Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 7. Oktober 1982 aufgehoben. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Aurich vom 9. Juni 1982 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I.
Der im Jahre 1926 geborene Kläger bewirtschaftete mit seiner im Jahr 1924 geborenen Ehefrau einen landwirtschaftlichen Pachtbetrieb von 38 ha. Die Eheleute lebten allein im Haushalt. Nach dem Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 1979 betrug das zu versteuernde Einkommen aus der Landwirtschaft für den Kläger und für seine Ehefrau jeweils 2.752,– DM. Außerdem erzielte die Ehefrau des Klägers aus Verpachtung eines ihr gehörenden Grundstücks von 2,2 ha Einkünfte in Höhe von 1.100,– DM jährlich.
Die Ehefrau des Klägers erlitt am 6. April 1980 beim Melken einen Arbeitsunfall, bei dem sie sich einen Oberschenkelhalsbruch mit nachfolgender Infektion und einer eitrigen Nekrose des Hüftgelenks zuzog. Sie starb nach einer am 9. Juli 1980 durchgeführten Operation des Hüftgelenks am Abend des Operationstages. Nach dem ärztlichen Bericht war ihr Tod mittelbare Folge des Schenkelhalsbruches, der später eingetretenen eitrigen Komplikation, der unfallbedingten Bettruhe und des vital indizierten operativen Eingriffs.
Die Ehefrau des Klägers ist vom Kläger und ihrem gemeinsamen Sohn zu je 1/2 des Nachlasses beerbt worden.
Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) bewilligte dem Kläger Hinterbliebenenrente aus der Versicherung seiner Ehefrau.
Die Beklagte lehnte Witwerrente ab (Bescheid vom 7. Oktober 1981), da die Ehefrau vor dem tödlichen Unfall mit dem Eigentum den Unterhalt der Familie zwar überwiegend bestritten habe, das Eigentum aber mit dem Tode der Ehefrau auf den Witwer übergegangen sei.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 9. Juni 1982), da die Ehefrau des Klägers den Unterhalt der Familie nicht überwiegend bestritten haben würde und zudem der Ertragswert der Pachteinnahmen zur Hälfte auf den Kläger übergegangen sei.
Das Landessozialgericht (LSG) hat der Berufung des Klägers stattgegeben (Urteil vom 7. Oktober 1982) und zur Begründung ua ausgeführt: Die an den Folgen ihres Arbeitsunfalles verstorbene Ehefrau des Klägers habe den Unterhalt der Familie überwiegend bestritten. Dem Anspruch des Klägers stehe auch nicht entgegen, daß das Eigentum an dem Grundstück, aus dessen Ertragswert seine Ehefrau den überwiegenden Anteil des Familienunterhalts erzielt habe, mit ihrem Tod zur Hälfte auf ihn übergegangen sei. Die gegenteilige Auffassung in BSGE 36, 68 sei weder mit dem Wortlaut noch mit dem Zweck des § 593 der Reichsversicherungsordnung (RVO) vereinbar. Diese Vorschrift stelle gerade nicht auf die durch den Tod der Ehefrau tatsächlich bewirkte wirtschaftliche Situation ab, sondern auf eine künftige hypothetische Entwicklung für den Fall, daß die Ehefrau nicht gestorben wäre. Vergleichbar sei die Regelung in § 596 RVO. Die einschränkende Auslegung des § 593 RVO durch das Bundessozialgericht (BSG) wurde zu einer gesetzlich nicht vorgesehenen weitergehenden Prüfung der Bedürftigkeit führen. Auch der Anspruch auf Witwerrente nach § 1266 RVO scheitere nicht daran, daß der Witwer nach dem Tode seiner versicherten Ehefrau seinen Unterhalt aus den Einkünften eines Geschäftes bestreite, das er von der Versicherten geerbt habe und weiterführe (BSG SozR 2200 § 1266 Nr. 11).
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Die Beklagte hat dieses Rechtsmittel eingelegt. Sie ist der Auffassung, daß nach der zutreffenden Rechtsprechung des BSG (BSGE 36, 68) der Kläger keinen Anspruch auf Witwerrente habe, da das Vermögen, aus dem die Ehefrau des Klägers den Teil des überwiegenden Unterhalts bestritten habe, auf den Kläger zur Hälfte übergegangen sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 7. Oktober 1982 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Aurich vom 9. Juni 1982 zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Auch im Schadenersatzrecht werde auf die mutmaßliche Dauer des Lebens des getöteten Unterhaltsverpflichteten abgestellt (§§ 44 Abs. 2 iVm 843 Abs. 2 bis 4 BGB).
