Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsweg. Zuständigkeit der Sozialgerichte für Streitigkeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Zusammenhang mit der Übertragung eines Wertguthabens auf die Deutsche Rentenversicherung Bund. öffentlich-rechtliche Natur des Rechtsverhältnisses. sozialversicherungsrechtliche Portabilität des Wertguthabens. keine Zersplitterung der Rechtsprechung aufgrund verschiedener Rechtswegzuständigkeiten
Leitsatz (amtlich)
Für eine im Zusammenhang mit der Übertragung von Wertguthaben auf die Deutsche Rentenversicherung Bund nach dem Vierten Buch Sozialgesetzbuch stehende Streitigkeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ist der Rechtsweg vor die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet.
Orientierungssatz
Eine Zersplitterung der Rechtsprechung aufgrund verschiedener Rechtswegzuständigkeiten ist zu besorgen, wenn bei einheitlichem Streitgegenstand wegen einer "Doppelqualifikation" bzw "Doppelnatur" des behaupteten Rechtsverhältnisses oder Anspruchs eine gleichzeitige Zuordnung zu mehreren Rechtswegen in Betracht kommt oder eine insoweit gleichzustellende Situation vorliegt.
Normenkette
SGG § 51 Abs. 1 Nrn. 5, 10, § 75 Abs. 2, 5; ArbGG § 2 Abs. 1; GVG § 17 Abs. 2 S. 1, § 17a Abs. 2 S. 1; SGB 4 § 7f Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Hs. 1, Nr. 1, S. 2, Abs. 3 S. 1; SGB 4 § 7 Abs. 1b; SGB 4 § 7b; SGB 4 § 7d Abs. 1; SGB 4 § 7e Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
LSG Hamburg (Beschluss vom 27.10.2014; Aktenzeichen L 2 R 58/14 B) |
SG Hamburg (Beschluss vom 21.04.2014; Aktenzeichen S 9 R 371/13) |
Tenor
Die weitere Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Landessozialgerichts Hamburg vom 27. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens und des Verfahrens der weiteren Beschwerde.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Zwischenverfahrens darüber, ob der vom Kläger beschrittene Rechtsweg vor die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit in einem Rechtsstreit eröffnet ist, der im Zusammenhang mit der Übertragung eines Wertguthabens auf die beigeladene Deutsche Rentenversicherung Bund steht.
Nachdem das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der beklagten AG geendet hatte, verlangte der Kläger durch schriftliche Erklärung gegenüber seiner früheren Arbeitgeberin, dass das aufgebaute Wertguthaben auf die Beigeladene übertragen wird. Im Januar 2013 lehnte die Wertguthabenverwaltung der Beigeladenen seinen "Antrag" auf Übertragung eines Wertguthabens in Höhe von 365 978,83 Euro ab, weil dieses Wertguthaben die Arbeitgeberanteile am Gesamtsozialversicherungsbeitrag nicht enthalte und ihr die Übernahme von Wertguthaben ohne den Beitragsanteil des Arbeitgebers nach § 7f Abs 1 S 1 Nr 2 SGB IV nicht möglich sei. Der Kläger beantragt in dem zu Grunde liegenden anhängigen Rechtsstreit, die Beklagte zu verurteilen, an die Beigeladene "zum Zwecke der Übertragung eines Wertguthabens" 407 883,40 Euro zu zahlen.
