Beteiligte
Klägerin und Revisionsbeklagte |
Beklagter und Revisionskläger |
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten über die Fortzahlung des Erziehungsgeldes (Erzg) für die Zeit vom 8. Januar 1994 bis 9. Februar 1994.
Die Klägerin, eine marokkanische Staatsangehörige, lebt seit 1985 ständig in Deutschland. Hier wurde am 8. November 1992 ihr Sohn A. geboren. Zu jener Zeit besaß die Klägerin eine bis zum 17. Dezember 1993 befristete Aufenthaltserlaubnis. Mit Blick auf die befristete Aufenthaltserlaubnis bewilligte der Beklagte der Klägerin Erzg zunächst nur für die Zeit vom 8. November 1992 zum 7. Januar 1994 (Bescheid vom 10. März 1993). Am 7. Dezember 1993 beantragte die Klägerin, die seit 1991 über eine Arbeitserlaubnis verfügt, die Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis. Der Beklagte stellte ihr daraufhin am 8. Dezember 1993 eine bis zum 7. März 1994 befristete "Bescheinigung über die Beantragung der Aufenthaltsgenehmigung" nach § 69 Abs. 3 Ausländergesetz (AuslG) aus. Am 10. Februar 1994 erhielt die Klägerin die begehrte unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Danach gewährte der Beklagte ihr erneut Erzg, und zwar vom 10. Februar 1994 bis zum Ablauf der achtzehnmonatigen Höchstbezugszeit (7. Mai 1994). Für die Zeit vom 8. Januar 1994 bis zum 9. Februar 1994 lehnte er hingegen die Bewilligung von Erzg mit der Begründung ab, daß die Klägerin nicht im Besitz eines zum Bezug von Erzg berechtigenden Aufenthaltstitels gewesen sei (Bescheid vom 5. Mai 1994; Widerspruchsbescheid vom 25. November 1994). Die "Bescheinigung über die Beantragung der Aufenthaltsgenehmigung" reiche insoweit nicht aus.
Das Sozialgericht (SG) hat der Klage stattgegeben (Urteil vom 19. Dezember 1995). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 17. Dezember 1996) : Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 9. Juli 1990 habe der Anspruch einer Ausländerin auf Erzg den "Besitz" einer Aufenthaltsberechtigung, Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsbefugnis vorausgesetzt. Hierfür sei nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) grundsätzlich ein Aufenthaltstitel im Sinne eines für die Bezugszeit wirksamen Verwaltungsaktes erforderlich. Diese Auslegung bedürfe aber für Fälle der vorliegenden Art einer Einschränkung. Wenn im Anschluß an eine befristete Aufenthaltserlaubnis deren Verlängerung rechtzeitig beantragt und hierüber eine Bescheinigung nach § 69 Abs. 3 AuslG erteilt werde, sei jedenfalls bei einem Erfolg des neuerlichen Aufenthaltserlaubnisantrages auch für die Zwischenzeit Erzg zu gewähren. Der Gesetzgeber habe die Problematik von nicht nahtlos aufeinanderfolgenden Aufenthaltstiteln nicht berücksichtigt. Hilfsweise lasse sich der Anspruch aber auch auf die Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches stützen. Statt einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, zu deren Erteilung weitere Ermittlungen durchzuführen waren, hätte zunächst eine weitere, z.B. auf drei Monate befristete Aufenthaltserlaubnis erteilt werden können, was sofort möglich gewesen wäre. Die Ausländerbehörde hätte die Klägerin, die in ihrem Antrag auf Erteilung der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis auf den laufenden Bezug von Sozialhilfe und Erzg hingewiesen hatte, entsprechend beraten und die vorsorgliche Beantragung einer weiteren befristeten Aufenthaltserlaubnis anregen müssen, um Nachteilen hinsichtlich des Erzg-Anspruchs vorzubeugen. Da hier die gleiche Behörde, nämlich "Der Oberkreisdirektor des Landkreises Hannover", für die Bearbeitung des Erzg-Antrages und des Aufenthaltserlaubnis-Antrages zuständig gewesen sei, müsse sich die Erzg-Behörde das Versäumnis der Ausländerbehörde zurechnen lassen.
Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt der Beklagte die Verletzung des § 1 Abs. 1 Satz 2 BErzGG. Er wendet sich gegen die vom LSG vorgenommene Gleichstellung einer Bescheinigung nach § 69 Abs. 3 AuslG mit einem förmlichen Aufenthaltstitel und ist der Ansicht, eine Erzg-Behörde brauche sich einen etwaigen Beratungsfehler einer Ausländerbehörde unter keinen Umständen zurechnen zu lassen.
Der Beklagte beantragt,
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die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 17. Dezember 1996 und des Sozialgerichts Hannover vom 19. Dezember 1995 aufzuheben und die Klage abzuweisen. |
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Die Klägerin beantragt,
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die Revision zurückzuweisen. |
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Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
II
Die Revision des Beklagten ist begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 5. Mai 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. November 1994 ist rechtmäßig. Die der Klage stattgebenden Urteile der Vorinstanzen waren daher aufzuheben.
Die Voraussetzungen des Anspruchs auf Erzg sind für die Bezugszeit vom 8. Januar 1994 bis 9. Februar 1994 nicht erfüllt. Maßgebend ist § 1 Abs. 1 Satz 2 BErzGG i.d.F. des Art 10 des Gesetzes zur Neuregelung des Ausländerrechts (AuslRNG) vom 9. Juli 1990 (BGBl. I S. 1354), der mit Wirkung ab 1. Januar 1991 anzuwenden ist (Art 15 AuslRNG). Für den Anspruch eines Ausländers auf Erzg ist hiernach Voraussetzung, daß er im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung, einer Aufenthaltserlaubnis oder einer Aufenthaltsbefugnis ist. Zwar ist diese Vorschrift durch Art 4 Nr. 1 des Gesetzes über Maßnahmen zur Bewältigung der finanziellen Erblasten im Zusammenhang mit der Herstellung der Einheit Deutschlands, zur langfristigen Sicherung des Aufbaus in den neuen Ländern, zur Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs und zur Entlastung der öffentlichen Haushalte - Gesetz zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms - (FKPG) vom 23. Juni 1993 (BGBl. I S. 944) mit Wirkung ab 27. Juni 1993, dem Tag des Inkrafttretens dieses Gesetzes (Art 43 Abs. 1 FKPG), und damit vor der hier fraglichen Bezugszeit gestrichen worden. Nach dem ebenfalls durch Art 4 Nr. 1 FKPG mit Wirkung zum 27. Juni 1993 neu eingefügten § 1 Abs. 1a Satz 1 BErzgGG ist nunmehr für den Anspruch eines Ausländers Voraussetzung, daß er im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis ist. Der Besitz einer Aufenthaltsbefugnis reicht insoweit nicht mehr aus. Diese Neuregelung gilt jedoch nicht für Kinder, die, wie der Sohn der Klägerin, vor dem 27. Juni 1993 geboren sind (BSG SozR 3-7833 § 1 Nr. 17). Für den Erzg-Anspruch der Eltern dieser Kinder ist noch der Besitz eines der in § 1 Abs. 1 Satz 2 BErzGG a.F. genannten drei Aufenthaltstitel ausschlaggebend. Unverändert blieb jedoch das Tatbestandsmerkmal des "Besitzes" eines der Aufenthaltstitel. An dem "Besitz" eines derartigen Aufenthaltstitels im streitigen Zeitraum fehlt es hier.
