Verfahrensgang
SG Oldenburg (Entscheidung vom 27.01.2021; Aktenzeichen S 16 SB 453/17) |
LSG Niedersachsen-Bremen (Urteil vom 26.01.2022; Aktenzeichen L 13 SB 14/21 B) |
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 26. Januar 2022 Prozesskostenhilfe zu gewähren und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Gründe
I
Der Kläger begehrt in der Hauptsache die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von mindestens 50 anstelle von 40 sowie die Zuerkennung der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Nachteilsausgleiche G (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr) und B (Berechtigung für eine ständige Begleitung).
Auf seinen Neufeststellungsantrag vom 9.1.2017 stellte der Beklagte bei dem Kläger ab Antragstellung einen GdB von 30 anstelle von bisher 20 fest (Bescheid vom 20.6.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.10.2017). Das SG hat den Beklagten nach Einholung von Befundberichten der behandelten Ärzte sowie von Sachverständigengutachten des Facharztes für Innere Medizin M vom 24.10.2019 und des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie G vom 21.1.2020 verurteilt, bei dem Kläger ab dem 9.1.2017 einen GdB von 40 festzustellen. Im Übrigen hat es die Klage jedoch abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 27.1.2021).
Im Berufungsverfahren hat das LSG unter anderem mit Beschluss vom 28.10.2021 den Antrag des Klägers auf Prozesskostenhilfe (PKH) abgelehnt und einen auf den 25.11.2021 anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung auf Antrag des Klägers vom 14.10.2021 nach Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung aufgehoben. Sodann hat der Senatsvorsitzende mit Verfügung vom 20.12.2021 Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 26.1.2022 bestimmt. Auf Anfrage des Klägers hat ihm der Vorsitzende mit Schreiben vom 5.1.2022 mitgeteilt, dass Gegenstand des Verhandlungstermins seine Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 27.1.2021 sei, über den grundsätzlich aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden werden müsse, sofern er nicht mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden sei. Nach Hinweis des Klägers mit Schreiben vom 8.1.2022 auf ein beim BSG anhängiges Verfahren (B 9 SB 15/21 S) hat der Vorsitzende unter dem 10.1.2022 mitgeteilt, dass deshalb kein Anlass bestehe, den Verhandlungstermin aufzuheben. Mit weiterem Schreiben vom 12.1.2022 hat der Vorsitzende den Kläger vorsorglich darauf hingewiesen, dass bei einem erneuten Antrag auf Terminverlegung wegen einer akuten Erkrankung der Inhalt des zuletzt vorgelegten hausärztlichen Attestes vom 24.11.2021 für die Glaubhaftmachung einer erneuten Verhandlungs- und Reiseunfähigkeit nicht ausreichen werde. Vorzulegen sei eine aktuelle ärztliche Bescheinigung, die Art, Schwere und voraussichtliche Dauer der Erkrankung angebe und das Gericht in die Lage versetze, die Verhandlungs- bzw Reiseunfähigkeit des Klägers selbst zu beurteilen. Weiter hat der Vorsitzende in diesem Schreiben vorsorglich darauf hingewiesen, dass der Verhandlungstermin auch für den Fall des Nichterscheinens durchgeführt werde, soweit ein Verlegungsgrund nicht hinreichend glaubhaft gemacht werde. Mit Schreiben vom 25.1.2022 hat der Kläger nochmals sein "Recht auf Aufhebung oder Verlegung eines anberaumten Termins zur mündlichen Verhandlung" geltend gemacht und im Hinblick auf das beim BSG anhängige Verfahren die Aussetzung des Berufungsverfahrens beantragt.
Das LSG hat mit Beschluss vom 22.11.2021 (L 13 SF 16/21 AB ≪SB≫) Ablehnungsgesuche des Klägers vom 8.11.2021 gegen den Vorsitzenden Richter am LSG S, den Richter am LSG C und den Richter am SG Y - ohne Mitwirkung der abgelehnten Richter - zurückgewiesen. Weitere Ablehnungsgesuche gegen die Richter am LSG T, L, D und C sowie den Vorsitzenden Richter am LSG S und den Richter am SG Y sowie die Anhörungsrüge des Klägers gegen den vorgenannten LSG-Beschluss hat das LSG mit Beschluss vom 13.12.2021 als unzulässig verworfen. Des Weiteren hat es in diesem Beschluss auch den Antrag des Klägers auf PKH für das Anhörungsrügeverfahren abgelehnt (L 13 SF 17/21 AB ≪SB≫ und L 13 SB 110/21 RG). Den Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen diesen LSG-Beschluss PKH zu bewilligen, hat das BSG mit Beschluss vom 31.1.2022 (B 9 SB 15/21 S) abgelehnt. Weitere Ablehnungsgesuche des Klägers vom 20.1.2022 gegen den Vorsitzenden Richter am LSG S und den Richter am LSG C sowie den Richter am SG Y hat das LSG mit Beschluss vom 24.1.2022 (L 13 SF 1/22 AB ≪SB≫) - ebenfalls ohne Mitwirkung der abgelehnten Richter - zurückgewiesen bzw als unzulässig verworfen. Den Antrag des Klägers auf PKH für die Durchführung eines Beschwerdeverfahrens gegen diesen LSG-Beschluss hat das BSG mit Beschluss vom heutigen Tage (B 10 SF 3/22 BH) abgelehnt.
Der Kläger ist zur mündlichen Verhandlung am 26.1.2022 nicht erschienen. Mit Urteil vom selben Tag hat das LSG den vom Kläger geltend gemachten Anspruch verneint. Ebenso wie das SG ist das LSG den Sachverständigengutachten des Facharztes für Innere Medizin M vom 24.10.2019 und des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie G vom 21.1.2020 gefolgt. Der belastbar festgestellte gesundheitliche Gesamtzustand des Klägers rechtfertige nicht die Annahme eines GdB von 50. Auch die Voraussetzungen für die begehrten Nachteilsausgleiche G und B lägen nicht vor, da hierfür die Anerkennung eines GdB von zumindest 50 unabdingbare Voraussetzung sei.
Mit Schreiben vom 29.1.2022, beim BSG per Telefax am selben Tag eingegangen, hat der Kläger PKH unter Beiordnung eines Rechtsanwalts für die Durchführung des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des LSG vom 26.1.2022 beantragt. Er rügt die Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör. Das LSG habe zu Unrecht in seiner Abwesenheit verhandelt und entschieden. Nach der Terminierung des LSG auf den 26.1.2022 habe er die Aussetzung des Verfahrens beantragt, dem das LSG nicht nachgekommen sei. In dessen Schreiben vom 12.1.2022 seien nicht nachvollziehbare Anforderungen gestellt worden. Vielmehr müsse beim Vorliegen erheblicher Gründe ein Termin verlegt werden. Die Grundsätze eines fairen Verfahrens seien durch das LSG verletzt worden. Auch stelle dessen Entscheidung eine unzulässige Überraschungsentscheidung dar. Zudem sei zu beanstanden, dass auf sein Ablehnungsgesuch vom 20.1.2022 keine dienstlichen Äußerungen der abgelehnten Richter eingeholt worden seien. Auch sei der Sachverhalt nicht geklärt. Wegen der weiteren Ausführungen wird auf den Inhalt des vorgenannten Schreibens Bezug genommen. Ergänzend hat der Kläger eine Bescheinigung einer kardiologischen Praxis vom 26.1.2022 über einen dortigen Aufenthalt in der Zeit von 7.30 Uhr bis 8.20 Uhr vorgelegt.
II
Der Antrag des Klägers auf PKH ist abzulehnen. Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Die Rechtsverfolgung des Klägers bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Das gegen die angefochtene Berufungsentscheidung allein in Betracht kommende zulässige Rechtsmittel ist die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision (§ 160a SGG). Die Revision darf gemäß § 160 Abs 2 SGG nur zugelassen werden, wenn einer der dort abschließend genannten Revisionszulassungsgründe vorliegt. Das ist hier unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers im Beschwerdeverfahren und des weiteren Akteninhalts nicht erkennbar.
