Leitsatz (amtlich)
Leistungen werden durch eine amtliche Beschaffungsstelle i.S. des Art.67 Abs.3 NATOTrStatZAbk in Auftrag gegeben, indem die amtliche Beschaffungsstelle durch Abgabe des Vertragsangebotes oder durch Annahme eines Vertragsangebotes am Zustandekommen des betreffenden Umsatzgeschäftes mitwirkt.
Orientierungssatz
1. Die Steuerbefreiung nach Art. 67 Abs. 3 NATOTrStatZAbk hat nicht nur zur Voraussetzung, daß die Leistung an die Truppe oder das zivile Gefolge selbst vorgenommen worden ist (nicht an die Mitglieder der Truppe oder des zivilen Gefolges; vgl. BFH-Urteil vom 14.5.1981 V R 123/74). Darüber hinaus ist erforderlich, daß die Leistung von einer amtlichen Beschaffungsstelle der Truppe oder des zivilen Gefolges in Auftrag gegeben worden ist.
2. Das FA ist bei der Durchführung einer Veranlagung grundsätzlich nicht an Auffassungen gebunden, die es bei vorausgegangenen Veranlagungen vertreten hat. Dies gilt selbst dann, wenn das FA bei früheren Veranlagungen aufgrund einer Betriebsprüfung anders verfahren ist. Eine Ausnahme von diesen Grundsätzen gilt nur, wenn das FA eine Zusage erteilt hat oder durch sein früheres Verhalten außerhalb einer Zusage einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat (vgl. BFH-Urteil vom 19.11.1985 VIII R 25/85 m.w.N.).
3. Wird ein Verstoß gegen solche Vorschriften des Prozeßrechts gerügt, auf deren Beachtung die Beteiligten verzichten können, so ist die durch § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO vorgeschriebene Form der Begründung nur erfüllt, wenn auch vorgetragen worden ist, daß die Rechtsnormverletzung bereits in der Vorinstanz gerügt worden sei und daß nicht etwa ein Verzicht oder ein Verlust des Rügerechts durch Unterlassung rechtzeitiger Rüge i.S. des § 155 FGO i.V.m. § 295 Abs 1 ZPO vorliege (vgl. BFH-Urteil vom 26.2.1985 VII R 143/81; Literatur). Ein Verlust des Rügerechts kann auch in bezug auf ein ungerechtfertigtes Übergehen entscheidungserheblicher Beweisanträge eintreten (Literatur). Im Streitfall haben die Kläger auch nicht geltend gemacht, daß die Absicht des FG, die angebotenen Beweise nicht zu erheben, nicht so rechtzeitig erkennbar gewesen sei, daß dies noch vor dem FG hätte gerügt werden können (Literatur).
Normenkette
NATOTrStatZAbk Art. 67 Abs. 3; UStG 1967 § 3 Abs. 2; UStG 1973 § 3 Abs. 2; FGO § 120 Abs. 2 S. 2
Tatbestand
I. Die aus den Klägern und Revisionsklägern (Kläger) bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) befaßte sich in den Streitjahren (1975 bis 1977) mit der Ausführung von ... an Kraftfahrzeugen von Mitgliedern der NATO-Streitkräfte und deren Angehörigen.
Im Dezember 1975 fand bei der GbR eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung statt, die das dritte Kalendervierteljahr 1975 betraf und u.a. die Steuerfreiheit gemäß Art.67 Abs.3 des Zusatzabkommens zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen (NATOTrStatZAbk) zum Gegenstand hatte. Im Rahmen dieser Prüfung wurde festgestellt, daß die Leistungen der GbR "im Auftrage amtlicher Beschaffungsstellen" ausgeführt wurden und daß entsprechende Abwicklungsscheine vorlagen. Eine Einschränkung der in Anspruch genommenen Steuerfreiheit hielt der Prüfer nur insoweit für geboten, als das Entgelt nicht aus einem Konto der zahlenden Dienststelle, sondern mit Privatschecks entrichtet worden war.
Die Umsatzsteuerjahreserklärung 1975, die den erwähnten Feststellungen des Prüfers für das dritte Kalendervierteljahr Rechnung trug, wurde vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) ebenso wie eine berichtigte Umsatzsteuererklärung 1976 (Festsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung), ohne Änderung der Besteuerung zugrunde gelegt.