Der "Besitz" eines zum Bezug von Erzg berechtigenden ausländerrechtlichen Aufenthaltstitels setzt, worauf das LSG zutreffend hingewiesen hat, einen für die Bezugszeit geltenden Verwaltungsakt der Ausländerbehörde voraus. Das Aufenthaltsrecht muß also durch die Ausländerbehörde bereits zu Beginn des Leistungszeitraums förmlich festgestellt sein (BSGE 70, 197 = SozR 3-7833 § 1 Nr. 7; BSG SozR 3-7833 § 1 Nrn 12, 14, 18; ständige Rechtsprechung). Nicht ausreichend ist hingegen der Umstand, daß einem Ausländer der materielle Anspruch auf Erteilung eines solchen Aufenthaltstitels zusteht, mag der Anspruch selbst oder der den Anspruch auslösende Sachverhalt (zB Anerkennung als Asylberechtigter) im Einzelfall auch schon durch ein verwaltungsgerichtliches Urteil festgestellt worden sein (BSGE 70, 197 = SozR 3-7833 § 1 Nr. 7, BSG SozR 3-7833 § 1 Nrn 12, 14). Die Erzg-Behörden haben nicht zu entscheiden, ob einem Ausländer ein zum Bezug von Erzg berechtigender Aufenthaltstitel zusteht. Maßgebend ist allein die tatsächliche Erteilung des Titels; der Entscheidung der Ausländerbehörde kommt für das Erzg-Recht Tatbestandswirkung zu (BSGE 70, 197 = SozR 3-7833 § 1 Nr. 7, BSG SozR 3-7833 § 1 Nrn 12, 14). Rückwirkende Kraft entfaltet die Erteilung eines solchen Aufenthaltstitels selbst dann nicht, wenn der Beginn der Geltungsdauer des Titels auf einem Zeitpunkt vor seiner tatsächlichen Erteilung zurückreicht (BSG SozR 3-7833 § 1 Nr. 12).
Der Senat hat auch bereits mehrfach entschieden, daß eine Bescheinigung nach § 69 Abs. 3 AuslG über einen Antrag auf Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltsgenehmigung einem der in § 1 Abs. 1 Satz 2 BErzGG a.F. (jetzt § 1 Abs. 1a Satz 1 BErzGG) genannten Aufenthaltstitel nicht gleichsteht (BSG SozR 3-7833 § 1 Nrn 3, 12, 17). Gemäß § 69 AuslG gilt zwar nach Beantragung einer der Arten der Aufenthaltsgenehmigung i.S. des § 5 AuslG der Aufenthalt des Ausländers unter bestimmten Voraussetzungen als vorläufig erlaubt. Die hierüber ausgestellte Bescheinigung der Ausländerbehörde besagt jedoch nichts darüber, ob dem gestellten Antrag auch stattgegeben wird. Sie dokumentiert lediglich die Tatsache, daß der Ausländer den Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung erhoben hat (was auch bei Begründetheit des Anspruchs für den erforderlichen "Besitz" eines entsprechenden Titels gerade nicht ausreicht) und daß sein Aufenthalt vorläufig erlaubt ist. Daher ist der Besitz einer Bescheinigung nach § 69 Abs. 3 AuslG selbst dann nicht - nachträglich - dem Besitz eines der in § 1 Abs. 1 Satz 2 BErzGG a.F. genannten Aufenthaltstitel gleichzustellen, wenn ein solcher Titel anschließend erteilt wird, und zwar auch dann nicht, wenn der Ausländer zuvor einen zum Bezug von Erzg berechtigenden befristeten Aufenthaltstitel besessen hat, dessen Verlängerung er beantragt hat. Auch dies hat der Senat bereits entschieden (BSG SozR 3-7833 § 1 Nr. 17 sowie Urteil des erkennenden Senats vom 24. März 1992 - 14b/4 REg 11/91 - USK 9266; ferner Beschluß vom 25. Januar 1995 - 14 BEg 4/94 - zu nicht unmittelbar aufeinander folgenden Aufenthaltsbefugnissen und -erlaubnissen). Hieran ist festzuhalten.
