Leitsatz (amtlich)
1. Anspruch auf ergänzende, unselbständige Leistungen zur Rehabilitation (RVO § 1237b, RehaAnglG § 12) besteht nur gegen den Versicherungsträger, der eine selbständige Leistung der medizinischen oder beruflichen Rehabilitation durchführt.
2. Leistet tatsächlich einer der in Betracht kommenden Träger der Rehabilitation - sei es auch der unzuständige -, dann besteht ein Anspruch des Rehabilitanden nur gegen den leistenden Träger selbst dann, wenn dieser einen Erstattungsanspruch gegenüber einem anderen - zuständigen - Träger hat (RehaAnglG § 6 Abs 3).
3. Die AU eines Versicherten, der an einer Belastungserprobung und Arbeitstherapie als medizinischer Maßnahme der Rehabilitation teilnimmt, beurteilt sich weiterhin nach der vor dieser Maßnahme "zuletzt ausgeübten Erwerbstätigkeit" (RVO § 182 Abs 1 Nr 2 - Anschluß an BSG 1978-05-24 4 RJ 69/77).
Leitsatz (redaktionell)
Begriff "Arbeitsunfähigkeit" iS des RVO § 182 Abs 1 Nr 2:
1. Während einer Maßnahme der Belastungserprobung liegt im allgemeinen AU iS des RVO § 182 Abs 1 Nr 2 vor.
2. Der Begriff der AU iS des Krankenversicherungsrechts schließt eine "teilweise" Arbeitsfähigkeit aus; ein Versicherter, der nach einem Herzinfarkt stufenweise mit zunächst 4 und später 6 Stunden Arbeitszeit in das Erwerbsleben eingegliedert wird, ist während dieser Zeit noch arbeitsunfähig.
Normenkette
RVO § 182 Abs. 1 Nr. 2 Fassung: 1967-12-21, § 182d Fassung: 1974-08-07, § 1237 Nr. 5 Fassung: 1974-08-07, § 1237b Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1974-08-07, § 1240 S. 1 Fassung: 1974-08-07; RehaAnglG § 5 Abs. 2 Fassung: 1974-08-07, § 6 Abs. 3 Fassung: 1974-08-07, § 10 Nr. 5 Fassung: 1974-08-07, § 12 Nr. 1 Fassung: 1974-08-07, § 13 Abs. 1 Fassung: 1974-08-07
Verfahrensgang
SG Berlin (Entscheidung vom 26.11.1975; Aktenzeichen S 29 J 1348/75) |
LSG Berlin (Entscheidung vom 06.07.1976; Aktenzeichen L 6 J 6/76) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Berlin vom 7. Juli 1976 und des Sozialgerichts Berlin vom 26. November 1975 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen, soweit der Kläger Übergangsgeld von der Beklagten begehrt.
Auf die Anschlußberufung des Klägers wird die Beigeladene verurteilt, dem Kläger Krankengeld für die Zeit vom 7. Januar bis 9. Februar 1975 zu gewähren.
Die Beigeladene hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger fordert für die Zeit vom 7. Januar bis zum 9. Februar 1975 von dem beklagten Träger der Rentenversicherung Übergangsgeld, hilfsweise von der beigeladenen Krankenkasse Krankengeld. Er ist von Beruf Bauschlosser. Wegen eines Herzinfarktes befand er sich vom 10. Juli bis zum 9. August 1974 in stationärer Behandlung, bei deren Abschluß ärztlicherseits empfohlen wurde, nach zwei Monaten ein aktives Rehabilitationsprogramm im Institut für Leistungsmedizin (Institut für präventive und rehabilitive Kardiologie) in Berlin durchzuführen. Nach einer dortigen Untersuchung des Klägers schlug Dr. W im November 1974 zunächst ein rehabilitives Heilverfahren in einem Rehabilitationszentrum vor und dann eine stufenweise Wiedereingliederung am Arbeitsplatz mit zunächst 4 und später 6 Stunden Arbeitszeit.
