Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit. medizinische Voraussetzung. haftungsbegründende Kausalität. BKV Anl Nr 2301. Arbeiten in der Heizungs- und Sanitärinstallation. beidseitige Radiokarpalarthrose mit nachfolgender Arthrodese beider Handgelenke. Merkblatt des Ärztlichen Sachverständigenbeirats. geeignetes Erkenntnismittel. aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisstand
Orientierungssatz
1. Die Berufskrankheit gem BKV Anl Nr 2103 ist vom Verordnungsgeber nur durch die schädigende Einwirkung definiert worden und nicht durch ein bestimmtes Krankheitsbild. In diesen Fällen einer sogenannten "offenen Berufskrankheit" ist Voraussetzung für die Anerkennung einer Erkrankung als Berufskrankheit, dass die schädigende Einwirkung generell geeignet ist, das betreffende Krankheitsbild zum Entstehen zu bringen oder zu verschlimmern (vgl BSG vom 27.6.2000 - B 2 U 29/99 R = HVBG-INFO 2000, 2811 ).
2. Arthrotische Veränderungen beider Radiokarpalgelenke, die zu einer beidseitigen Arthrodese geführt haben, gehören zu den Erkrankungen, die generell als Berufskrankheit gem BKV Anl Nr 2103 entschädigt werden können.
3. Die von dem beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales gebildeten Sachverständigenbeirat, Sektion Berufskrankheiten, herausgegebenen Merkblätter sind ein geeignetes Erkenntnismittel im Berufskrankheiten-Feststellungsverfahren, sofern sie zeitnah erstellt oder aktualisiert worden sind und sich auf dem neuesten Stand befinden (vgl BSG vom 27.6.2006 - B 2 U 20/04 R = SozR 4-2700 § 9 Nr 7).
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 06. Juni 2006 geändert. Es wird festgestellt, dass die arthrotischen Veränderungen beider Radiokarpalgelenke des Klägers und der Zustand nach beidseitiger Arthrodese Folge einer Berufskrankheit nach Nr. 2103 der Anlage zur BKV sind. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Rechtsstreit wird um die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2103 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) - Erkrankungen durch Erschütterung bei der Arbeit mit Druckluftwerkzeugen oder gleichartig wirkenden Werkzeugen oder Maschinen (BK 2103) - geführt.
Der 1950 geborene Kläger war seit 1964 unterbrochen durch den Wehrdienst als Heizungsmonteur tätig. Seit dem 17.02.1975 war er bei der Firma E in I beschäftigt und verrichtete dort Arbeiten in der Heizungs- und Sanitärinstallation sowie bei der Sanierung von Kaminen und Bädern. Dabei fielen Bohr- und Stemmarbeiten an, die laut Auskunft der Arbeitgeberin mit Bosch-Hämmern und Hilti-Bohrhämmern ausgeführt wurden.
Am 31.05.2000 schlug bei der Arbeit eine Bohrmaschine um und prallte gegen die rechte Hand des Klägers. Er suchte am 05.06.2000 die Ärztin für Chirurgie Dr. W aus I wegen Schmerzen im rechten Handgelenk auf. Vom 07.09.2000 - 11.09.2000 wurde er in der Klinik für Unfall- und Handchirurgie des Universitätsklinikums in N (Chefarzt Prof. Dr. C) stationär wegen einer ausgeprägten radiokarpalen Arthrose des rechten Handgelenks behandelt. Am 08.09.2000 wurde eine Arthrodese des rechten Handgelenks durchgeführt. Prof. Dr. C teilte der Beklagten mit Befund- und Behandlungsbericht vom 02.02.2001 mit, der Kläger leide an einem ausgeprägten Verschleiß seines rechten Handgelenks, der durch seine berufliche Exposition zu erklären sei; er arbeite sei 37 Jahren im Betonbau, vorwiegend mit schweren, zum Teil pneumatischen Schlaghämmern; diese würden mit der linken Hand geführt, die rechte fange den Rückschlag auf und diene als Widerlager. Hier sei es im Verlauf der Zeit zu unzähligen Mikrotraumen gekommen, welche geeignet seien, schwerste Gelenkzerstörungen hervorzurufen. In einem von der Beklagten eingeholten Gutachten vom 20.05.2001 kam Prof. Dr. C zu dem Ergebnis, beim Kläger bestehe beiderseits eine Radiokarpalarthrose, die nicht als schicksalhafte Gesundheitsstörung, sondern als "Berufserkrankung im engeren Sinne" anzusehen sei. Das Ereignis am 31.05.2000 habe wahrscheinlich nicht wesentlich zur Verschlimmerung des Leidens beigetragen. Am 03.08.2001 wurde im Universitätsklinikum N auch eine Arthrodese des linken Handgelenks durchgeführt. Die Beklagte holte eine Stellungnahme ihres Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) vom 30.05.2001 ein, derzufolge unter Berücksichtigung der üblichen Tätigkeiten im Heizungs- und Sanitärgewerbe eine Gesamtbelastungsdosis erreicht worden sei, die den nach wissenschaftlichen und epidemiologischen Erkenntnissen ein erhöhtes Erkrankungsrisiko anzeigenden Grenzwert von 2,17 x 106 deutlich unterschreite. In einer weiteren Stellungnahme vom 06.03.2002 kam der TAD nach persönlicher Befragung des Klägers zu dem Ergebnis, die Gesamtbelastungsdosis betrage 1,31 x 106 und liege immer noch unter dem Richtwert.
Des weiteren holte die Beklagte ein Gutachten von Prof. Dr. N, dem Chefarzt der chirurgischen Klinik der berufsgenossenschaftlichen Krankenanstalten "C" in C, vom 06...