Der Ansicht des LSG, für den Fall einer trotz rechtzeitiger Beantragung erst mit zeitlichem Abstand zum Ablauf der alten Aufenthaltserlaubnis erteilten Anschluß-Aufenthaltserlaubnis sei die Gleichstellung der Bescheinigung nach § 69 Abs. 3 AuslG mit einem der in § 1 Abs. 1 Satz 2 BErzGG a.F. genannten Aufenthaltstitel ausnahmsweise gerechtfertigt, vermag der Senat auch nach erneuter Prüfung nicht zuzustimmen. Es fehlt insbesondere an der vom LSG angenommenen Regelungslücke in § 1 BErzGG. Der Fall, daß auf eine Aufenthaltserlaubnis die beantragte nächste Aufenthaltserlaubnis nicht nahtlos folgt, sondern sich eine zeitliche Lücke ergibt, kommt ebenso wie bei anderen Formen der Aufenthaltsgenehmigung (§ 5 AuslG) in der Praxis der Ausländerbehörden bekanntermaßen nicht selten vor. Es kann daher nicht angenommen werden, daß dieser Umstand im Gesetzgebungsverfahren außer acht geblieben ist. Auch aus den Gesetzesmaterialien zu § 1 Abs. 1 Satz 2 BErzGG, der durch das Gesetz zur Änderung des BErzGG und anderer Vorschriften (BErzGG-ÄndG) vom 30. Juni 1989 (BGBl. I S. 1297) mit Wirkung ab 1. Juli 1989 in das Gesetz eingefügt worden ist (Art 8 Abs. 1 BErzGG-ÄndG), lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, daß dem Gesetzgeber die ausländerrechtliche Praxis nicht geläufig gewesen (BT-Drucks 11/4776) oder bei der Formulierung des Gesetzes der Wille des Gesetzgebers nicht zutreffend wiedergegeben worden ist.
Der Senat hat auch schon mehrfach darauf hingewiesen, daß der Gesetzgeber mögliche Härten gesehen hat, die durch die Einfügung des § 1 Abs. 1 Satz 2 BErzGG dadurch auftreten können, daß die Regelung auf die Tatbestandswirkung der ausländerbehördlichen Entscheidung abstellt und damit den Anspruch auf Erzg auch von Zufälligkeiten des Verfahrensablaufs abhängig macht (BSGE 70, 197, 204 = SozR 3-7833 § 1 Nr. 7; BSG SozR 3-7833 § 1 Nr. 12). Die hierdurch eintretenden unvermeidlichen Verzögerungen und Härten hat der Gesetzgeber - ohne daß dies verfassungsrechtlich zu beanstanden wäre - in Kauf genommen (BSG SozR 3-7833 § 1 Nr. 10).
Die Klägerin kann ihr Begehren auch nicht auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen. In der Rechtsprechung des BSG sind Rechtsnachteile, die durch ein Fehlverhalten der Behörde, wie z.B. eine unrichtige Beratung oder Auskunft nach den §§ 14 und 15 des Allgemeinen Teils des Sozialgesetzbuchs (SGB I) oder durch eine rechtswidrige Verfahrensverzögerung eingetreten sind, verschiedentlich im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ausgeglichen worden. In diesen Fällen ist dem Bürger die Sozialleistung zuerkannt worden, wenn aufgrund eines solchen Fehlverhaltens eine Anspruchsvoraussetzung nicht erfüllt war (vgl. BSG SozR 2200 § 1241a Nr. 9; SozR 2200 § 1241d Nr. 9, SozR 3-7833 § 1 Nr. 12). Ein Fehlverhalten der Erzg-Behörde (im Sinne der zuständigen Funktionseinheit der Kreisverwaltung) ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht behauptet worden. Die Erzg-Behörde hat ihrer Beratungspflicht in ausreichender Form dadurch Rechnung getragen, daß sie in der Anlage zu ihrem Bewilligungsbescheid vom 10. März 1993 auf den Umstand hingewiesen hat, die Fortzahlung des Erzg ab 8. Januar 1994 sei von der rechtzeitigen Neuerteilung einer Aufenthaltserlaubnis und deren Vorlage durch die Klägerin abhängig, da die bestehende Aufenthaltserlaubnis nur bis zum 17. Dezember 1993 gelte.