1. Es ist nicht ersichtlich, das ein zur Vertretung vor dem BSG zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 2 und 4 SGG) geltend machen könnte, dass der Rechtssache eine grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) zukommt. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne der vorgenannten Bestimmung hat eine Rechtssache aber nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Solche Rechtsfragen stellen sich im Falle des Klägers aber nicht. Des Weiteren ist nicht erkennbar, dass der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) vorliegt. Denn die angefochtene Entscheidung des LSG ist nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung abgewichen.
2. Schließlich lässt sich auch kein Verfahrensmangel feststellen, der gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zur Zulassung der Revision führen könnte.
a) Der Kläger rügt zunächst, dass das LSG den Sachverhalt nicht vollständig aufgeklärt habe. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann die geltend gemachte Sachaufklärungsrüge auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungspflicht) aber nur gestützt werden, wenn diese sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Für einen solchen Antrag ist vorliegend jedoch nichts ersichtlich (zu den Anforderungen an Beweisanträge bei nicht vertretenen Beteiligten s BSG Beschluss vom 21.12.2021 - B 9 V 34/21 B - juris RdNr 11 mwN). Soweit der Kläger sinngemäß meint, dass entgegen der Ansicht des LSG die bei ihm vorliegenden Funktionseinschränkungen mit einem GdB von mindestens 50 unter Zuerkennung der geltend gemachten Nachteilsausgleiche G und B zu bewerten seien, wendet er sich mit diesem Vorbringen gegen die Beweiswürdigung des LSG. Eine solche Rüge kann jedoch nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG nicht mit Erfolg in einem Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren geltend gemacht werden. Denn in einem solchen Verfahren kann die Richtigkeit der Beweiswürdigung des LSG (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG) nicht überprüft werden. Soweit der Kläger eine unzutreffende Rechtsanwendung des LSG in seinem Einzelfall rügen wollte, kann er auch insoweit keine Revisionszulassung erreichen (vgl stRspr; zB BSG Beschluss vom 27.12.2018 - B 9 SB 3/18 BH - juris RdNr 18). Gleiches gilt für die in diesem Kontext geltend gemachte Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG). Die Gerichte werden durch Art 103 Abs 1 GG nicht dazu verpflichtet, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen (BSG Beschluss vom 10.10.2017 - B 13 R 234/17 B - juris RdNr 6 mwN). Der Anspruch auf rechtliches Gehör gewährleistet nur, dass der Kläger mit seinem Vortrag "gehört", nicht jedoch "erhört" wird (vgl stRspr; BSG Beschluss vom 18.4.2019 - B 9 SB 2/19 BH - juris RdNr 8).
b) Für die in diesem Zusammenhang gerügte Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren ist ebenfalls nichts ersichtlich. Der aus Art 2 Abs 1 GG iVm mit dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Anspruch auf ein faires Verfahren ist nur dann verletzt, wenn grundlegende Rechtsschutzstandards, wie das Gebot der Waffengleichheit zwischen den Beteiligten, das Verbot von widersprüchlichem Verhalten oder von Überraschungsentscheidungen nicht gewahrt werden (vgl BSG Beschluss vom 18.4.2019 - B 9 SB 2/19 BH - juris RdNr 9; BSG Beschluss vom 24.1.2018 - B 13 R 4/16 BH - juris RdNr 30). Dies ist hier nicht gegeben. Nach den im Verfahren vorliegenden gutachtlichen Feststellungen von zwei Sachverständigen und der bereits vorangegangenen Abweisung der Klage durch das SG mit Gerichtsbescheid vom 27.1.2021 musste der Kläger zumindest damit rechnen, dass auch seine Berufung keinen Erfolg haben könnte.
