Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 20. August 2019 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten darüber, ob die Klägerin zur Zahlung von Beiträgen in der Pflegeversicherung verpflichtet ist, obwohl im Falle einer zukünftigen Wohnsitzverlegung nach Serbien ihre Ansprüche ruhen würden. Die Beklagte lehnte einen Antrag der Klägerin auf Feststellung, dass eine Versicherungspflicht in der Pflegeversicherung nicht bestehe, ab (Bescheid vom 5.7.2012, Widerspruchsbescheid vom 9.11.2012). Das SG Hamburg hat die Klage dagegen abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 25.6.2018). Das LSG Hamburg hat die Berufung zurückgewiesen. Ein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip liege nicht vor, weil der Beitragspflicht der Klägerin nach den gegenwärtigen Lebensverhältnissen ein Leistungsanspruch gegenüberstehe. Einem Antrag auf Feststellung, dass der Leistungsausschluss bei einem künftigen Wohnsitz im EU-Ausland gegen das Grundgesetz verstoße, würde es am erforderlichen Rechtsschutzinteresse mangeln. Im Übrigen sei die grundsätzliche Beschränkung der Leistungen auf das Inland aus Gründen der Qualitätskontrolle gerechtfertigt; bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise komme es nicht auf die konkrete Situation in Serbien an. Die Klägerin werde nicht wegen ihrer Staatsangehörigkeit diskriminiert, weil das Gesetz an die Wohnsitznahme anknüpfe (Urteil vom 20.8.2019).
Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG). Die Klägerin hat entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG den allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht hinreichend dargelegt.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine abstrakt-generelle Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - allgemeine Bedeutung hat und aus Gründen der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung einer Klärung durch das Revisionsgericht bedarf (Klärungsbedürftigkeit) und fähig (Klärungsfähigkeit) ist. Mit der Beschwerdebegründung ist daher aufzuzeigen, welche rechtliche Frage sich zu einer bestimmten Norm des Bundesrechts iS des § 162 SGG stellt. Hierzu ist anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums auszuführen, weshalb eine Klärung erforderlich und im angestrebten Revisionsverfahren zu erwarten ist. Schließlich ist darzulegen, dass der angestrebten Entscheidung eine über den Einzelfall hinausgehende Breitenwirkung zukommt (vgl BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Die Klägerin hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam,
"ob es mit Verfassungsrecht vereinbar ist, wenn der Gesetzgeber einerseits die Pflegeverssicherung als Pflichtversicherung ausgestaltet, andererseits aber keine Leistungen vorsieht, sobald ein Pflichtversicherter die Bundesrepublik Deutschland verlässt und sich in seinen Heimatstaat außerhalb von EU und EWR niederlässt."
Die Klägerin hat damit bereits keine Rechtsfrage zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (§ 162 SGG) mit höherrangigem Recht formuliert. Die Bezeichnung einer hinreichend bestimmten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (BSG Beschluss vom 10.9.2014 - B 10 ÜG 3/14 B - juris RdNr 11 mwN). Eine Rechtsfrage ist so konkret zu formulieren, dass sie als Grundlage für die Darlegung der weiteren Merkmale der grundsätzlichen Bedeutung (Klärungsbedürftigkeit, Klärungsfähigkeit, Breitenwirkung) geeignet ist (Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl 2017, § 160a RdNr 97). Es muss daher deutlich werden, welche konkrete Regelung des einfachen Rechts mit welchen Normen der Verfassung nicht in Einklang stehend erachtet wird; dies gilt hier in besonderem Maße deshalb, weil die Klägerin die Beitragspflicht im Hinblick auf einen noch nicht vollzogenen Umzug angreift.
Selbst wenn eine hinreichende Anknüpfung an die Regelungen des SGB IX und des GG unterstellt würde, fehlt es an einer Darlegung der Klärungsbedürftigkeit dieser Thematik.