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes –SGG).
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet.
Bei Tod durch Arbeitsunfall ist den Hinterbliebenen vom Todestag an Rente nach den §§ 590 und 592 bis 599 RVO zu gewähren (§ 589 Abs. 1 Nr. 3 RVO). Für den Witwer gelten die §§ 590 und 591 RVO entsprechend, wenn die durch den Arbeitsunfall verstorbene Ehefrau den Unterhalt der Familie überwiegend bestritten hat und solange sie ihn bestritten haben würde (§ 593 Abs. 1 RVO).
Der Senat kann mit dem LSG zugunsten des Klägers davon ausgehen, daß seine an den Folgen eines Arbeitsunfalles verstorbene Ehefrau den Unterhalt der Familie überwiegend bestritten hatte. Nach dem Urteil des 8. Senats des BSG vom 26. Juni 1973 (BSGE 36, 68) sind jedoch die Voraussetzungen des § 593 Abs. 1 letzter Halbsatz RVO – solange die Ehefrau den Unterhalt bestritten haben würde – nicht gegeben, wenn das Vermögen der verstorbenen Ehefrau, wegen dessen Ertragswerts der überwiegende Unterhalt der Familie – ohne weitere zu unterhaltende Angehörige – bejaht worden ist, mit ihrem Tode auf den Ehemann übergegangen ist (ebenso Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 1.–9. Aufl, S 587a; Plagemann/Plagemann, Gesetzliche Unfallversicherung 1981, S 137, RdNr. 321). Diese Rechtsprechung hat das Berufungsgericht nicht übersehen. Es hat ihr jedoch aus den in seinem Urteil angeführten Gründen nicht zu folgen vermocht. Der Senat verkennt ebenfalls nicht, daß der Wortlaut des Gesetzes die Rechtsansicht des LSG trägt, daß bei der Prüfung des Tatbestandsmerkmals „solange die Ehefrau den Unterhalt bestritten haben würde” von den tatsächlichen Umständen und der Rechtslage auszugehen ist, die bestanden hätte, wenn die Ehefrau des Klägers nicht durch den Arbeitsunfall verstorben wäre. Ebenso trifft, wie das LSG weiter zutreffend ausführt, das vom 8. Senat des BSG angeführte Beispiel (a.a.O. S 69) aus dem Bericht des sozialpolitischen Ausschusses des Deutschen Bundestages (BT-Drucks IV/938 – neu – S 14, 15) nicht auf die hier maßgebende Fallgestaltung zu. Andererseits ist zu beachten, daß die Voraussetzungen der Witwerrente stärker auf einen konkreten Schadenersatz ausgerichtet sind (Bley, Sozialrecht, 4. Aufl 1982, S 298). Auf den Schadenersatzanspruch wegen Entziehung des Rechts auf Unterhalt sind aber vom Unterhaltsverpflichteten ererbte Vermögenswerte anzurechnen, die auch vor dem Tod des Unterhaltsverpflichteten zur Bestreitung des Unterhalts dienten (BGH NJW 1974, 1236; s. auch Mertens, Münchner Kommentar, Band 3/2, 1980 § 843 RdNr. 51). Das LSG weist außerdem auf die Rechtsprechung zu § 1266 RVO hin, die für die gesetzliche Rentenversicherung zum gleichen Ergebnis wie das LSG für die Unfallversicherung gelangt. Der 8. Senat des BSG hat jedoch den von dieser Vorschrift abweichenden Wortlaut des § 593 RVO hervorgehoben und die Unterhaltsfunktion der Witwerrente nach § 593 RVO stärker betont. Ebenso führt die Auffassung des 8. Senats des BSG, wovon auch das Urteil vom 26. Juni 1973 ausdrücklich ausgeht (a.a.O. S 69), nicht zu einer gesetzlich nicht mehr vorgesehenen Bedürfnisprüfung, da sie eine Berücksichtigung des Überganges des Vermögens im Wege der Erbfolge, aus dessen Ertragswert der überwiegende Unterhalt der Familie bestritten wurde, nicht von der Vermögenslage des Witwers abhängig macht. Die vom LSG für seine Ansicht angeführten Argumente sind somit vom 8. Senat des BSG in seinem Urteil vom 26. Juni 1973 beachtet und lediglich anders als vom LSG gewertet worden. Sprechen aber somit gute Gründe sowohl für die Ansicht des LSG als auch für die bisherige Rechtsprechung des BSG, so soll von dieser nicht abgewichen werden (BSGE 40, 292, 296). Auf die Revision der Beklagten war daher das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen