Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufhebung eines Anerkennungsbescheides. Vertrauensschutz. Bestandsschutz von Verwaltungsakten der BA

 

Leitsatz (amtlich)

Ausreichende Schutzvorkehrungen gemäß AFG § 78 Abs 2 sind nicht gegeben, wenn durch sie nicht für die gesamte Förderungszeit gewährleistet ist, daß die erforderlichen Bauarbeiten trotz ungünstiger Witterungseinflüsse durchgeführt werden können. Dabei ist auf solche Witterungsverhältnisse abzustellen, wie sie üblicherweise in der betreffenden Gegend herrschen. Zu der Frage, ob der erforderliche Schutz deshalb unterblieben ist, weil er aus technischen Gründen nicht möglich oder aus wirtschaftlichen Gründen unzumutbar ist, kommt es nicht an.

 

Orientierungssatz

1. Voraussetzung für die Aufhebung von Bewilligungsbescheiden ist nach AFG § 151 Abs 1 allein, daß diese Bescheide von Anfang an rechtswidrig gewesen oder es späterhin - wegen einer Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse - geworden sind. Der Gesetzgeber hat ausdrücklich für den Bereich des AFG den Vertrauensschutz in die Bestandskraft von Verwaltungsakten eingeschränkt. Der Vertrauensschutz wird im Bereich des AFG auf bestimmte Fälle der Rückforderung zu Unrecht gewährter Leistungen beschränkt (vgl BSG vom 1974-08-07 7 RAr 30/73 = SozR 4100 § 151 Nr 1 und BSG vom 1976-03-25 12/7 RAr 135/74 = SozR 4100 § 151 Nr 3.

2. Der Anerkennungsbescheid (AFG § 81 Abs 2) ist ein Leistungsbescheid iS von AFG § 151 Abs 1.

 

Normenkette

AFG § 78 Abs. 2 S. 1 Fassung: 1972-05-19, § 81 Abs. 2 Fassung: 1972-05-19, § 84 Abs. 2 Fassung: 1972-05-19; SGG § 77 Fassung: 1953-09-03; AFG § 151 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25, § 152 Fassung: 1969-06-25

 

Verfahrensgang

LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 12.12.1977; Aktenzeichen L 1 Ar 55/77)

SG Koblenz (Entscheidung vom 27.07.1977; Aktenzeichen S 3 Ar 30/77)

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 12. Dezember 1977 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin, die ein Baugewerbe betreibt, einen Anspruch auf Mehrkostenzuschuß (MKZ) hat.

Auf Antrag der Klägerin und nachdem eine Überprüfung am 9. Januar 1975 erfolgt war, hat das Arbeitsamt mit Bescheid vom 30. Januar 1975 das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung eines MKZ für die Baustelle P S, B K, anerkannt. Es hat sich vorbehalten, den Anerkennungsbescheid zu widerrufen, wenn sich herausstelle, daß die Voraussetzungen für die Anerkennung nicht vorgelegen haben oder weggefallen sind. Eine Überprüfung am 13. Februar 1975 ergab, daß die im ersten Prüfbericht gemachten Angaben noch zutreffend waren. Die Arbeiten würden witterungsunabhängig durchgeführt. Mit Bescheid vom 2. Juli 1975 gewährte die Beklagte der Klägerin eine Abschlagszahlung auf den beantragten MKZ in Höhe von 5.100,- DM. In dem Bescheid ist ausgeführt, die Abschlagszahlung werde unter dem Vorbehalt gewährt, daß etwa zu Unrecht gezahlte Beträge von der Klägerin zurückzuzahlen seien, wenn sich nachträglich herausstelle, daß die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen dem Grunde oder der Höhe nach nicht vorgelegen hätten oder weggefallen seien.

Mit Bescheid vom 1. April 1976 idF des Widerspruchsbescheides vom 3. Januar 1977 hat die Beklagte die im Bescheid vom 30. Januar 1975 getroffene Anerkennung rückwirkend gemäß § 151 Abs 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) aufgehoben und außerdem den gezahlten Abschlag auf den MKZ zurückgefordert. Zur Begründung wurde ausgeführt, auf der Baustelle S seien zum Schutz gegen Witterungseinflüsse lediglich einfache Schutzvorkehrungen getroffen worden. Dadurch sei an mehreren Tagen während der Förderungszeit witterungsbedingter Arbeitsausfall eingetreten. Außer am 17. Dezember 1974 hätten an diesen Tagen Witterungsverhältnisse geherrscht, mit denen im allgemeinen zu rechnen sei. Bei ausreichenden Schutzvorkehrungen hätte also kein witterungsbedingter Arbeitsausfall eintreten dürfen.