Behauptet wird lediglich ein Fehlverhalten der Ausländerbehörde (ebenfalls als Funktionseinheit der Kreisverwaltung) innerhalb des Aufenthaltserlaubnisverfahrens. Damit wird das Verschulden einer Stelle geltend gemacht, die weder über den Sozialleistungsanspruch zu befinden hat noch als Antrags- oder Auskunftsstelle funktional in das Sozialleistungsverfahren einbezogen ist. Ein Fehlverhalten einer anderen Behörde muß sich der zuständige Sozialleistungsträger aber im Rahmen eines Herstellungsanspruchs grundsätzlich nicht zurechnen lassen (ständige Rechtsprechung, zuletzt BSGE 71, 217 = SozR 3-1200 § 14 Nr. 8; BSG SozR 1200 § 14 Nrn 26, 28, 29; BSGE 58, 283 = SozR 1200 § 14 Nr. 19; BSG SozR 3-7833 § 1 Nr. 12). So ist z.B. eine Erzg-Behörde selbst dann nicht gehindert, die Verzögerung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis dem Berechtigten anspruchsausschließend entgegenzuhalten, wenn die Verzögerung ausschließlich in den Verantwortungsbereich der Ausländerbehörde fällt (BSG SozR 3-7833 § 1 Nr. 12) und der Berechtigte seinerseits alles ihm Zumutbare unternommen hat, um der Verzögerung entgegenzuwirken (zB frühzeitige Beantragung der Anschluß-Aufenthaltserlaubnis; Hinweis auf den laufenden Bezug von Erzg und auf die Abhängigkeit des weiteren Bezugs des Erzg von der Erteilung der neuen Aufenthaltserlaubnis; im Einzelfall auch Inanspruchnahme von Rechtsschutz, etwa in Form der Untätigkeitsklage, vgl. BSGE 70, 197, 209 = SozR 3-7833 § 1 Nr. 7; BSG SozR 3-7833 § 1 Nr. 12).
Das LSG hat den Grundsatz, daß das Fehlverhalten einer anderen nicht in den Verwaltungsablauf einbezogenen Behörde dem über den erhobenen Anspruch entscheidenden Sozialleistungsträger nicht zuzurechnen ist, im vorliegenden Fall nicht für anwendbar gehalten. Es hat darauf abgehoben, daß der Landesgesetzgeber in Niedersachsen die Aufgaben der Erzg-Behörde und der Ausländerbehörde der gleichen Körperschaft des öffentlichen Rechts, hier dem Landkreis Hannover, zugewiesen hat und beide Behörden nach außen hin unter der einheitlichen Behördenbezeichnung "Landkreis Hannover - Der Oberkreisdirektor" auftreten. Das die Aufgaben der Erzg-Behörde wahrnehmende Sozialamt und das die Aufgaben der Ausländerbehörde wahrnehmende Ordnungsamt des Landkreises hat das LSG vor diesem Hintergrund nicht als verschiedene Behörden, sondern als eine einheitliche Behörde im organisationsrechtlichen Sinne angesehen. Ob dies eine Zurechnung rechtfertigt, kann der Senat offenlassen. Denn es fehlt bereits an einem pflichtwidrigen Verhalten der Ausländerbehörde, so daß sich die Frage der Zurechnung "fremden" Fehlverhaltens nicht stellt.