c) Ebenso wenig ist eine Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör aufgrund der Ablehnung seiner Anträge auf Aussetzung des Verfahrens und sinngemäß auf Terminverlegung ersichtlich. Gründe für eine Aussetzung wegen Vorfragen iS von § 114 SGG sind weder vorgetragen noch liegen sie nach Aktenlage vor. Wegen der beim BSG anhängigen Verfahren des Klägers war eine Aussetzung nicht geboten. Auch hinsichtlich einer Terminverlegung sind keine erheblichen Gründe iS des § 227 Abs 1 ZPO iVm § 202 Satz 1 SGG erkennbar. Der Kläger hat gegenüber dem LSG schon nicht dargetan, weshalb ihm eine Teilnahme an dem Termin vom 26.1.2022 nicht möglich gewesen wäre. Diesbezüglich hat ihm der Vorsitzende mit Schreiben vom 10.1.2022 mitgeteilt, dass kein Anlass bestehe, im Hinblick auf beim BSG anhängige Verfahren den Verhandlungstermin aufzuheben. Mit weiterem Schreiben vom 12.1.2022 hat der Vorsitzende vorsorglich ua darauf hingewiesen, dass bei einem weiteren Antrag auf Terminverlegung wegen einer akuten Erkrankung der Inhalt des zuletzt vorgelegten hausärztlichen Attestes vom 24.11.2021 für die Glaubhaftmachung einer erneuten Verhandlungs- bzw Reiseunfähigkeit nicht ausreichen werde. Vorzulegen seien eine aktuelle ärztliche Bescheinigung, die Art, Schwere und voraussichtliche Dauer einer Erkrankung angebe und das Gericht in die Lage versetze, die Verhandlungs- bzw Reiseunfähigkeit des Klägers selbst zu beurteilen. Vorsorglich hat der Vorsitzende weiter darauf hingewiesen, dass der Verhandlungstermin auch für den Fall des Nichterscheinens des Klägers durchgeführt werde, soweit von ihm ein Verlegungsgrund nicht hinreichend glaubhaft gemacht sein sollte. Mit Schreiben vom 25.1.2022 (eingegangen beim LSG um 19.27 Uhr) hat der Kläger zwar nochmals auf sein Recht auf Aufhebung oder Verlegung des anberaumten Termins zur mündlichen Verhandlung hingewiesen. Er hat aber keinen erheblichen Grund für eine Verlegung des Termins unter Beifügung entsprechender Nachweise mitgeteilt. Die nach dem Ende der mündlichen Verhandlung vor dem LSG am 26.1.2022 per Telefax beim BSG vorgelegte ärztliche Bescheinigung bestätigt im Übrigen lediglich, dass der Kläger am 26.1.2022 in der Zeit von 7.30 Uhr bis 8.20 Uhr in einer kardiologischen Praxis gewesen ist. Weitere Angaben enthält sie nicht. Zudem trägt der Kläger nicht vor, weshalb er gegenüber dem LSG keine Angaben zur behaupteten Terminverhinderung gemacht hat. Die Mitteilung der vom Vorsitzenden im Schreiben vom 12.1.2022 erbetenen Auskünfte im Falle einer Terminverhinderung waren ihm auch zumutbar (vgl BSG Beschluss vom 13.12.2018 - B 5 R 192/18 B - juris RdNr 8 mwN).
d) Auch ein Verstoß des Berufungsgerichts gegen Art 101 Abs 1 Satz 2 GG durch den Entzug des gesetzlichen Richters ist nicht ersichtlich. Dass das LSG die Ablehnungsgesuche des Klägers vom 20.1.2022 gegen den Vorsitzenden Richter am LSG S und den Richter am LSG C zurückgewiesen und gegen den Richter am SG Y als unzulässig verworfen sowie im angefochtenen Urteil unter Mitwirkung der abgelehnten Richter S und C in der Sache entschieden hat, ohne das Verfahren vor dem BSG (B 9 SB 15/21 S) abzuwarten, ist nicht zu beanstanden.
Nach § 60 Abs 1 SGG iVm § 42 Abs 2 ZPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Dies ist nur dann der Fall, wenn ein objektiv vernünftiger Grund vorliegt, der den Beteiligten von seinem Standpunkt aus vernünftigerweise befürchten lassen kann, der Richter werde nicht unparteiisch entscheiden. Dabei müssen die Zweifel an der Unparteilichkeit ihren Grund im eigenen Verhalten des Richters haben, während ein im Rahmen gebotener richterlicher Verfahrensweise liegendes Verhalten ein Ablehnungsgesuch nicht begründen kann (BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a SB 18/06 B - SozR 4-1500 § 60 Nr 4 RdNr 13 mwN). Über das Ablehnungsgesuch entscheidet das Gericht, dem der abgelehnte Richter angehört, ohne dessen Mitwirkung (§ 60 Abs 1 SGG iVm § 45 Abs 1 ZPO). Vom BSG ist die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs typischerweise nicht überprüfbar, weil der Beschluss unanfechtbar ist (vgl § 177 SGG), sofern sie nicht willkürlich erfolgt ist oder die Zurückweisung darauf hindeutet, dass das Gericht Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie des Art 101 Abs 1 Satz 1 GG grundlegend verkannt hat (stRspr; zB BSG Beschluss vom 18.5.2017 - B 10 ÜG 2/17 BH - juris RdNr 9 mwN).