Eine Rechtsfrage ist dann als höchstrichterlich geklärt und damit als nicht (mehr) klärungsbedürftig anzusehen, wenn diese bereits beantwortet ist. Ist sie noch nicht ausdrücklich entschieden, genügt es, dass schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der vom Beschwerdeführer als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl BSG Beschluss vom 30.8.2016 - B 2 U 40/16 B - SozR 4-1500 § 183 Nr 12 RdNr 7 mwN; s auch Beschluss vom 28.11.2018 - B 12 R 34/18 B - juris RdNr 6). Insoweit hätte eine substantiierte Auseinandersetzung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Verfassungsmäßigkeit des Ruhens von Leistungsansprüchen im Ausland (vgl BSG Urteil vom 25.2.2015 - B 3 P 6/13 R - BSGE 118, 110 = SozR 4-3300 § 34 Nr 2; BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 17.3.2008 - 1 BvR 96/06 - BVerfGK 13, 406 = SozR 4-2500 § 17 Nr 2) erfolgen müssen. Insbesondere hätte die Klägerin darlegen müssen, dass trotz dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung noch oder wieder Klärungsbedarf bestehe. Die Klägerin zeigt aber weder auf, dass der höchstrichterlichen Rechtsprechung mit gewichtigen Argumenten in Literatur und Rechtsprechung substantiell widersprochen worden wäre, noch wirft sie völlig neue, nicht erwogene Gesichtspunkte auf, die eine andere Beurteilung nahelegen könnten (vgl zu diesem Darlegungserfordernis BSG Beschluss vom 23.6.2010 - B 12 KR 14/10 B - juris RdNr 11 mwN). Hierfür reicht es nicht aus, sich allein auf die eigene abweichende Auffassung zu stützen und Misstrauen in die Motivation des Gesetzgebers zu äußern.
Im Hinblick auf Art 2 Abs 1 GG bzw Art 14 Abs 1 GG beschäftigt sich die Klägerin insbesondere nicht hinreichend mit den mangelnden Umsetzungs- und (hoheitlichen) Kontrollmöglichkeiten der Versicherungsträger im Ausland, die den Leistungsausschluss nach § 34 Abs 1 Nr 1 Satz 1 SGB XI aus Gründen des Allgemeinwohls rechtfertigen (vgl hierzu BSG Urteil vom 25.2.2015 - B 3 P 6/13 R - BSGE 118, 110 = SozR 4-3300 § 34 Nr 2, RdNr 31; BSG Urteil vom 20.4.2016 - B 3 P 4/14 R - BSGE 121, 108 = SozR 4-3300 § 34 Nr 3, RdNr 27; BSG Beschluss vom 21.12.1971 - GS 6/71 - BSGE 33, 280, 284 = SozR Nr 13 zu 1302 RVO). Danach ist auch bezüglich des Pflegegelds zu berücksichtigen, dass dieses nur zweckgebunden zur Sicherstellung der Pflege eingesetzt werden darf (BSG Urteil vom 25.2.2015, aaO, RdNr 31).
Zur Infragestellung dieser Rechtsprechung reicht es nicht, wenn die Klägerin die Gleichwertigkeit der medizinischen Infrastruktur und medizinischer Gutachten in Serbien behauptet. Eine substantiierte Auseinandersetzung liegt auch nicht in der Forderung nach einem "sozialen Besitzstand" in der Pflegeversicherung wie in der Rentenversicherung.
Soweit die Klägerin eine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit rügt, setzt sie sich auch nicht hinreichend mit der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung (vgl BVerfG Beschluss vom 17.3.2008 - 1 BvR 96/06 - BVerfGK 13, 406 = SozR 4-2500 § 17 Nr 2 - juris RdNr 4; BVerfG Beschluss vom 30.12.1999 - 1 BvR 809/95 - SozR 3-1200 § 30 Nr 20 - juris RdNr 11; BVerfG Beschluss vom 2.7.1998 - 1 BvR 810/90 - juris RdNr 6) auseinander, wonach es ein grundsätzlich nicht zu beanstandendes Ziel nationaler Sozialpolitik sein kann, sozial relevante Tatbestände im eigenen Staatsgebiet zu formen und zu regeln. Dabei kann der gewöhnliche Aufenthalt einer Person im jeweiligen Staatsgebiet - ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit - ein systemgerechter Anknüpfungspunkt für die mitgliedschaftliche Einbeziehung in nationale Sozialversicherungssysteme sein, der sich auch in anderen nationalen Sozialversicherungssystemen durchgesetzt hat (vgl BVerfG Beschluss vom 2.7.1998 - 1 BvR 810/90 - juris RdNr 6). Dass davon im deutschen Sozialversicherungsrecht Ausnahmen (zB §§ 4, 5 SGB IV) vorgesehen sind oder abweichende zwischenstaatliche bzw europarechtliche Regelungen getroffen werden können, ändert an diesem Grundsatz nichts. Insofern ist der Verweis auf Regelungen innerhalb der EU oder des EWR nicht weiterführend. Abgesehen davon hat die Klägerin auch keine Ausführungen dazu gemacht, weshalb sie bereits im Vorfeld eines Umzugs eine Ungleichbehandlung geltend machen könnte, obwohl der Versicherungsträger in dieser Zeit das volle versicherte Risiko getragen hat.
Aus der Beschwerdebegründung wird schließlich auch nicht deutlich, inwieweit der von der EMRK gewährte Schutz über die Grundrechtsgarantien des Grundgesetzes hinausgehen soll.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13855489 |