Klage und Berufung hatten keinen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts - SG - Koblenz vom 27. Juli 1977 und des Landessozialgerichts - LSG - Rheinland-Pfalz vom 12. Dezember 1977).

Das LSG hat ausgeführt, die Voraussetzungen für die Leistung von MKZ hätten nicht vorgelegen. Deshalb sei die Aufhebung des Anerkennungsbescheides nach § 151 Abs 1 AFG zu Recht erfolgt. Nach dem Vorbringen der Klägerin sei es nicht möglich gewesen, die Bauarbeiter, die Baustelle, das Bauwerk und die Baumaterialien gegen Witterungseinflüsse mit zumutbaren Schutzvorkehrungen so ausreichend zu schützen, daß die Bauarbeiten in der Förderungszeit auch bei ungünstiger Witterung hätten durchgeführt werden können. Hiernach hätten bestimmte Arbeiten an der Baustelle nicht ausgeführt werden können, wenn es stark regnete, weil es nicht möglich gewesen sei, die Baustelle am Steilhang gegen Regen zu schützen und bei Fortführung der Arbeiten ohne Schutz gegen Regen eine zu hohe Unfallgefahr bestanden habe bzw die Tragfähigkeit des Betons nicht gewährleistet gewesen sei. Am 27. und 28. Januar sowie am 19. Februar 1975 sei es tatsächlich zu einem Arbeitsausfall gekommen, weil es geregnet habe und gerade solche Arbeiten angestanden hätten, die nicht geschützt werden konnten. Das Vorbringen der Klägerin, sie habe alle zumutbaren Schutzvorkehrungen bereitgestellt, sei unerheblich. Es komme darauf an, daß die Schutzvorkehrungen auch ausreichend seien und daran habe es gefehlt. Eine andere Rechtsansicht würde zur Folge haben, daß für die bei günstiger Witterung geleisteten Arbeitsstunden MKZ gezahlt worden wäre, bei ungünstiger Witterung die Arbeit aber hätte eingestellt werden müssen, weil fehlende, ausreichende Schutzvorkehrungen nur mit unzumutbar hohen Kosten hätten angebracht werden können. Ohne Erfolg verweise die Klägerin darauf, daß die getroffenen Schutzvorkehrungen ausgereicht hätten, um rund 2.000 Arbeitsstunden zu ermöglichen und daß nur 55 Stunden ausgefallen seien. Etwas anderes könne nur dann gelten, wenn zwar Teile der Baustelle ohne ausreichenden Schutz blieben, die kontinuierliche Fortführung der Arbeiten aber dennoch gewährleistet werde, weil die ungeschützten Teile nicht bei einem bestimmten Stand des Bauvorhabens verrichtet werden müßten und deshalb zurückgestellt werden könnten. Im vorliegenden Fall hätten der Transport von Verschalung am Steilhang und das Betonieren der Kellerdecke wegen des Regens nicht durchgeführt werden können. Hierbei habe es sich um Arbeiten gehandelt, die Voraussetzung für die Weiterarbeit an dem Bauvorhaben überhaupt gewesen seien. Es komme auch nicht darauf an, ob die Schwierigkeiten, auf denen der Arbeitsausfall am 27./28. Januar und 19. Februar 1975 beruhte, nicht voraussehbar gewesen seien. Entscheidend sei, ob die Schutzvorkehrungen objektiv ausreichend seien. Das Risiko des Unternehmers werde zwar durch die Prüfung und Anerkennung gemäß § 81 Abs 1 AFG gemindert, jedoch nicht dem Arbeitgeber abgenommen. Die Beklagte habe nicht gegen § 77 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verstoßen. Sie sei nach § 151 Abs 1 AFG berechtigt gewesen, den Anerkennungsbescheid aufzuheben. Es könne dahingestellt bleiben, ob sich die Beklagte als Folge eines sozialrechtlichen Schadensersatzanspruchs so behandeln lassen müsse, als sei die Anerkennung rechtmäßig ausgesprochen worden. Hier seien keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, daß die Beklagte durch ein pflichtwidriges Verhalten das Zustandekommen eines rechtmäßigen Anerkennungsbescheides verhindert hätte. Ohne Erfolg berufe sich die Klägerin auch darauf, daß sie für die ausgefallenen Stunden keinen MKZ begehre und die Arbeitnehmer dafür weder Lohn noch Schlechtwettergeld (SWG) erhalten hätten. Eine rechtliche Abhängigkeit zwischen dem Anspruch auf SWG und MKZ derart, daß MKZ zu gewähren sei, wenn für ausgefallene Stunden kein SWG abgerechnet werde, bestehe nicht. Es sei nur der Sinn der Gewährung von MKZ, SWG-Ansprüche allenfalls für Arbeitsausfall entstehen zu lassen, der durch Witterungsverhältnisse entstanden sei, mit denen im allgemeinen nicht gerechnet zu werden brauche. Die Frage, ob der Arbeitsausfall durch zumutbaren Einsatz vorhandener Schutzvorrichtungen hätte verhindert werden können, hätte nicht geklärt zu werden brauchen, weil die Rechtsfolgen dieselben seien wie beim Fehlen ausreichender Schutzvorkehrungen von vornherein. Die Beklagte sei auch berechtigt gewesen, die geleistete Abschlagszahlung zurückzufordern. Gegen die von ihr vorgenommene Aufrechnung bestünden keine rechtlichen Bedenken.