Bei einer 1978 durchgeführten weiteren Umsatzsteuer-Sonderprüfung für die Jahre 1975 bis 1977 kam der Prüfer u.a. zu dem Ergebnis, in vielen Fällen seien die Aufträge an die Kläger von den Truppenmitgliedern bzw. den Angehörigen der zivilen Gefolge selbst erteilt worden, und die Kläger hätten diesen Auftraggebern die Leistungen in Rechnung gestellt. Erst nach Auftragserteilung hätten die Auftraggeber den Abwicklungsschein mit einem von ihnen ausgestellten Scheck der amtlichen Beschaffungsstelle vorgelegt. Diese habe sodann die Überweisung des Entgelts auf dem im Abwicklungsschein genannten Konto vorgenommen.
Aufgrund der Feststellungen des Prüfers erließ das FA --auf § 173 der Abgabenordnung (AO 1977) - betreffend 1975 - bzw. § 164 Abs.2 AO 1977 - betreffend 1976 - gestützte-- geänderte Umsatzsteuerbescheide vom 17.November 1978, in denen die Umsatzsteuer auf ... DM bzw. ... DM festgesetzt wurde.
Für 1977 setzte das FA mit Bescheid vom 17.November 1978 die Umsatzsteuer auf ... DM fest.
Der Einspruch der Kläger hatte nur insoweit Erfolg, als das FA die Umsatzsteuer 1975 auf ... DM herabsetzte. Die Einsprüche gegen die Umsatzsteuerfestsetzungen 1976 und 1977 blieben erfolglos.
Während des Klageverfahrens hat das FA für 1976 und 1977 einen geänderten Umsatzsteuersammelbescheid vom 17.Februar 1981 erlassen, in dem die Umsatzsteuer für 1976 auf ... DM und für 1977 auf ... DM festgesetzt ist und den die Kläger zum Gegenstand des Verfahrens gemacht haben.
Die Kläger beantragten, die Umsatzsteuer für 1975 um ... DM, für 1976 um ... DM und für 1977 um ... DM herabzusetzen. Erfolg hatten sie insoweit, als das Finanzgericht (FG) die Umsatzsteuer 1977 auf ... DM herabgesetzt hat; im übrigen wurde die Klage abgewiesen.
Das FG führte zur Begründung der Klageabweisung aus, die Steuerfreiheit nach Art.67 NATOTrStatZAbk setze Leistungen an eine Truppe oder ein ziviles Gefolge voraus, die von einer amtlichen Beschaffungsstelle der Truppe oder des zivilen Gefolges in Auftrag gegeben seien. Eine fehlende Auftragserteilung durch die amtliche Beschaffungsstelle werde nicht durch einen ordnungsgemäß ausgefüllten Abwicklungsschein ersetzt oder geheilt. Auf das Erfordernis der Auftragserteilung sei nicht durch Verwaltungserlasse verzichtet worden.
Die Kläger behaupteten zwar, daß in den beanstandeten Fällen die Aufträge durch eine amtliche Beschaffungsstelle erteilt worden seien. Dies treffe jedoch nicht zu.
Das FA sei auch nicht nach Treu und Glauben gehindert gewesen, die Steuerfreiheit zu verweigern. Die bei der Umsatzsteuer- Sonderprüfung im Dezember 1975 vertretene Auffassung des Prüfers habe nicht zu einer Bindung für 1976 oder 1977 geführt. Außerdem hätten die Kläger nicht darauf vertrauen dürfen, daß für die Inanspruchnahme der Steuerfreiheit ein ordnungsgemäß ausgefüllter Abwicklungsschein genüge. Von der beantragten Vernehmung der früheren steuerlichen Beraterin der Kläger als Zeugin habe abgesehen werden können, weil eine fehlende Beanstandung im Vorprüfungsbericht keine Bindungswirkung für das FA habe entfalten können.
Hinsichtlich des Jahres 1975 gelte nichts anderes, da eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung über Voranmeldungszeiträume nur vorläufigen Charakter habe. Außerdem hätten die Kläger im Zeitpunkt der Umsatzsteuer-Sonderprüfung (Dezember 1975) bereits ihre für 1975 maßgebenden Dispositionen getroffen gehabt.
