Verfahrensgang
OLG Karlsruhe (Beschluss vom 28.04.2015; Aktenzeichen 15 W 118/14) |
LG Mannheim (Entscheidung vom 06.05.2014; Aktenzeichen 8 O 93/99) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerden gegen den Beschluss des 15. Zivilsenats des OLG Karlsruhe vom 28.4.2015 werden auf Kosten des Klägers und der weiteren Beteiligten zu 3) zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 2.555 EUR
Gründe
I.
Rz. 1
Die Beteiligten streiten um die Kostenfestsetzung aus einem rechtskräftig abgeschlossenen Rechtsstreit.
Rz. 2
Der Kläger führte gegen die vier Beklagten einen auf Zahlung von Miete gerichteten Rechtsstreit. Den Beklagten zu 1) und 2) wurde für das Revisionsverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Beteiligten zu 2) bewilligt. Durch Endurteil wurden dem Kläger die Kosten des Revisionsverfahrens auferlegt. Mit Schriftsatz vom 8.8.2006 hat der Beteiligte zu 2) gem. § 126 ZPO die Festsetzung der an ihn zu erstattenden Gebühren und Auslagen des Revisionsverfahrens i.H.v. 4.755,30 EUR abzgl. der durch Prozesskostenhilfe bereits ausgezahlten Gebühren beantragt.
Rz. 3
Durch Beschluss des AG - Vollstreckungsgericht - vom 3.8.2007 wurden aufgrund eines anderweitigen Titels die angeblichen Kostenerstattungsansprüche der Beklagten gegen den Kläger zugunsten der Beteiligten zu 3) gepfändet und ihr zur Einziehung überwiesen. Die Beteiligte zu 3) hat daraufhin die Festsetzung zu ihren Gunsten beantragt.
Rz. 4
Das LG hat zugunsten des Beteiligten zu 2) Kosten i.H.v. 2.963,22 EUR nebst Zinsen gegen den Kläger festgesetzt und den weiteren Festsetzungsantrag der Beteiligten zu 3) zurückgewiesen. Das OLG hat der Beschwerde des Klägers hinsichtlich der festgesetzten Umsatzsteuer stattgegeben und seine weitergehende Beschwerde sowie die Beschwerde der Beteiligten zu 3) zurückgewiesen. Hiergegen richten sich die zugelassenen Rechtsbeschwerden des Klägers und der Beteiligten zu 3).
II.
Rz. 5
Die Rechtsbeschwerden sind nicht begründet.
Rz. 6
1. Das OLG hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Der Beteiligte zu 2) sei gem. § 126 ZPO aus eigenem Recht berechtigt, die zu seinen Gunsten entstandenen und nicht als Prozesskostenvergütung aus der Staatskasse erstatteten Gebühren - also die Differenz zwischen Wahlanwaltsvergütung und Prozesskostenhilfevergütung - gegen den nach der Kostengrundentscheidung kostenverpflichteten Kläger geltend zu machen. § 126 Abs. 1 ZPO gewähre dem beigeordneten Rechtsanwalt ein eigenes, originäres Beitreibungsrecht hinsichtlich der in seiner Person entstandenen Vergütungsansprüche bzw. der hierauf gerichteten Kostenerstattungsansprüche der von ihm vertretenen Partei, aufgrund dessen der beigeordnete Anwalt den Kostenerstattungsanspruch in Höhe seiner nicht aus der Staatskasse erstatteten Gebührenansprüche und Auslagen gegen den kostenverpflichteten Prozessgegner durchsetzen könne. Dem beigeordneten Rechtsanwalt räume § 126 ZPO dabei eine ähnliche Rechtsstellung ein wie demjenigen Gläubiger, dem eine gepfändete Forderung zur Einziehung überwiesen worden sei. Wegen der verstrickungsähnlichen Wirkung des § 126 ZPO stehe dem Beitreibungsrecht des Rechtsanwalts auch nicht die von der Beteiligten zu 3) ausgebrachte Pfändung des Kostenerstattungsanspruchs der obsiegenden Partei entgegen, zumal die Pfändung erst nach der Anmeldung des Anspruchs gem. § 126 ZPO erwirkt worden sei.
Rz. 7
Dem Beteiligten zu 2) seien Gebührenansprüche i.H.v. insgesamt 4.099,40 EUR netto entstanden, auf die von der Staatskasse bereits 1.544,90 EUR als Prozesskostenhilfevergütung erstattet worden seien, so dass ein vom Gegner noch zu erstattender Betrag i.H.v. 2.554,50 EUR netto verbleibe. Umsatzsteuer auf diesen Betrag könne nicht gegen den Kläger festgesetzt werden, weil die vom Beteiligten zu 2) vertretene Partei selbst vorsteuerabzugsberechtigt sei und der Beteiligte zu 2) die Umsatzsteuer deshalb gegen die eigene Partei geltend machen müsse.
Rz. 8
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung stand.
Rz. 9
a) Zu Recht hat das OLG die nach Abzug der Prozesskostenhilfevergütung noch zu erstattende Wahlanwaltsvergütung zugunsten des Beteiligten zu 2) (Prozessbevollmächtigter) und nicht zugunsten der Beteiligten zu 3) (Pfändungsgläubigerin) festgesetzt.
