TOP 1 § 24d SGB V – Ärztliche Betreuung und Hebammenhilfe, § 24e SGB V – Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, § 27 SGB V – Krankenbehandlung, § 27a SGB V – Künstliche Befruchtung, § 31 SGB V - Arznei- und Verbandmittel, Verordnungsermächtigung
hier: Erstattungsfähigkeit von progesteronhaltigen Arzneimitteln nach positivem Schwangerschaftsnachweis
Sachstand:
Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst u. a. die ärztliche Behandlung nach § 28 SGB V sowie die Versorgung mit Arzneimitteln nach § 31 SGB V (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V).
Krankheit im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (z. B. BSG, Urteile vom 15.3.2018, B 3 KR 12/17 R, vom 11.5.2017, B 3 KR 30/15 R und vom 8.3.2016, B 1 KR 35/15 R) ein regelwidriger – also von der Norm bzw. vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender – Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder – zugleich oder ausschließlich – Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Krankheitswert im Rechtssinne kommt allerdings nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit zu. Erforderlich ist vielmehr, dass der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder dass er an einer Abweichung vom Regelfall leidet, die entstellend wirkt.
Nach § 31 SGB V haben Versicherte Anspruch auf die Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 SGB V oder durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V ausgeschlossen sind. Nach § 31 Abs. 3 Satz 1 SGB V leisten Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, an die abgebende Stelle zu jedem zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordneten Arzneimittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 SGB V ergebenden Betrag, jedoch jeweils nicht mehr als die Kosten des Mittels.
Darüber hinaus umfassen die Leistungen der Krankenbehandlung nach § 27a Abs. 1 SGB V auch medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft (künstliche Befruchtung), wenn
- diese Maßnahmen nach ärztlicher Feststellung erforderlich sind,
- nach ärztlicher Feststellung eine hinreichende Aussicht besteht, dass durch die Maßnahmen eine Schwangerschaft herbeigeführt wird,
- die Personen, die die Maßnahmen beanspruchen wollen, miteinander verheiratet sind,
- ausschließlich Ei- und Samenzellen der Ehegatten verwendet werden und
- sich die Ehegatten vor Durchführung der Maßnahmen von einem Arzt, der die Behandlung nicht selbst durchführt, über eine solche Behandlung unter Berücksichtigung ihrer medizinischen und psychosozialen Gesichtspunkte haben unterrichten lassen und der Arzt sie an einen der Ärzte oder eine der Einrichtungen überwiesen hat, denen eine Genehmigung nach § 121a SGB V erteilt worden ist.
Vor Beginn der Behandlung ist der Krankenkasse ein Behandlungsplan zur Genehmigung vorzulegen (§ 27a Abs. 3 Satz 2 SGB V). Die Krankenkasse übernimmt nach § 27a Abs. 3 Satz 3 SGB V 50 v. H. der mit dem Behandlungsplan genehmigten Kosten der Maßnahmen, die bei ihrem Versicherten durchgeführt werden.
Die medizinischen Einzelheiten zu Voraussetzungen, Art und Umfang der Maßnahmen werden in den Richtlinien des G-BA über ärztliche Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung ("Richtlinien über künstliche Befruchtung") bestimmt (§ 27a Abs. 4 SGB V i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 SGB V).
Während einer Schwangerschaft sowie bei und nach der Entbindung haben Versicherte Anspruch auf ärztliche Betreuung sowie auf Hebammenhilfe i.S.d. § 24d SGB V. Einzelheiten hierzu sind in den Richtlinien des G-BA über die ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung ("Mutterschafts-Richtlinien", § 27a Abs. 5 SGB V i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB V) geregelt. Danach umfasst die ärztliche Betreuung solche Maßnahmen, welche der Überwachung des Gesundheitszustandes der Schwangeren bzw. Wöchnerinnen dienen, soweit sie nicht ärztliche Behandlung i.S.d. § 28 Abs. 1 SGB V darstellen. Dazu gehören u. a. auch medikamentöse Maßnahmen und Verordnungen von Verband- und Heilmitteln gemäß § 24e SGB V, die in Abschnitt G geregelt werden (vgl. Abschnitt Allgemeines, Punkt 7 der Mutterschafts-Richtlinien).
Im Rahmen der künstlichen Befruchtung (assistierte Reproduktion [ART]) werden bei medizinischer Notwendigkeit progesteronhaltige Arzneimittel zur Unterstützung der Lutealphase verordnet. Progesteron ist ein Gelbkörperhormon, welches innerhalb der ART die endometriale Rezeptivität (Empfänglichkeit) für die Implantation des Embryos steigern soll, da sich bei zu niedrigem Progesteronspiegel die (befruchtete) Eizelle nicht in die Gebärmutter einnistet bzw. dort nicht verbleibt. Durch progesteronhaltige Arzneimittel wird der zu geringe Progesteronspiegel ausgeglichen. Aus verschiedenen in der AMIS-Datenbank des DIMDI hinterlegten Fachinformationen zu progesteronhaltigen Arzneimittel geht hervor, dass eine Weiterbehandlung nach Feststellung der Schwangerschaft gefordert wird; die Dauer der Weiterbehandlung unterscheidet sich dabei (längstens bis zur 12. Schwangerschaftswoche)....