Mit der Revision beantragen die Kläger, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung an das FG zurückzuverweisen. Sie machen geltend, das FG sei davon ausgegangen, daß die umstrittenen Leistungen nicht von einer amtlichen Beschaffungsstelle in Auftrag gegeben worden seien. Zu dieser Auffassung sei das FG dadurch gekommen, daß es die Beweisangebote auf S.5 der Klageschrift und auf S.2 f. des Schriftsatzes vom 18.Juni 1979 übergangen, unzutreffende Schlußfolgerungen aus den Datumsangaben in den Abwicklungsscheinen gezogen und die den Abwicklungsscheinen beigefügten Belege statt als Informationsmaterial als Rechnungen im üblichen Sinne angesehen habe.
Das FG habe zu Unrecht verneint, daß ihnen, den Klägern, ein Vertrauensschutz zustehe, und zwar mit der Begründung, daß sie bei ihren Dispositionen (Absehen von der Forderung einer höheren Bruttovergütung) hätten erkennen müssen, die bei der ersten Umsatzsteuer-Sonderprüfung vom Prüfer zugrunde gelegte Ansicht sei nicht korrekt. Dies treffe nicht zu. Sie hätten nicht erkennen können, daß der Prüfer von einer fehlerhaften Ansicht ausgegangen sei. Nichts Gegenteiliges ergebe sich aus den Bekundungen des Prüfers vor dem FG, weil dessen Aussagen in sich widersprüchlich seien. Angesichts der Prüfung habe damit gerechnet werden müssen, daß sie, die Kläger, ihr künftiges Verhalten nach den Prüfungsergebnissen ausrichten würden. Die Verweigerung der Steuervergünstigung füge ihnen schwere, existenzgefährdende Schäden zu.
Der angefochtene Umsatzsteuerbescheid 1975 sei auf § 173 AO 1977 gestützt. Neue Tatsachen oder Beweismittel lägen jedoch nicht vor, nur die Rechtsmeinung des FA habe sich geändert.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet; sie war zurückzuweisen (§ 126 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
A. Die Revision ist zulässig, insbesondere in der gesetzlich vorgeschriebenen Form begründet worden (§ 120 Abs.2 Satz 2 FGO), soweit die Kläger rügen, das FG habe Art.67 Abs.3 NATOTrStatZAbk auf den Streitfall nicht richtig angewandt, indem es bei der entsprechenden Beweiswürdigung fehlerhaft vorgegangen sei, habe den Grundsatz von Treu und Glauben in der Ausformung des Dispositionsschutzes verletzt und habe den § 173 AO 1977 nicht richtig angewandt.
Soweit die Kläger rügen, das FG habe ihre Beweisangebote übergangen, genügt die Revisionsbegründung dagegen nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form. Wird ein Verstoß gegen solche Vorschriften des Prozeßrechts gerügt, auf deren Beachtung die Beteiligten verzichten können, so ist die durch § 120 Abs.2 Satz 2 FGO vorgeschriebene Form der Begründung nur erfüllt, wenn auch vorgetragen worden ist, daß die Rechtsnormverletzung bereits in der Vorinstanz gerügt worden sei und daß nicht etwa ein Verzicht oder ein Verlust des Rügerechts durch Unterlassung rechtzeitiger Rüge i.S. des § 155 FGO i.V.m. § 295 Abs.1 der Zivilprozeßordnung (ZPO) vorliege (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 26.Februar 1985 VII R 143/81, BFH/NV 1986, 100; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2.Aufl., § 120 Anm.38). Ein Verlust des Rügerechts kann auch in Beziehung auf ein ungerechtfertigtes Übergehen entscheidungserheblicher Beweisanträge eintreten (vgl. Klein/Ruban, Der Zugang zum Bundesfinanzhof, Nichtzulassungsbeschwerde, Revision, Rdnr.90). Die Kläger hätten deshalb mit der Revisionsbegründung vortragen müssen, daß und weshalb die Voraussetzungen des § 295 Abs.1 ZPO nicht erfüllt sind. Dies ist nicht geschehen. Die Kläger haben auch nicht geltend gemacht, daß die Absicht des FG, die angebotenen Beweise nicht zu erheben, nicht so rechtzeitig erkennbar gewesen sei, daß dies noch vor dem FG hätte gerügt werden können (vgl. Herrmann, Die Zulassung der Revision und die Nichtzulassungsbeschwerde im Steuerprozeß, Rdnr.226).