Entsprechend diesen Grundsätzen hat das LSG mit Beschluss vom 24.1.2022 ohne die abgelehnten Richter durch die Richterinnen T - als Vorsitzende -, M und S über das Ablehnungsgesuch des Klägers vom 20.1.2022 entschieden, ohne dass eine willkürliche Zurückweisung des Antrags vom Kläger vorgetragen oder nach dem Akteninhalt ersichtlich wäre. Sofern der Kläger rügt, die abgelehnten Richter hätten keine dienstlichen Äußerungen abgegeben, so ist auch insoweit kein Verfahrensfehler ersichtlich. Zwar sieht § 60 Abs 1 SGG iVm § 44 Abs 3 ZPO ausdrücklich vor, dass der abgelehnte Richter eine dienstliche Äußerung zum Inhalt des Ablehnungsgesuchs abzugeben hat (vgl BSG Beschluss vom 26.5.2014 - B 12 KR 67/13 B - juris RdNr 12; BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a SB 18/06 B - SozR 4-1500 § 60 Nr 4 RdNr 12). Deren Fehlen ist indes dann unschädlich, wenn der zu beurteilende Sachverhalt eindeutig feststeht. Eine Äußerung des abgelehnten Richters ist nämlich grundsätzlich nur zu Tatsachen erforderlich, die hier - soweit es die von dem Kläger angeführten Gründe für eine Besorgnis der Befangenheit betrifft - anhand der Akten eindeutig feststellbar sind (vgl BSG Beschluss vom 23.10.2017 - B 4 AS 49/17 BH - juris RdNr 3; BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a SB 18/06 B - SozR 4-1500 § 60 Nr 4 RdNr 12). Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, weshalb der bloße Umstand, dass das LSG dem Aussetzungs- bzw Terminverlegungsantrag des Klägers nicht stattgeben hat, Zweifel an der Unparteilichkeit der abgelehnten Richter begründen könnten. Soweit darüber hinaus der Kläger der Auffassung ist, Ermittlungsdefizite festgestellt zu haben, so ist dem durch entsprechende prozessordnungsgemäße Beweisanträge zu begegnen. Ein Ablehnungsgesuch ist nicht geeignet, die gewünschten Ermittlungen zu erzwingen. Ebenso wenig begründen Fehler des Richters, sofern nicht besondere weitere Umstände hinzutreten, eine Besorgnis der Befangenheit. Vielmehr müssen mit dem Ablehnungsgesuch Gründe dargetan werden, die dafür sprechen, dass die mögliche Fehlerhaftigkeit auf einer unsachlichen Einstellung des Richters gegen den ablehnenden Beteiligten oder auf Willkür beruht (vgl BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a SB 18/06 B - SozR 4-1500 § 60 Nr 4 RdNr 13 mwN). Hierfür bestehen vorliegend jedoch keine Anhaltspunkte.
e) Schließlich durfte das LSG durch Urteil nach mündlicher Verhandlung vom 26.1.2022 entscheiden, obwohl der Kläger nicht erschienen war, nachdem die Beteiligten auf diese Möglichkeit in der Ladung hingewiesen worden waren (§ 110 Abs 1 Satz 2 SGG) und - wie ausgeführt - auch keine Gründe für eine Terminaufhebung oder Aussetzung des Verfahrens vorlagen. Das fehlende Einverständnis des Klägers ist unerheblich.
3. Aufgrund der Ablehnung des PKH-Antrags entfällt zugleich die Möglichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
Kaltenstein |
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Ch. Mecke |
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Othmer |
Fundstellen
Dokument-Index HI15177629 |