Mit der Revision rügt die Klägerin eine Verletzung der §§ 78, 81 AFG und des § 77 SGG sowie der Pflicht des LSG, den Sachverhalt hinreichend aufzuklären. Sie trägt vor, der Anerkennungsbescheid vom 30. Januar 1975 sei gemäß § 77 SGG bindend geworden. Die Beklagte habe diesen Bescheid nicht nach § 151 AFG aufheben dürfen. Der Arbeitsausfall sei nicht eine Folge des Regens, sondern darauf zurückzuführen, daß infolge des Regens am Steilhang eine erhöhte Unfallgefahr eingetreten sei. Die Weiterarbeit an der Baustelle an den Ausfalltagen sei auch nicht möglich gewesen, wenn dort ein großes Bauzelt errichtet worden wäre. Dies sei technisch unmöglich und auch finanziell unzumutbar. Die Klägerin habe aufgrund der Anerkennung darauf vertrauen dürfen, daß der MKZ vom Arbeitsamt gezahlt werden würde. Es verstoße gegen Treu und Glauben und widerspreche dem Sinn und Zweck von § 78 AFG, wenn die Beklagte den von der Klägerin berechneten MKZ von 5.731,88 DM für rund 2.292 tatsächlich geleistete Arbeitsstunden mit der Begründung versage, daß während der Förderungszeit 55 Arbeitsstunden aus witterungsbedingten Gründen nicht geleistet worden seien.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 12. Dezember 1977 sowie das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 27. Juli 1977, den Widerspruchsbescheid vom 3. Januar 1977 und den Bescheid vom 1. April 1976 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Mehrkostenzuschuß für die Bauarbeiten auf der Baustelle S für die Zeit vom 16. Dezember 1974 bis 15. März 1975 zu gewähren,

hilfsweise,

die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und trägt ergänzend vor: Wenn man der Argumentation der Klägerin folge und auf die technische Unmöglichkeit bzw die finanzielle Unzumutbarkeit von Schutzvorkehrungen abstelle, so müßten alle Bauvorhaben, die bei ungünstigen Witterungsverhältnissen nur unter Vollschutz durchgeführt werden könnten, auch dann mit MKZ gefördert werden, wenn tatsächlich nur Einzelschutz vorliege, weil ein Vollschutz technisch unmöglich oder finanziell unzumutbar wäre. Wenn unter Hinweis auf die technische Unmöglichkeit oder die finanzielle Unzumutbarkeit nur einfache Schutzvorkehrungen getroffen würden, so würden trotz Zahlung eines MKZ Arbeitsausfälle nicht ausgeschlossen, für die uU SWG zu gewähren wäre. Ein solches Ergebnis würde dem Zweck der Winterbauförderung, insbesondere der §§ 78 und 79 AFG widersprechen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 SGG) einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet.