B. Die Revision ist unbegründet; denn weder die geltend gemachten Revisionsrügen noch eine weitere Überprüfung unter Berücksichtigung des § 118 Abs.3 FGO führen zu dem Ergebnis, daß die Vorentscheidung revisibles Recht verletzt (§ 118 Abs.1 FGO).
1. Das FG hat zutreffend angenommen, daß den Klägern für die umstrittenen Leistungen Steuerfreiheit nach Art.67 Abs.3 NATOTrStatZAbk nicht zusteht, weil insoweit die Auftragsvergabe durch eine amtliche Beschaffungsstelle fehlt.
a) Nach § 67 Abs.3 NATOTrStatZAbk sind Lieferungen und sonstige Leistungen an eine Truppe oder ein ziviles Gefolge, die von einer amtlichen Beschaffungsstelle der Truppe oder des zivilen Gefolges in Auftrag gegeben werden und für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Truppe, das zivile Gefolge, ihre Mitglieder oder deren Angehörige bestimmt sind, unter der Voraussetzung von der Umsatzsteuer befreit, daß das Entgelt mit Zahlungsmitteln in der Währung des Entsendestaates entrichtet wird.
b) Das FG ist hiernach zutreffend davon ausgegangen, daß die umstrittene Steuerbefreiung nicht nur zur Voraussetzung hat, die Leistung müsse an die Truppe oder das zivile Gefolge selbst vorgenommen worden sein, nicht an die Mitglieder der Truppe oder des zivilen Gefolges (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 14.Mai 1981 V R 123/74, BFHE 133, 466, BStBl II 1981, 690), sondern daß darüber hinaus erforderlich ist, die Leistung müsse von einer amtlichen Beschaffungsstelle der Truppe oder des zivilen Gefolges in Auftrag gegeben sein.
Mit der Wendung "in Auftrag geben" wird im allgemeinen Sprachgebrauch nicht an § 662 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) angeknüpft. Unter Auftrag wird jegliche Weisung zur Erledigung übertragener Aufgaben sowie die Bestellung von Waren oder Leistungen verstanden. Die Wendung "etwas in Auftrag geben" stammt aus der Kaufmannssprache und bedeutet: bestellen (vgl. Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, Bd.1, S.231, Stichwort: Auftrag). Für den Bereich der umsatzsteuerrechtlichen Leistung und den des ihr regelmäßig zugrunde liegenden Umsatzgeschäftes (vgl. § 3 Abs.2 des Umsatzsteuergesetzes --UStG-- 1967/73) bedeutet "etwas in Auftrag geben" mithin die Mitwirkung des Leistungsempfängers an der Begründung der entsprechenden Leistungspflicht.
In der bei weitem überwiegenden Mehrzahl entsprechender Fälle werden Leistungspflichten durch Vertrag begründet, d.h. durch Abgabe eines Vertragsangebotes und durch dessen Annahme (vgl. § 146 BGB). Der --spätere-- Leistungsempfänger kann am Zustandekommen des Vertrages und damit an dem der vertraglichen Leistungspflicht mitwirken, indem er entweder das Vertragsangebot abgibt oder ein ihm gegenüber erklärtes Vertragsangebot annimmt. Mithin kann von einer amtlichen Beschaffungsstelle auch dadurch etwas i.S. von Art.67 Abs.3 NATOTrStatZAbk in Auftrag gegeben worden sein, daß diese ein ihr zugegangenes Vertragsangebot angenommen hat. Wird die amtliche Beschaffungsstelle dagegen erst eingeschaltet, nachdem durch ein Mitglied der Truppe oder des zivilen Gefolges oder einen Angehörigen eines Mitglieds die Leistungspflicht durch Vertragsangebot oder durch Angebotsannahme zur Entstehung gebracht worden ist, so liegt keine Auftragsvergabe durch eine amtliche Beschaffungsstelle vor, und zwar auch dann nicht, wenn es zum vereinbarten Austausch des einen Vertragspartners (amtliche Beschaffungsstelle statt des Mitglieds oder seines Angehörigen) kommt.
c) Bei der Erteilung von Aufträgen verfahren die amtlichen Beschaffungsstellen nach ihren jeweiligen dienstlichen Anordnungen. Denen zufolge sind für die Auftragsvergabe besondere Formulare zu verwenden, welche die Eigenarten der Leistungen berücksichtigen (vgl. Eckardt/Weiß, Umsatzsteuergesetz --Mehrwertsteuer--, Anhang II, Erläuterungen zum NATO-Zabk., Tz.15).
