Entscheidungsstichwort (Thema)
Landwirtschaftliche Unfallversicherung. Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 2108. haftungsbegründende Kausalität. wesentliche Teilursache. monosegmentaler Befund ohne Begleitspondylose. Konsensempfehlung. Konstellation B 2. Nichtvorliegen der Zusatzkriterien
Orientierungssatz
1. Zur Nichtanerkennung einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule (hier: monosegmentaler Befund ohne Begleitspondylose im Segment L5/S1) einer Beschäftigten im Garten- und Landschaftsbau als Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 2108 mangels Vorliegens der haftungsbegründenden Kausalität.
2. Bei einer Belastung von 8,42 MNh in einem Zeitraum von 10 Jahren handelt es sich nicht um eine besonders intensive Belastung im Sinne der Konsensempfehlungen - Konstellation B 2, denn diese sind vom Wortlaut her eindeutig und lassen es nicht zu, einen halbierten Bezugswert statt dem in den Konsensempfehlungen bezeichneten Bezugswert von 17 MNh für Frauen zu Grunde zu legen.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 19.06.2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung einer Berufskrankheit nach der Nummer 2108 der Anlage I zu Berufskrankheitenverordnung (BKV - im Weiteren BK 2108) streitig.
Am 08.09.2003 beantragte die Klägerin bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten die Anerkennung einer BK 2108. Die 1947 geborene Klägerin war seit 01.08.1986 als Beschäftigte der Firma Garten- und Landschaftsbau A. GmbH tätig, wobei sie insbesondere bei Anpflanzungen im Autobahnbau Bäume und Solitärsträucher mit Ballen mit einem Gewicht von 20 bis 50 kg, manchmal 70 kg, bewegen musste. Nach ihren eigenen Angaben sind Rückenbeschwerden bei ihr erstmalig vor 25 Jahren (Angaben vom 12.12.2003) aufgetreten. Sie habe ihre Tätigkeit wegen der Rückenbeschwerden im Sommer 2002 aufgeben müssen.
Die Beklagte holte Befundberichte der behandelnden Ärzte und eine Stellungnahme des Beratungsarztes Dr. S. vom 14.07.2004 ein, der ausführte, er könne die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK aufgrund des Akteninhalts nicht beurteilen. Es liege jedoch offenkundig nach dem klinischen Befundbild eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Wirbelsäule nicht vor. Es fehle eine Begleitspondylose der oberen Lendenwirbelsäule.
Mit Bescheid vom 07.09.2004 stellte die Beklagte fest, dass bei der Klägerin keine BK 2108 und keine Ansprüche auf Leistungen bestünden.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.12.2004 zurückwies.
Hiergegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben. Das SG hat Befundberichte der behandelnden Ärzte und ärztliche Befunde aus den Akten des Versorgungsamts, insbesondere ein Gutachten des MDK vom 14.01.2004 und einen Reha-Entlassungsbericht vom 24.03.2004 beigezogen und gemäß § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten des Chirurgen Dr. S. vom 24.06.2005 eingeholt, der das Vorliegen einer BK 2108 verneinte.
Auf Antrag der Klägerin hat das SG gemäß § 109 SGG ein Gutachten des Orthopäden S. vom 02.02.2006 eingeholt. Ausgehend von identischen Befunden hat er eine BK 2108 befürwortet und eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 vom Hundert vorgeschlagen.
Mit Urteil vom 19.06.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Ort der Bandscheibenerkrankung sei nicht typisch für eine berufsbedingte Bandscheibenerkrankung und es lägen auch Erkrankungen an anderen Abschnitten der Wirbelsäule vor.
Hiergegen hat die Klägerin Berufung eingelegt. Der Senat hat Befundberichte der behandelnden Ärzte beigezogen. Auf Anfrage des Senats hat die Beklagte eine Stellungnahme ihres Technischen Aufsichtsdiensts (nun: Präventionsdienst) vom 31.05.2007 vorgelegt und diese auf die Einwendungen der Klägerin hin bzw. auf Anforderung des Senats mehrfach überarbeitet (Stellungnahmen vom 20.12.2007, 30.06.2008, 05.08.2011 und vom 30.11.2012). Danach war die Klägerin unter Zugrundelegung ihrer eigenen Angaben einer Gesamtbelastungsdosis von 18,5 MNh ausgesetzt, wobei innerhalb von 10 Jahren maximal ein Wert von 8,42 MNh erreicht worden ist.
Auf Antrag der Klägerin hat der Senat ein Gutachten des Prof. Dr. B. vom 08.10.2012 mit Zusatzgutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. K. und des Neurologen Dr. O. vom 14.06.2012 und des Radiologen Dr. T. vom 27.09.2012 eingeholt. Prof. Dr. B. ist in seinem Gutachten vom 08.10.2012 zu dem Ergebnis gekommen, bei der Klägerin liege (nur) dann eine BK 2108 in Form der Fallkonstellation B2 vor, sofern die Voraussetzung Nr. 8 dieser Konstellation gegeben sei, was er unter der Annahme bejahte, insoweit seien die Konsensempfehlungen (Medizinische Beurteilungskriterien zu bandscheibenbedingten Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule, Trauma und Berufskrankheit 2005, S. 211 ff.) im Lichte der späteren Rechtsprechung des Bundessozial...