Die Beklagte war gemäß § 151 AFG berechtigt, die in dem Bescheid vom 30. Januar 1975 gemäß § 81 Abs 2 AFG ausgesprochene Anerkennung, daß die Voraussetzungen für die Gewährung eines MKZ für die Arbeiten an der Baustelle S vorgelegen haben, rückwirkend ab 16. Dezember 1974 aufzuheben. Dem steht entgegen der Auffassung der Klägerin nicht entgegen, daß dieser Bescheid gemäß § 77 SGG bindend geworden ist. Diese Bindungswirkung steht unter dem Vorbehalt, daß durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist. § 151 Abs 1 AFG bestimmt, daß Entscheidungen, durch die Leistungen nach diesem Gesetz bewilligt worden sind, insoweit aufgehoben werden, als die Voraussetzungen für diese Leistungen nicht vorgelegen haben oder weggefallen sind. Voraussetzung für die Aufhebung von Bewilligungsbescheiden ist hiernach allein, daß diese Bescheide von Anfang an rechtswidrig gewesen oder es späterhin - wegen einer Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse - geworden sind. Der Gesetzgeber hat also ausdrücklich für den Bereich des AFG den Vertrauensschutz in die Bestandskraft von Verwaltungsakten eingeschränkt. Der Vertrauensschutz wird im Bereich des AFG auf bestimmte Fälle der Rückforderung zu Unrecht gewährter Leistungen beschränkt (vgl BSGE 38, 63, 68 = SozR 4100 § 151 Nr 1 und BSGE 41, 260, 261 = SozR 4100 § 151 Nr 3). Hier ist mit dem Bescheid vom 30. Januar 1975 der Klägerin zwar keine Leistung gewährt worden. Ein entsprechender Anspruch wird jedoch dem Grunde nach anerkannt. Es handelt sich also um den verselbständigten Teil einer Entscheidung, durch die Leistungen gewährt werden (Hennig/Kühl/Heuer, Komm. zum AFG, § 81 Anm 7). Daher ist er ein Leistungsbescheid im Sinne von § 151 Abs 1 AFG.

Die Beklagte war hiernach berechtigt, den Anerkennungsbescheid vom 30. Januar 1975 aufzuheben, wenn dieser rechtswidrig war oder es später geworden ist. Das ist der Fall. Die Voraussetzungen für die Gewährung eines MKZ haben von Anfang an nicht vorgelegen. Ein MKZ kann gemäß § 78 Abs 2 AFG nur gewährt werden, wenn die Bauarbeiter, die Baustelle, das Bauwerk und die Baumaterialien ausreichend gegen Witterungseinflüsse geschützt sind. Ausreichend sind die Schutzvorkehrungen, wenn sie so beschaffen sind, daß sie auch bei ungünstiger Witterung die Durchführung der Arbeiten ermöglichen. In welcher Form der Schutz erfolgt, liegt in der unternehmerischen Entscheidungsgewalt des Arbeitgebers. Entscheidend ist allein, ob er ausreichend ist, was hier nicht zutrifft, wie das LSG richtig aufgrund seiner tatsächlichen Feststellungen geschlossen hat.

In tatsächlicher Hinsicht ist das LSG aufgrund des Vorbringens der Klägerin davon ausgegangen, daß bestimmte Arbeiten an der Baustelle S nicht ausgeführt werden konnten, wenn es stark regnete, weil es nicht möglich war, die Baustelle am Steilhang gegen Regen zu schützen, und deshalb die Fortführung der Arbeiten zu gefährlich war und die Tragfähigkeit des Betons der Kellerdecke darunter litt. Es sei dann zu einem witterungsbedingten Arbeitsausfall tatsächlich auch im Januar und Februar 1975 gekommen, weil es regnete, und gerade solche Arbeiten anstanden, die nicht geschützt werden konnten. In bezug auf diese Feststellungen sind keine Revisionsgründe vorgebracht worden, so daß der Senat an sie gemäß § 163 SGG gebunden ist.