Nach den Feststellungen des FG liegen in den umstrittenen Fällen schriftliche Aufträge amtlicher Beschaffungsstellen nicht vor. Dies wird von den Klägern mit der Revision nicht in Zweifel gezogen.
d) Das FG ist ferner zu der Überzeugung gelangt, daß in den umstrittenen Fällen amtliche Beschaffungsstellen Aufträge auch nicht in anderer Form, insbesondere nicht mündlich, erteilt hätten, sondern mit der Angelegenheit überhaupt erst nach Leistungsausführung befaßt worden seien. Dies hat das FG den durch die Kläger vorgelegten Unterlagen entnommen. Hierzu hat das FG ausgeführt, der von den amtlichen Beschaffungsstellen auszufüllende Teil 2 der Abwicklungsscheine enthalte neben der Angabe zur Zahlung nur eine Bestätigung des Leistungsempfanges und die Bestätigung über die Verwendung der Leistung, so daß er nicht zugleich die Auftragsvergabe darstellen könne. Außerdem trage er dasselbe Datum wie der von den Klägern ausgefüllte Teil 1 der Abwicklungsscheine oder gar ein späteres Datum, also jedenfalls kein früheres Datum. Schließlich gehörten in den beanstandeten Fällen zu den Unterlagen Belege, die auf Rechnungsformularen der Kläger geschrieben seien, sämtliche in einer Rechnung üblichen Angaben enthielten und jeweils auf den Namen des Mitgliedes der Truppe lauteten. Dem diesbezüglichen Vorbringen der Kläger, die Belege seien nicht als Rechnungen zu würdigen, sondern als Informationsmittel für die amtlichen Beschaffungsstellen über Art, Umfang und Preis der auszuführenden Arbeiten, könne nicht gefolgt werden. Abgesehen davon, daß es ungewöhnlich wäre, zu Informationszwecken Rechnungsformulare zu verwenden und Angaben wie in Rechnungen zu machen, wäre es dann folgerichtig gewesen, die betreffenden Belege auf die jeweilige amtliche Beschaffungsstelle lauten zu lassen.
Die "Schlußfolgerung" des FG, es fehle an Aufträgen einer amtlichen Beschaffungsstelle, wird von den Klägern als "falsch" bezeichnet. Der hierin liegende Revisionsangriff kann keinen Erfolg haben.
Geltend machen wollen die Kläger mit ihrer Rüge offenbar, das FG hätte nicht aus dem Inhalt der Abwicklungsscheine und dem der entsprechenden Belege auf solche Tatsachen schließen dürfen, welche die Beurteilung rechtfertigen, die umstrittenen Leistungen seien nicht von amtlichen Beschaffungsstellen in Auftrag gegeben worden. Mithin erheben die Kläger die materiell-rechtliche Rüge einer fehlerhaften Beweiswürdigung (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Anm.28 und § 118 Anm.23 und 40). Mit ihr kann gegen die Beweiswürdigung eingewandt werden, das FG habe gegen Denkgesetze oder gegen allgemeine Erfahrungssätze verstoßen. Für den Erfolg einer solchen Rüge reicht es allerdings nicht aus, daß das FG zu einem Schluß anderen Inhalts hätte kommen können. Begründet ist die Rüge nur dann, wenn die Schlußfolgerung des FG mit den Denkgesetzen oder mit allgemeinen Erfahrungssätzen unvereinbar ist.
