläger festgestellte Lunatum-Malazie auf dessen Tätigkeit als Straßenbauer und das regelmäßige Arbeiten mit Pressluftgeräten und Rüttelplatten zurück. Die Beklagte leitete ein Feststellungsverfahren hinsichtlich der BK Nr 2103 ein. Die Firma W teilte der Beklagten mit, dass der Kläger Arbeiten mit Pressluftschlagwerkzeugen (Elektrobohrhammer, Stampfer und Rüttelplatte) ausgeführt habe. Der zeitliche Umfang der Arbeiten mit Rückstoßerschütterungen habe etwa zwei Stunden täglich betragen.
Die Beklagte holte eine Stellungnahme ihres Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) vom 19.06.1998 ein, derzufolge der überwiegende Teil der Arbeit des Klägers auf Wegebauarbeiten entfiel, die vom Tätigkeitsprofil entsprechend der Aufgabenstellung und der verwendeten Maschinen nahezu identisch mit denen eines Straßenbauers im Tiefbau gewesen seien. Durchschnittlich habe der Kläger ein bis zwei Stunden täglich Verdichtungsgeräte bedient. Es seien Vibrationsstampfer sowie Vibrationsplatten eingesetzt worden. Für die Anerkennung der BK werde eine mindestens 2-jährige regelmäßige Arbeit mit Druckluftwerkzeugen gefordert. Diese Voraussetzung sei im Mitgliedsbetrieb der Beklagten (Firma W) allein nicht gegeben, aber unter Einbezug der vorherigen Beschäftigungen als Straßenbauer erfüllt.
Die Gewerbeärztin Dr. S kam in der Stellungnahme vom 19.11.1998 zum Schluss, dass sowohl die arbeitstechnischen Voraussetzungen für das Auftreten der BK Nr 2103 als auch die medizinischen Voraussetzungen hierfür erfüllt seien. Der Nachweis von Zysten im Röntgenbild als Zeichen für eine anlagebedingte Erkrankung könne ausgeschlossen werden. Sowohl das Tätigkeitsprofil als auch die Dauer der Tätigkeit würden das Auftreten der Lunatum-Malazie durchaus wahrscheinlich machen, so dass der ursächliche Zusammenhang zu bestätigen sei.
Der TAD der Tiefbau-Berufsgenossenschaft (-BG) berichte unter dem 27.11.1999 für das Mitgliedsunternehmen Nordbayerische Baugesellschaft, dass der Kläger etwa eine Stunde in der Woche mit einem druckluftbetriebenen Abbruchhammer gearbeitet habe, also im Beschäftigungszeitraum 1984 bis 1992 0,2 Stunden täglich durch Arbeiten mit Pressluftwerkzeugen schwingungsexponiert gewesen sei. Diese sehr kurze tägliche Expositionsdauer könne nach allen Erfahrungen nicht als gefährdend angesehen werden. Die Berechnung der Gesamtzeit der Arbeiten mit dem Presslufthammer in den zwölf Jahren ergebe eine Gesamtdauer von 528 Stunden (0,2 Std. x 220 Arbeitstage x 12 Jahre). Eine Gefährdung liege aber erst bei mindestens 2.500 Arbeitsstunden mit Pressluftwerkzeugen innerhalb von zwei Jahren vor.
Die Beklagte holte ein Gutachten der Orthopäden Dres. B und T vom 08.02.1999/12.05.1999 ein. Zwar liege beim Kläger eine anerkennungsfähige BK nach Nr 2103 vor. Allerdings habe die Expositionsdauer der belastenden Tätigkeiten nur 528 Stunden betragen, so dass die Gesamtbelastungsdosis nicht erreicht werde und daher eine kausale Verknüpfung zwischen B...