Wenn die Klägerin in diesem Zusammenhang meint, der Arbeitsausfall im Januar 1975 sei nicht eine Folge des Regens, vielmehr sei er darauf zurückzuführen, daß infolge des Regens eine verstärkte Unfallgefahr am Steilhang eingetreten war, so verkennt sie, daß auch insoweit der Regen ursächlich für den Arbeitsausfall war. Das Gesetz verlangt keine unmittelbare Kausalität zwischen Witterungseinflüssen und deren Auswirkungen. Es genügt vielmehr eine mittelbare Verursachung. Das folgt aus der in § 84 Abs 2 AFG enthaltenen Definition der zwingenden Witterungsgründe, in die ausdrücklich die Folgewirkungen atmosphärischer Einwirkungen einbezogen werden. Diese Begriffsbestimmung kann für die Auslegung des Tatbestandsmerkmals Witterungseinflüsse in § 78 Abs 2 AFG herangezogen werden, weil mit der Gewährung von MKZ auch der Zweck verfolgt wird, einen Arbeitsausfall zu verhindern, für den sonst SWG gezahlt werden müßte. Abgesehen davon ist durch die Einbeziehung der Baustelle als Schutzobjekt in § 78 Abs 2 AFG klargestellt, daß die Weiterarbeit bei ungünstiger Witterung nicht am Zustand der Transportwege innerhalb der Baustelle oder an der Unzugänglichkeit der Baustelle selbst scheitern darf.

Für die Frage, ob die getroffenen Schutzvorkehrungen ausreichend sind, ist auf die Witterungsverhältnisse abzustellen, wie sie üblicherweise in der Förderungszeit in der betreffenden Gegend herrschen (vgl BSG SozR 4100 § 78 Nr 1) und nicht auf außergewöhnliche Wetterlagen, mit denen nicht gerechnet werden muß. Starker Regen, der nach den Feststellungen des LSG den Fortgang der Arbeiten hinderte, ist, wie das Berufungsgericht gleichfalls festgestellt hat, für die Gegend von B K zur Förderungszeit keine außergewöhnliche Wetterlage. Mit seinem Eintritt mußte gerechnet und durch die Bereitstellung geeigneter Schutzvorkehrungen die Weiterführung der Bauarbeiten für diesen Fall gesichert werden. Das ist nicht geschehen und damit ist kein ausreichender Schutz erfolgt, der gemäß § 78 Abs 2 AFG Voraussetzung für die Förderung ist.

Unerheblich ist, ob dieser Schutz unterblieben ist, weil er wegen der Beschaffenheit der Baustelle aus technischen Gründen nicht möglich oder aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar war. In beiden Fällen läßt sich ein ausreichender Schutz objektiv nicht durchführen, wie es § 78 Abs 2 AFG für die Förderung gerade voraussetzt. Abgesehen hiervon sollen durch den MKZ die Mehrkosten des Winterbaus ausgeglichen werden. Hier würde der MKZ jedoch in erster Linie dazu dienen, ein Risiko zu kompensieren, das durch die Lage der Baustelle bedingt ist. Damit würde durch die Förderung ein Risiko abgedeckt werden, das nicht auf dem Winterbau beruht und mit der Zweckbestimmung der gesetzlichen Regelung nicht im Einklang steht.

Zutreffend ist das LSG zu dem Ergebnis gelangt, daß die Klägerin auch keinen teilweisen Anspruch auf den MKZ hat, etwa für die Zeit bis zum ersten witterungsbedingten Arbeitsausfall. Denn Voraussetzung für die Förderung ist, daß ausreichende Schutzvorkehrungen in der Förderungszeit, zumindest aber ab Stellung des Anerkennungsantrages gemäß § 81 Abs 2 AFG bereitstehen. Gefördert wird nicht der Einsatz von Schutzvorrichtungen als solcher, sondern das Bereithalten, damit sie jederzeit im Bedarfsfall eingesetzt werden können. Dieser Förderungszweck wird aber nicht erfüllt, wenn zu irgendeiner Zeit innerhalb der Förderungszeit keine ausreichenden Schutzvorrichtungen vorhanden sind, wie es hier der Fall war (Kranz, Winterbau - Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft - § 78 Anm 20).

Zu Unrecht meint die Klägerin, dieses Ergebnis stünde im Widerspruch zu Sinn und Zweck des § 78 AFG. Es ist zwar richtig, daß mit der Gewährung von Zuschüssen gemäß § 78 Abs 1 AFG ein Anreiz für Bauunternehmer gegeben werden soll, Bauarbeiten in der Förderungszeit durchzuführen.

Dies soll jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen geschehen, zu denen vor allem die Bereitstellung ausreichender Schutzvorkehrungen während der gesamten Förderungszeit gehört.