Derartige Verstöße liegen nicht vor. Weder die aus der Erfahrung abgeleiteten allgemeinen Grundsätze noch die allgemeinen Regeln formal richtigen Denkens lassen es schlechthin unzulässig erscheinen, daß das FG aufgrund der den Abwicklungsscheinen und den entsprechenden Belegen entnommenen Umständen gefolgert hat, amtliche Abwicklungsstellen seien erst nach der Leistungsausführung mit der Angelegenheit befaßt worden. Der zeitliche Zusammenhang zwischen den in die Abwicklungsscheine eingefügten Daten und der Umstand, daß die entsprechenden Belege die Form von Rechnungen gegenüber einzelnen Kraftfahrzeughaltern aufweisen, legen vielmehr den vom FG gezogenen Schluß auf eine erst nachträgliche Befassung der amtlichen Beschaffungsstellen mit der Angelegenheit sehr nahe. Nicht anders verhält es sich damit, daß das FG hieraus weiter gefolgert hat, es lägen keine Sachverhalte vor, welche die Beurteilung zuließen, die Leistungen seien von den amtlichen Beschaffungsstellen in Auftrag gegeben worden (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 118 Anm.40).
e) Da es mithin an einer Auftragsvergabe durch amtliche Beschaffungsstellen mangelt, braucht nicht darauf eingegangen zu werden, ob es auch sonst an einer Verwirklichung des Art.67 Abs.3 NATOTrStatZAbk fehlt.
2. Das FG hat ferner zu Recht entschieden, daß den Klägern die in Art.67 Abs.3 NATOTrStatZAbk vorgesehene Umsatzsteuerfreiheit auch nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben zusteht.
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil vom 19.November 1985 VIII R 25/85, BFHE 146, 115, BStBl II 1986, 520, unter 4 a bis c, m.w.N.) ist ein FA bei der Durchführung einer Veranlagung grundsätzlich nicht an Auffassungen gebunden, die es bei vorausgegangenen Veranlagungen vertreten hat. Nach den Grundsätzen der Abschnittsbesteuerung bewirkt die Beurteilung in einem Veranlagungszeitraum keine Bindung des FA für künftige Steuerabschnitte. Das gilt selbst dann, wenn das FA bei früheren Veranlagungen aufgrund einer Betriebsprüfung anders verfahren ist. Eine Ausnahme von diesen Grundsätzen gilt nur, wenn das FA eine Zusage erteilt hat oder durch sein früheres Verhalten außerhalb einer Zusage einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat.
Daß die Kläger vom FA eine das Revisionsbegehren tragende Zusage erhalten hätten, wird von ihnen nicht geltend gemacht. Die Kläger hatten auch keinen berechtigten Anlaß, unabhängig von einer Zusage darauf zu vertrauen, daß für die Streitjahre das Fehlen von Aufträgen amtlicher Beschaffungsstellen nicht aufgegriffen würde. Ein solcher Anlaß liegt insbesondere nicht darin, daß im Rahmen der das dritte Kalendervierteljahr 1975 betreffenden Umsatzsteuer-Sonderprüfung diesbezügliche Beanstandungen nicht erhoben worden sind. Nach den wiedergegebenen Grundsätzen (siehe oben) war das FA hierdurch nicht gehindert, später die Verwirklichung des Art.67 Abs.3 NATOTrStatZAbk bei den in den erwähnten Voranmeldungszeitraum, in die übrigen Teile des Streitjahres 1975 und in die beiden anderen Streitjahre (1976 und 1977) fallenden Umsätzen zu überprüfen bzw. zu prüfen.
3. Die Festsetzung der Umsatzsteuer 1975 beruht nicht, wovon das FG zu Recht ausgegangen ist, auf einer Verletzung des § 173 AO 1977.
Gemäß § 168 AO 1977 i.V.m. Art.97 § 1 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung stand die Steueranmeldung durch die am 16.März 1977 eingereichte Umsatzsteuererklärung 1975 einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Sie konnte daher im Rahmen des § 164 Abs.2 AO 1977 geändert werden. Daß im angefochtenen Bescheid als Grundlage der Änderung § 173 AO 1977 angeführt ist, läßt den Bescheid nicht rechtswidrig sein.
Fundstellen
Haufe-Index 62159 |
BFH/NV 1988, 4 |
BStBl II 1988, 1022 |
BFHE 154, 395 |
BFHE 1989, 395 |
BB 1988, 2375-2375 (L) |
DB 1988, 2547 (KT) |
HFR 1989, 212 (LT) |