Rz. 10
aa) Gemäß § 126 Abs. 1 ZPO sind die für die Partei bestellten Rechtsanwälte berechtigt, ihre Gebühren und Auslagen von dem in die Prozesskosten verurteilten Gegner im eigenen Namen beizutreiben. Wie der BGH bereits entschieden hat (BGHZ 5, 251, 253; BGH Beschl. v. 20.11.2012 - VI ZB 64/11, FamRZ 2013, 201 Rz. 8), räumt die Vorschrift dem beigeordneten Rechtsanwalt ein selbständiges Beitreibungsrecht ähnlich einem Überweisungsgläubiger (§§ 835 f. ZPO) ein. Dem Rechtsanwalt ist damit die Einziehung des Kostenerstattungsanspruchs seiner Partei als Prozessstandschafter übertragen (BGH, Beschl. v. 14.2.2007 - XII ZB 112/06, FamRZ 2007, 710 Rz. 11; BGH Beschl. v. 9.7.2009 - VII ZB 56/08, FamRZ 2009, 1577 Rz. 4).
Rz. 11
bb) Gemäß § 126 Abs. 2 ZPO ist eine Einrede gegen den Anspruch aus der Person der Partei nicht zulässig. Der Gegner kann (nur) mit Kosten aufrechnen, die nach der in demselben Rechtsstreit über die Kosten erlassenen Entscheidung von der Partei zu erstatten sind.
Rz. 12
Mit dieser Regelung sollen dem beigeordneten Rechtsanwalt - über die Gebühren im Rahmen der Prozesskostenhilfe hinaus - seine Vergütungsansprüche gesichert werden (BGH, Beschl. v. 14.2.2007 - XII ZB 112/06, FamRZ 2007, 710 Rz. 11). Der Ausschluss von Einreden aus der Person der Partei (sog. Verstrickung) tritt deshalb bereits mit der Entstehung des Kostenerstattungsanspruchs ein (OLG Schleswig JurBüro 1997, 368, 369; Musielak/Voit/Fischer ZPO, 12. Aufl., § 126 Rz. 10; BeckOK ZPO/Kratz [Stand: 1.6.2015] § 126 Rz. 18) und ist so lange gerechtfertigt, wie der beigeordnete Rechtsanwalt die Kostenforderung noch im eigenen Namen geltend machen kann. Unerheblich ist demgegenüber, ob der Rechtsanwalt sein Beitreibungsrecht nach § 126 Abs. 1 ZPO im Zeitpunkt der Einwendung bereits ausgeübt hatte (BGH, Beschl. v. 14.2.2007 - XII ZB 112/06, FamRZ 2007, 710 Rz. 12).
Rz. 13
cc) Die von der Beteiligten zu 3) ausgebrachte Pfändung fällt auch unter den Begriff der "Einrede aus der Person der Partei", die gem. § 126 Abs. 2 ZPO nicht gegen den Anspruch erhoben werden kann.
Rz. 14
Der Begriff der "Einreden" umfasst in diesem Zusammenhang alle Einwendungen aus Rechtsbeziehungen des Kostengläubigers, aus denen der Kostenschuldner eine Verteidigung gegen den Zahlungsanspruch herleiten kann, nicht nur Einreden im rechtstechnischen Sinne (Zöller/Geimer ZPO, 30. Aufl., § 126 Rz. 14; Poller/Teubel/Steinberger Gesamtes Kostenhilferecht 2. Aufl., § 126 ZPO Rz. 20). Hierunter fallen etwa die Abtretung oder die Pfändung (vgl. Bork in Stein/Jonas ZPO, 22. Aufl., § 126 Rz. 8).
Rz. 15
Die Partei ist nämlich im Falle der Beitreibung durch den Rechtsanwalt gem. § 126 ZPO nicht mehr berechtigter Zahlungsempfänger. Diese Verfügungsbeschränkung wirkt gem. §§ 135, 136 BGB zugunsten des Rechtsanwalts; ihm gegenüber ist eine etwaige Erfüllung der Kostenschuld durch Leistung an die Partei unwirksam (vgl. für den Fall der Forderungsüberweisung BGHZ 58, 25, 26 f. = NJW 1972, 428; BGHZ 82, 28, 31 = NJW 1982, 173, 174). Der Kostenschuldner wird dann von seiner Zahlungspflicht allein durch Leistung an den berechtigten Rechtsanwalt befreit. Zwar steht der Partei der Kostenerstattungsanspruch trotz des ihrem Rechtsanwalt gem. § 126 ZPO eingeräumten Beitreibungsrechts weiterhin zu (BGH, Beschl. v. 14.2.2007 - XII ZB 112/06, FamRZ 2007, 710 Rz. 11; BGH Beschluss vom 9.7.2009 - VII ZB 56/08, FamRZ 2009, 1577 Rz. 4), weshalb er auch weiterhin der Forderungspfändung unterliegt. Die Pfändung geht dem gesetzlichen Einziehungsrecht des Rechtsanwalts jedoch aufgrund der durch § 126 Abs. 2 ZPO angeordneten, bereits mit dem Entstehen des Anspruchs eintretenden Verstrickungswirkung im Rang nach. Das eigene Einziehungsrecht des nachrangigen Vollstreckungsgläubigers greift daher nur so weit, als ihm nicht das vorrangige Einziehungsrecht des Rechtsanwalts vorgeht.
Rz. 16
b) Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird gem. § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.
Fundstellen