Der Auffassung der Klägerin, wenn schon für solche Bauarbeiten eine Ausnahme gemacht würde, die aus witterungsbedingten Gründen ausfallen, mit denen im allgemeinen nicht zu rechnen sei, dann müsse dies auch für solche Fälle gelten, in denen von vornherein feststehe, daß Schutzvorkehrungen für einen Teil der Arbeiten nicht getroffen werden könnten oder finanziell nicht zumutbar seien, kann nicht gefolgt werden. Die Klägerin verkennt, daß im ersteren Fall trotz ausreichender Schutzvorkehrungen (§ 84 Abs 2 Nr 2 AFG) die Fortführung der Arbeiten technisch unmöglich oder wirtschaftlich unzumutbar ist, während im zweiten - ihrem - Fall überhaupt keine ausreichenden Schutzvorkehrungen getroffen worden sind.

Hieran ändert sich auch nichts, weil im vorliegenden Fall die Bauarbeiten nur für 55 Stunden ausgefallen sind und ihr kontinuierlicher Ablauf dadurch möglicherweise nicht stärker eingeschränkt wurde als in den Fällen, in denen die Ausführung durch Witterungseinflüsse, mit denen im allgemeinen vorher nicht zu rechnen war, eingeschränkt gewesen wäre. Abgestellt für die Förderung wird nicht auf den Erfolg sondern darauf, ob die getroffenen Schutzvorkehrungen objektiv ausreichend sind, dh, ob das witterungsbedingte Risiko vermindert wird, das beim Winterbau besteht. Hierbei spielt es keine Rolle, ob etwa deshalb, weil die Witterungsverhältnisse günstig sind, auch ohne die Schutzvorkehrungen keine oder nur geringe Arbeitsausfälle entstehen. Insofern ist daher die im Vergleich zu den Ausfallstunden (55) hohe Zahl der Arbeitsstunden (2292) rechtlich nicht relevant. Sie beruht zu einem nicht unerheblichen Teil darauf, daß die Regenfälle, mit denen im allgemeinen zu rechnen war, bald wieder aufgehört hatten. Durch solche Zufälligkeiten wird aber der Sinn und Zweck des § 78 AFG gerade nicht verwirklicht.

Es verstößt unter diesen Umständen auch nicht gegen Treu und Glauben, wenn die Beklagte die Leistungen von MKZ trotz der hohen Zahl der geleisteten Arbeitsstunden verweigert. Sie ist hierzu im Hinblick auf den Grundsatz der Rechtmäßigkeit der Verwaltung sogar verpflichtet.

War hiernach die Beklagte berechtigt, den Anerkennungsbescheid vom 30. Januar 1975 aufzuheben, so kommt der Vorbehalt in dem Bescheid vom 2. Juli 1975, mit dem der Klägerin die Abschlagszahlung bewilligt worden war, zum Tragen. Es hatte sich nachträglich herausgestellt, daß die Voraussetzungen für die Gewährung von MKZ dem Grunde nach von Anfang an nicht vorgelegen haben. Wie das LSG zutreffend im Anschluß an die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - (BSGE 37, 155, 158 ff; 42, 184, 189) ausgeführt hat, konnte sich die Beklagte im vorliegenden Falle im Bescheid über die Gewährung des Abschlags die Rückforderung der Leistung vorbehalten. Es ist nichts zu erkennen, was der Ausübung dieses Rechts entgegenstehen sollte.

Soweit die Klägerin rügt, die tatsächlichen Feststellungen des LSG reichten für eine abschließende Entscheidung nicht aus, kann ihr Vorbringen gleichfalls keinen Erfolg haben. Der Vernehmung der Prüfers H und des Poliers K als Zeugen sowie der Einholung eines Sachverständigengutachtens bedurfte es nicht. Selbst wenn die Beweisaufnahme ergeben würde, daß die Erstellung von Schutzvorrichtungen für die Ausführung der angefallenen Arbeiten entweder technisch unmöglich oder wirtschaftlich unzumutbar war, würde dies am Ergebnis des Rechtsstreits nichts ändern.

Das LSG brauchte auch keine Feststellungen dahingehend zu treffen, ob die Voraussetzungen, von denen die Beklagte bei Erlaß des Anerkennungsbescheides vom 30. Januar 1975 ausgegangen ist, noch vorhanden waren oder weggefallen sind. Für die rechtliche Beurteilung gemäß § 151 AFG kommt es nicht darauf an, welchen Sachverhalt die Beklagte bei Erlaß des Anerkennungsbescheides zugrunde gelegt hat. Entscheidend ist vielmehr, ob nach dem Sachverhalt, wie er jetzt vorliegt, der aufgehobene Bescheid rechtswidrig war.

Die Revision kann nach alledem keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1653809

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