Bei der Beklagten beantragte der Kläger am 2. Dezember 1974, ihm Gesundheitsmaßnahmen nach den §§ 1236 ff Reichsversicherungsordnung (RVO) zu gewähren. Von der beigeladenen Innungskrankenkasse, bei der der Kläger krankenversichert war und von der er Krankengeld ab 10. Juli 1974 erhielt, wurde die Beklagte von dem Ergebnis der Untersuchungen des Klägers durch Dr. W sowie vom Inhalt des vertrauensärztlichen Gutachtens unterrichtet, worin Dr. Seitz am 19. Dezember 1974 ausgeführt hatte, mit Einverständnis des Hausarztes und des Leistungsmedizinischen Instituts werde der Kläger ab 1. Januar 1975 für 4 Stunden und ab Februar 1975 für 6 Stunden täglich zur Belastungserprobung gemäß § 1237 Nr 5 RVO teilarbeitsfähig geschrieben. Gleichzeitig bat die Beigeladene, den Auftrag zur Zahlung von Übergangsgeld zu erteilen. Am 7. Januar 1975 begann der Kläger mit der "Belastungserprobung". Vom 10. Februar bis 24. März 1975 gewährte ihm die Beklagte ein Heilverfahren. Während dieser Zeit zahlte sie Übergangsgeld. Den Antrag des Klägers vom 11. Juli 1975, ihm Übergangsgeld bereits ab 7. Januar 1975 zu gewähren, lehnte die Beklagte, die zuvor einen solchen Anspruch des Klägers schon gegenüber der Beigeladenen verneint hatte, mit Bescheid vom 19. August 1975 ab. Die Beklagte stellte sich auf den Standpunkt, die ambulante ärztliche Behandlung des Klägers mit der zur gleichen Zeit erfolgten Belastungserprobung sei nicht auf Kosten der Beklagten durchgeführt worden und falle nicht in den Zuständigkeitsbereich des Trägers der Rentenversicherung.
Das Sozialgericht (SG) verurteilte die Beklagte dem Grunde nach, dem Kläger als vorläufige Leistung Übergangsgeld für die Zeit vom 7. Januar bis zum 9. Februar 1975 zu zahlen (Urteil vom 26.11.1975). Im Berufungsverfahren sind folgende Anträge gestellt worden:
Die Beklagte hat beantragt,
das Urteil des SG Berlin vom 26. November 1975 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger hat im Wege der Anschlußberufung beantragt,
unter Abänderung des Urteils des SG Berlin vom 26. November 1975 den Bescheid der Beklagten vom 19. August 1975 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 7. Januar bis 9. Februar 1975 Übergangsgeld zu gewähren,
hilfsweise,
die Beigeladene zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 7. Januar bis 9. Februar 1975 Krankengeld zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Anschlußberufung zurückzuweisen.
Die Beigeladene hat beantragt,
die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Berlin vom 26. November 1975 zurückzuweisen,
hilfsweise,
den Antrag des Klägers auf Gewährung von Krankengeld abzuweisen.
Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat es das Urteil des SG geändert, den Bescheid der Beklagten vom 19. August 1975 aufgehoben, und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Übergangsgeld für die Zeit vom 7. Januar bis zum 9. Februar 1975 zu zahlen. Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, wenn die Beklagte den Kläger einer möglicherweise unzulänglichen Rehabilitationsbetreuung durch die Beigeladene überlassen habe, dann könne die Beklagte sich nicht darauf berufen, um die finanziellen Ansprüche des Klägers zurückzuweisen. Sie hätte ihm die Möglichkeit geben müssen, in Kur- und Spezialeinrichtungen auch Belastungserprobung und Arbeitstherapie durchzuführen. Hingegen habe die Beigeladene der Überzeugung sein können, daß es sich insoweit um von der Beklagten zu gewährende Maßnahmen handele, denn Dr. W habe eine solche Maßnahme im Rahmen einer Kur in einem Rehabilitationszentrum vorgeschlagen. Die 4-stündige Arbeitsbelastung auf einem Arbeitsplatz beim alten Arbeitgeber könne nur als eine Aushilfsmaßnahme gewertet werden. Trotz der grundsätzlich nicht unbedenklichen Beschränkung der Arbeitsfähigkeit auf 4 bis 6 Stunden täglich habe die Beigeladene davon ausgehen können, daß der Kläger ab 7. Januar 1975 nicht mehr arbeitsunfähig sei, womit die Verpflichtung zur Zahlung des Krankengeldes entfallen sei (Urteil vom 7.7.1976).