Im Juni 2013 hat der Kläger eine "Vorabentscheidung über die Rechtswegezuständigkeit" beantragt. Mit Beschluss vom 21.4.2014 hat das SG Hamburg den Rechtsweg zu den Sozialgerichten für zulässig erklärt. Das LSG Hamburg hat die Beschwerde der Beklagten mit Beschluss vom 27.10.2014 zurückgewiesen, weil für die Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch nach § 51 Abs 1 Nr 5 SGG die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit und nicht die Arbeitsgerichte zuständig seien. Als Anspruchsgrundlage für das Klagebegehren komme allein § 7f Abs 1 S 1 Nr 2 Halbs 1 SGB IV und damit eine Regelung aus dem Bereich der Gemeinsamen Vorschriften für die Sozialversicherung in Betracht. Soweit diese an zivilrechtliche Sachverhalte aus einem Arbeitsverhältnis anknüpfe, liege das in der Natur der staatlichen Sozialversicherung und mache diese Vorschrift nicht zu einer solchen des bürgerlichen Rechts. Für die Annahme einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit auf dem Gebiet des Sozialrechts spreche auch, dass die Beigeladene - anders als beispielsweise ein neuer Arbeitgeber nach § 7f Abs 1 S 1 Nr 1 SGB IV - zur Entgegennahme eines Wertguthabens verpflichtet sei. Ferner beruhe die Übertragungsverpflichtung der früheren Arbeitgeberin nicht allein auf den hierzu getroffenen arbeitsvertraglichen Verpflichtungen; sie bezwecke nämlich auch die sozialversicherungsrechtliche Absicherung betroffener Arbeitnehmer. Die Gefahr einer Zersplitterung der Rechtsprechung sei nicht zu befürchten.
Mit ihrer vom LSG zugelassenen weiteren Beschwerde rügt die Beklagte eine Verletzung von § 51 Abs 1 Nr 5 SGG und § 2 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG). Bei dem Rechtsstreit handele es sich ausschließlich um einen solchen zwischen Privaten und damit eine Zivilsache. Dass sich Regelungen zum Wertguthaben auch im SGB IV befänden, sei dabei ohne Bedeutung, zumal der Kläger sie - die Beklagte - und nicht die Beigeladene verklagt habe. Auch sei eine "Zersplitterung der Rechtspflege" zu besorgen, wenn bei einer Auszahlung des Wertguthabens an den Arbeitnehmer selbst oder in Fällen der Übertragung an einen neuen Arbeitgeber nach § 7f Abs 1 S 1 Nr 1 SGB IV die Arbeitsgerichte entschieden, für den hier zu beurteilenden Streit aber Sozialgerichte zuständig seien. Im Übrigen handele die Beigeladene in Fällen des § 7f Abs 1 S 1 Nr 2 SGB IV nicht als Sozialversicherungsträger, sondern zunächst als "Verwahrer" des Geldes, später als "Auszahlstelle" oder "fiktiver Arbeitgeber".
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse des Sozialgerichts Hamburg vom 21. April 2014 und des Landessozialgerichts Hamburg vom 27. Oktober 2014 aufzuheben,
festzustellen, dass der Rechtsweg zu den Gerichten der Arbeitsgerichtsbarkeit eröffnet ist,
und
den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Hamburg zu verweisen.
Der Kläger und die Beigeladene beantragen,
die Beschwerde der Beklagten zurückzuweisen.
Sie verteidigen den angefochtenen Beschluss.
II. Die weitere Beschwerde der Beklagten, über die der Senat ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter entscheiden konnte (§ 12 Abs 1 S 2, § 153 Abs 1, § 165 SGG), ist nach § 177 und § 202 SGG iVm § 17a Abs 4 S 4 GVG statthaft, weil das LSG den Rechtsbehelf zugelassen hat und die Entscheidung für das BSG bindend ist (§ 202 SGG iVm § 17a Abs 4 S 6 GVG). Sie ist auch fristgerecht erhoben worden, weil sie in entsprechender Anwendung des § 173 SGG sowohl beim LSG als auch beim BSG eingelegt werden konnte (BSG SozR 4-1720 § 17a Nr 9 RdNr 6 unter Hinweis auf BSG SozR 3-1500 § 51 Nr 24; BSG SozR 4-1720 § 17a Nr 3; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 51 RdNr 61) und beim BSG innerhalb der Monatsfrist eingegangen ist.
In der Sache erweist sich die weitere Beschwerde der Beklagten aber als unbegründet. Nach § 202 SGG iVm § 17a Abs 2 S 1 GVG spricht das Gericht, wenn der zu ihm beschrittene Rechtsweg unzulässig ist, dies aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges. Eine Verweisung des Rechtsstreits ist jedoch nur dann geboten und zulässig, wenn der beschrittene Rechtsweg schlechthin, dh für den Klageanspruch mit allen in Betracht kommenden Klagegründen, nicht eröffnet ist (BSG SozR 4-1720 § 17a Nr 9 RdNr 7 unter Hinweis auf BVerwG Buchholz 300 § 17a GVG Nr 5 = NVwZ 1993, 358 mwN). Ist das nicht der Fall, entscheidet das angegangene Gericht des zulässigen Rechtsweges nach § 17 Abs 2 S 1 GVG den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten.
Vorliegend hat das LSG zu Recht die Beschwerde gegen den Beschluss des SG, mit dem dieses den Rechtsweg vor die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit als zulässig angesehen hat, zurückgewiesen. Für den mit der Klage geltend gemachten Anspruch (dazu 1.) ist der Rechtsweg vor die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet, weil er sonstige Angelegenheiten der Sozialversicherung betrifft (§ 51 Abs 1 Nr 5 SGG). Insbesondere ist die Streitigkeit - für deren Beurteilung es weder eine (abdrängende) Sonderzuweisung noch eine (aufdrängende) Spezialzuweisung (vgl § 51 Abs 1 Nr 10 SGG) gibt - öffentlich-rechtlicher Natur (nichtverfassungsrechtlicher Art) und nicht - wie die Beklagte meint - eine "Zivilsache", die in die ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen (vgl § 2 Abs 1 Nr 1 ff ArbGG) fällt (dazu 2.).
1. Maßgebender Anknüpfungspunkt für die Beurteilung der Zulässigkeit eines Rechtsweges ist die wahre Natur des im Sachvortrag des Klägers behaupteten Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (stRspr des BSG; zB schon GmSOGB vom 4.6.1974 - GmS-OGB 2/73 - BSGE 37, 292 = SozR 1500 § 51 Nr 2 S 2; GmSOGB vom 10.4.1986 - GmS-OGB 1/85 - SozR 1500 § 51 Nr 39 S 67; GmSOGB vom 29.10.1987 - GmS-OGB 1/86 - SozR 1500 § 51 Nr 47 S 82 f; zuletzt BSG SozR 4-3500 § 75 Nr 5 RdNr 7, SozR 4-1500 § 51 Nr 12 RdNr 8 und SozR 4-1720 § 17a Nr 9 RdNr 9). Diese ist auf der Grundlage des Klagebegehrens und des zu seiner Begründung vorgetragenen Sachverhalts zu ermitteln. Abzustellen ist mithin auf den Streitgegenstand (GmSOGB vom 29.10.1987 - GmS-OGB 1/86 - SozR 1500 § 51 Nr 47 S 83), dh den prozessualen Anspruch, der durch den zur Begründung vorgetragenen tatsächlichen Lebenssachverhalt (Klagegrund) näher bestimmt wird (vgl hierzu im Einzelnen Sodan in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl 2014, § 40 RdNr 266 ff mwN). Ohne Bedeutung für die Beurteilung des streitigen Rechtsverhältnisses sind etwa die Rechtsfolgen/Wirkungen, die eine erfolgreiche Klage auslösen würde, selbst wenn solche in Rechtsbereichen eintreten, für die ein anderer Rechtsweg eröffnet wäre. Gleiches gilt für den Einfluss etwaiger Vor- oder Nachfragen. Auch Fragen aus - rechtswegfremden - Bereichen, die dem eigentlichen Streitgegenstand "vorgelagert" oder "nachgelagert" und weiter zu prüfen sind, berühren die - nach den oben genannten Grundsätzen zu treffende - Entscheidung über die Rechtswegezuständigkeit nicht (GmSOGB vom 29.10.1987 - GmS-OGB 1/86 - SozR 1500 § 51 Nr 47 S 83). Grundsätzlich kommt dem für den Streitgegenstand zuständigen Gericht nämlich auch die "Vorfragen-" und "Nachfragenprüfungskompetenz" zu, wenn für diese Fragen als solche eigentlich ein anderer Rechtsweg eröffnet wäre (§ 17 Abs 2 S 1 GVG).
