TOP 1 § 55 Abs. 2 SGB V – Unzumutbare Belastung Zahnersatz; (Teil-)Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II
Sachstand:
Gemäß § 55 Abs. 2 Satz 1 SGB V haben Versicherte bei der Versorgung mit Zahnersatz zusätzlich zu den Festzuschüssen nach § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB V Anspruch auf einen Betrag in jeweils gleicher Höhe, angepasst an die Höhe der für die Regelversorgungsleistungen tatsächlich anfallenden Kosten, höchstens jedoch in Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten, wenn sie ansonsten unzumutbar belastet würden; wählen Versicherte, die unzumutbar belastet würden, nach § 55 Abs. 4 oder 5 SGB V einen über die Regelversorgung hinausgehenden gleich- oder andersartigen Zahnersatz, leisten die Krankenkassen nur den doppelten Festzuschuss. Eine unzumutbare Belastung liegt u.a. vor, wenn der Versicherte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch (SGB II) erhält (vgl. § 55 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB V).
Die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende werden u. a. in Form von Geldleistungen, insbesondere zur Sicherung des Lebensunterhalts der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und der mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen, erbracht (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 2 SGB II). Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig (vgl. § 9 Abs. 2 SGB II). Somit erhalten ausdrücklich auch die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen Leistungen (vgl. § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II).
Aus der Kassenpraxis wurde über Fallgestaltungen berichtet, wonach erwerbstätige versicherungspflichtige Mitglieder mit ihrem Einkommen zwar dem Grunde nach ihren eigenen Grundsicherungsbedarf, nicht jedoch aufgrund eines im gleichen Haushalt lebenden erwerbslosen Partners den Gesamtbedarf der Bedarfgemeinschaft decken konnten und somit Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bestand. Fraglich ist, ob diese erwerbstätigen Mitglieder aufgrund des Bezuges einer (Teil-)Leistung nach dem SGB II bei der Versorgung mit Zahnersatz als unzumutbar belastet i.S.d. § 55 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB V gelten oder aber in diesen Fällen auf eine Bewertung nach § 55 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, Satz 3 und 5 SGB V unter Berücksichtigung der insgesamt vorhandenen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt abzustellen ist.
Darüber hinaus ist ggf. zu klären, welche Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II den Tatbestand einer unzumutbaren Belastung i.S.d. § 55 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB V auslösen können. Die Spitzenverbände der Krankenkassen hatten sich bereits im Rahmen der Umsetzung des § 62 SGB V mit der Definition von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II befasst. Konkret ging es dabei um die Frage, welche Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II dazu führen, dass gemäß § 62 Abs. 2 Satz 6 SGB V als Bruttoeinnahme zum Lebensunterhalt für die gesamte Bedarfsgemeinschaft die Regelleistung nach § 20 Abs. 2 SGB II maßgeblich ist. Hierzu wurde die Auffassung vertreten, dass es sich um laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II handeln müsse (vgl. Verwaltungsvereinbarung zur Vorschrift über die Erstattung bzw. Befreiung von gesetzlichen Zuzahlungen gem. § 62 Abs. 1, 2 und 3 SGB V vom 1. Juli 2005, Abschnitt 4.2 Abs. 1 und TOP 2 der Niederschrift über die Besprechung der Spitzenverbände der Krankenkassen zum Leistungsrecht am 14./15. September 2005 in Bergisch Gladbach). Danach fallen neben dem monatlichen Bezug der Regelleistungen nach § 20 Abs. 2 und ggf. 3 SGB II z. B. auch monatlich gewährte Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 SGB II unter diese Definition.
Im Übrigen wurde hierbei von den Spitzenverbänden der Krankenkassen auch die Auffassung vertreten, dass in Fällen, in denen die Regelleistungen nach § 20 Abs. 2 und ggf. 3 SGB II aufgrund von Einkommensanrechnungen z. B. in voller Höhe ruhen und deshalb allein Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 SGB II bezogen werden, auch der Bezug dieser laufenden (Teil-)Leistung dazu führt, dass als Bruttoeinnahme zum Lebensunterhalt für die gesamte Bedarfsgemeinschaft die Regelleistung nach § 20 Abs. 2 SGB II maßgeblich ist.
Fraglich ist, ob die von den Spitzenverbänden der Krankenkassen im Rahmen der Umsetzung des § 62 SGB V vorgenommene Definition von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II auch auf die Bewertung im Rahmen des § 55 Abs. 2 Satz Nr. 2 SGB V übertragen werden kann. Im Sinne einer einheitlichen Vorgehensweise war eine Beratung im Kreise der Spitzenverbände der Krankenkassen angezeigt.
Besprechungsergebnis:
Eine unzumutbare Belastung im Sinne des § 55 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB V liegt für die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft auch dann vor, wenn die (teilweise) gewährte Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nac...