Die Klägerin wirft der Ausländerbehörde im vorliegenden Fall zwar keine rechtswidrige Verzögerung bei der Bearbeitung und Entscheidung ihres Antrages auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis vor, wohl aber ein rechtswidriges Verhalten in Form eines Beratungsfehlers (§ 14 SGB I) dadurch, daß die Ausländerbehörde sie nicht auf die Möglichkeit eines (vorsorglichen) Antrages auf Erteilung einer weiteren z.B. auf drei Monate befristeten Aufenthaltserlaubnis hingewiesen habe, die auf jeden Fall bis zum 7. Januar 1994, dem letzten Tag des ersten Erzg-Bezuges, hätte erteilt werden können, so daß eine Unterbrechung im Erzg-Bezug vermieden worden wäre. Ob eine solche befristete Aufenthaltserlaubnis - eventuell sogar ohne ausdrücklichen Antrag - bis dahin hätte erteilt werden können, kann dahingestellt bleiben; diesbezügliche Ermittlungen sind nicht erforderlich. Denn selbst bei Unterstellung der Richtigkeit dieses Teils des Vorbringens kann die Klage keinen Erfolg haben. Der Ausländerbehörde (Ordnungsamt) ist kein Beratungsfehler oder sonstiger Bearbeitungsfehler unterlaufen. Ein Bediensteter kann den Bürger grundsätzlich nur über Rechte und Pflichten in jenen sozialrechtlichen Angelegenheiten beraten, mit denen er selbst von seiner Aufgabenzuweisung her befaßt ist. Es kann nicht erwartet werden, daß ein mit ordnungsbehördlichen oder ausländerrechtlichen Angelegenheiten befaßter Bediensteter auch alle sozialrechtlichen Auswirkungen seiner Entscheidungen kennt und voraussieht oder daß er zumindest über alle laufenden Verwaltungsverfahren durch die anderen Amtsstellen der Verwaltung unterrichtet wird. Dies würde bei der Mannigfaltigkeit der Verwaltungsaufgaben in einer Kommunalverwaltung zu einer Überforderung des einzelnen Bediensteten führen. Es liegt deshalb auch kein Organisationsverschulden des Verwaltungsleiters darin, daß ein solcher ständiger Informationsaustausch aller Verwaltungsstellen untereinander nicht stattfindet. Aufgrund dieser Aufgabentrennung sind die Mitarbeiter der Ausländerbehörde nicht verpflichtet gewesen, die Abhängigkeit des Erzg-Anspruchs der Ausländer aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Staaten vom Besitz bestimmter ausländerrechtlicher Aufenthaltstitel (§ 1 Abs. 1 Satz 2 BErzGG a.F. bzw. § 1 Abs. 1a Satz 1 BErzGG nF) und die dazu ergangene Rechtsprechung des BSG zu kennen oder sich darüber zu informieren. Konkreter Handlungsbedarf für besondere und beschleunigte Maßnahmen besteht für die Ausländerbehörde daher erst dann, wenn der Betroffene mitteilt, die Zahlung von Erzg sei in seinem Fall von der Erteilung bzw. Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsberechtigung abhängig, und er durch Angabe der entsprechenden Daten auch den zeitlichen Rahmen verdeutlicht, innerhalb dessen er den Aufenthaltstitel zur Aufrechterhaltung seines Erzg-Anspruchs benötigt. Es ist also Sache des Betroffenen, alles ihm Zumutbare zu tun, um rechtzeitig in den Besitz des erforderlichen Aufenthaltstitels zu gelangen. Das ist hier nicht geschehen. Die formularmäßige Angabe der Klägerin in ihrem Antrag auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, sie beziehe Sozialhilfe und Erzg, war allein nicht ausreichend, besondere Überlegungen der Ausländerbehörde über ihre Möglichkeiten zur Gewährleistung des ununterbrochenen Weiterbezugs des Erzg auszulösen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.14 REg 1/97
BUNDESSOZIALGERICHT
Fundstellen