Als Ziel des Rechtsschutzbegehrens des Klägers, das nach dem Klageantrag und dem zu seiner Begründung vorgetragenen tatsächlichen Lebenssachverhalt (Klagegrund) auszulegen ist, kommt - so das SG - die Verurteilung der Beklagten zur Aufstockung des Wertguthabens um Arbeitgeberanteile am Gesamtsozialversicherungsbeitrag vor einer Übertragung auf die Beigeladene nach § 7f Abs 1 S 1 Nr 2 SGB IV und - wie das LSG vertritt - zusätzlich (hilfsweise) die Verurteilung der Beigeladenen (ggf nach § 75 Abs 5 SGG) zur Annahme des Wertguthabens "ohne besagte Aufstockung" nach § 7f Abs 1 S 1 Nr 2 SGB IV in Betracht.
2. Für diesen Rechtsstreit ist der Rechtsweg vor die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet, weil es sich bei ihm um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit (nichtverfassungsrechtlicher Art) in sonstigen Angelegenheiten der Sozialversicherung (§ 51 Abs 1 Nr 5 SGG) handelt.
Die Beteiligten streiten der Sache nach über Fragen der sozialversicherungsrechtlichen "Portabilität" eines - nach sozialversicherungsrechtlichen Grundsätzen (vgl § 7b und § 7d Abs 1 SGB IV) - vereinbarten, in der Arbeits-/Ansparphase auf einem Langzeitarbeitskonto angesammelten und geführten Wertguthabens, insbesondere über dessen sozialversicherungsrechtliche Eignung/Fähigkeit, bei Beendigung der Beschäftigung auf die Beigeladene übertragen zu werden. Diese Fragen sind in Anwendung eines Rechtssatzes des öffentlichen Rechts respektive Sozialversicherungsrechts zu beantworten, nämlich nach § 7f Abs 1 S 1 Nr 2 SGB IV. Die öffentlich-rechtlichen/sozialversicherungsrechtlichen Wirkungen der Übertragung des Wertguthabens nach dieser Vorschrift bestehen darin, dass die Deutsche Rentenversicherung Bund das Wertguthaben als übertragene Aufgabe nach § 30 Abs 1 SGB IV treuhänderisch bis zu dessen endgültiger Auflösung durch den Beschäftigten verwaltet (vgl § 7f Abs 3 S 1 SGB IV) und bis dahin die sozialversicherungsrechtlichen Arbeitgeberpflichten (zB §§ 28a, 28d, 28e Abs 1 S 1, § 28h Abs 1 S 1 SGB IV) zu übernehmen hat (vgl § 7f Abs 1 S 2 SGB IV).
Für die Annahme des Rechtsweges vor die Sozialgerichte unerheblich ist, dass die Modalitäten von Wertguthaben (selbst) regelmäßig arbeitsvertraglich - in Individualarbeitsverträgen, Tarifverträgen oder aufgrund von Tarifverträgen in Betriebsvereinbarungen (vgl § 7e Abs 1 S 2 SGB IV) - verabredet werden. Wie sich eine Klärung der - sozialversicherungsrechtlichen - Hauptfrage in dem vom Kläger gewünschten Sinne auf der arbeitsvertraglichen Ebene auswirken würde, wäre ggf vom zuständigen SG - ebenso wie sich stellende sozialversicherungsrechtliche Fragen (vgl hierzu etwa Ulbrich/Rihn, Der Betrieb 2009, 1466, 1467 f, 1470) - aufgrund seiner "Vorfragen-" bzw "Nachfragenprüfungskompetenz" mitzuentscheiden. Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang weiter, dass die Bestimmungen in §§ 7 ff SGB IV in mehrerlei Hinsicht an "zivilrechtliche Sachverhalte aus einem Arbeitsverhältnis" anknüpfen und neben dem Versicherten auch dessen (zivilrechtlichen) Arbeitgeber in die Pflicht nehmen bzw der genannte Regelungskomplex sogar (explizit) arbeitsrechtliche Vorschriften (vgl - zu § 7 Abs 1b SGB IV - BSGE 113, 144 = SozR 4-2400 § 7 Nr 18, RdNr 31) enthält. Zutreffend weist das LSG darauf hin, dass dies in der Natur der staatlichen Sozialversicherung liegt und die öffentlich-rechtliche Natur der streitentscheidenden Rechtsnorm (§ 7f Abs 1 S 1 Nr 2 SGB IV) nicht berührt. So ist der Rechtsweg vor die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit auch in anderen Fällen eines Streits zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eröffnet, etwa wenn es um Fragen des Arbeitgeberzuschusses zur freiwilligen oder privaten Krankenversicherung, der Berichtigung von Arbeitsbescheinigungen oä geht (vgl hierzu im Einzelnen Keller, aaO, § 51 RdNr 39).
Für die Beurteilung des Rechtsweges nicht relevant ist ferner, in welcher konkreten Funktion ("Sozialkasse", "Verwahrer", "Auszahlstelle" oder "fiktiver Arbeitgeber") die Beigeladene ihre öffentliche Aufgabe nach § 7f Abs 1 S 1 Nr 2 SGB IV erfüllt, soweit sie dem bisherigen Arbeitgeber hierbei jedenfalls im hoheitlichen Über-/Unterordnungsverhältnis gegenübertritt. Davon geht sogar die Beklagte (selbst) aus. Auch kommt es nicht darauf an, dass die Verwertung des in der Arbeits-/Ansparphase aufgebauten Wertguthabens im Falle einer Beendigung der Beschäftigung bis zur Entscheidung des Beschäftigten hierüber - wie die Beklagte meint - als "Entscheidung über Geld" in seiner "alleinigen privaten Disposition" steht. Denn in Fällen wie dem hier zu beurteilenden hat der Beschäftigte seine Entscheidung - mit dem Ziel einer Übertragung des Wertguthabens auf die Deutsche Rentenversicherung Bund - (bereits) getroffen.
Eine ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen (§ 2 Abs 1 Nr 1 ff ArbGG) ergibt sich hier auch nicht deshalb, weil der Kläger die Beklagte als frühere Arbeitgeberin und Privatrechtssubjekt - und nicht die beigeladene Deutsche Rentenversicherung Bund - verklagt hat und es sich deshalb - wie die Beklagte ausführt - zwangsläufig um einen Rechtsstreit "ausschließlich zwischen Privaten" handele. Insoweit darf nämlich nicht nur das Rechtsverhältnis des Klägers zur Beklagten in den Blick genommen werden. In die Betrachtung mit einbezogen werden muss auch das Rechtsverhältnis zur Beigeladenen, weil wegen der erfolgten Beiladung (§ 75 Abs 2 SGG) die prozessuale Möglichkeit einer Verurteilung der Beigeladenen (ggf nach § 75 Abs 5 SGG) nicht völlig auszuschließen ist (vgl zu einer solchen Gesamtbetrachtung BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 13 RdNr 7).
Gegen das gefundene Ergebnis - Rechtsweg vor die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit - spricht schließlich nicht, dass es auf diese Weise bei "identischen Fragestellungen" - so die Einschätzung der Beklagten - zu unterschiedlichen Rechtswegen käme und insoweit eine Zersplitterung der Rechtsprechung zu besorgen wäre. Es ist schon zweifelhaft, ob im Zusammenhang etwa mit einer Übertragung von Wertguthaben auf einen neuen Arbeitgeber nach § 7f Abs 1 S 1 Nr 1 SGB IV auftretende Fragen von den Arbeitsgerichten - wie die Beklagte meint - und nicht ebenfalls von den Sozialgerichten zu klären wären. Jedenfalls könnte der von der Beklagten erhobene Befund keinesfalls mit einer - als problematisch zu beurteilenden (vgl Sodan in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl 2014, § 40 RdNr 373 ff mwN) - Situation gleichgestellt werden, in der bei einheitlichem Streitgegenstand wegen einer "Doppelqualifikation" bzw "Doppelnatur" des behaupteten Rechtsverhältnisses oder Anspruchs eine gleichzeitige Zuordnung zu mehreren Rechtswegen in Betracht kommt.
3. Die - im Verfahren über eine Rechtswegbeschwerde grundsätzlich erforderliche (vgl BSG SozR 3-1500 § 51 Nr 15 S 28 und Nr 27 S 78; zuletzt BSG SozR 4-1720 § 17a Nr 3 RdNr 13) - Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG, weil das Verfahren für den Kläger als Beschwerdegegner nach § 183 S 1 SGG kostenfrei ist.
Fundstellen
Haufe-Index 9095726 |
Breith. 2016, 484 |