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beklagte mit der vom Senat zugelassenen Revision, die sie auf eine unrichtige Anwendung der §§ 1237 Nr 5, 1240 RVO und 54 Sozialgerichtsgesetz (SGG) stützt. Die Vorinstanzen hätten sich nicht damit auseinandergesetzt, was unter Belastungserprobung und Arbeitstherapie zu verstehen sei. In jedem Falle könnten beide Maßnahmen als medizinische Leistungen nur dann sinnvoll angewendet werden, wenn sie unter ständiger ärztlicher Überwachung und Kontrolle durchgeführt würden. Die Ausübung einer Teilzeitbeschäftigung könne im Gegensatz zur Ansicht der Beigeladenen nicht der Belastungserprobung zugeordnet oder als Arbeitstherapie bezeichnet werden. Selbst wenn es sich um eine Belastungserprobung und Arbeitstherapie handele, sollten diese Maßnahmen von den Trägern der Rentenversicherung als medizinische Leistung nur dann vorrangig durchgeführt werden, wenn sie mit einer stationären Behandlung in einer Kur- und Spezialeinrichtung einhergingen, während die Krankenkassen in erster Linie für die stationäre Krankenhausbehandlung und die ambulante Behandlung zuständig seien. Im Falle des Klägers sei die Teilzeitbeschäftigung von 4 Stunden täglich, die die Beigeladene fälschlicherweise als Belastungserprobung bezeichne, nicht während einer stationären, sondern während einer ambulanten Heilbehandlung erfolgt. Stimme man der Beigeladenen zu, daß eine Belastungserprobung durchgeführt worden sei, so müsse sie dem Versicherten für diese Zeit Krankengeld unter Anrechnung des Arbeitsentgeltes gewähren, denn jeder Träger der Rehabilitation habe im Rahmen seiner Zuständigkeit die nach Lage des Einzelfalls erforderlichen Leistungen so vollständig und umfassend zu erbringen, daß Leistungen eines anderen Trägers nicht erforderlich würden.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des SG Berlin vom 26. November 1975 und des LSG Berlin vom 7. Juli 1976 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise
den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG Berlin zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen,
hilfsweise
- im Wege der Anschlußrevision - die Beigeladene zu verurteilten, ihm für die Zeit vom 7. Januar bis 9. Februar 1975 Krankengeld zu zahlen.
Er trägt vor, der Streit zwischen der Beklagten und der Beigeladenen darüber, wer für die Durchführung der Belastungserprobung zuständig sei, dürfe nicht auf dem Rücken des Versicherten ausgetragen werden. Die Beklagte sei zumindest verpflichtet gewesen, vorläufige Leistungen zu erbringen und zwar bis zur Klärung der Zuständigkeitsfrage. Sei aber die Beklagte weder leistungs- noch vorleistungspflichtig, so müsse die Beigeladene verurteilt werden, für die streitige Zeit Krankengeld zu zahlen, denn die Arbeitsunfähigkeit habe über den 6. Januar 1975 hinaus bestanden.
Die Beigeladene beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Zum Hilfsantrag des Klägers stellt die Beigeladene keinen Antrag.
Sie macht geltend, das vertrauensärztliche Gutachten vom 19. Dezember 1974 sei weder vom Hausarzt des Klägers noch von Dr. W oder vom ärztlichen Dienst der Beklagten widerlegt worden. Die Beklagte habe daher bei der Entscheidung über ihre Leistungspflicht ab 7. Januar 1975 von einer Arbeitsfähigkeit des Klägers im krankenversicherungsrechtlichen Sinne ausgehen müssen. Seine Erwerbsfähigkeit sei allerdings noch gefährdet gewesen, so daß die Beklagte gem § 1237 Nr 5 RVO für die Durchführung der Belastungserprobung zuständig gewesen sei.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Dem Kläger steht das streitige Übergangsgeld für die Zeit vom 7. Januar bis zum 9. Februar 1975 nicht zu. Statt dessen hat er gegen die Beigeladene Anspruch auf Gewährung von Krankengeld für diese Zeit.
Übergangsgeld ist vom Träger der Rentenversicherung gemäß den §§ 1240 Satz 1 RVO, 13 ff des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation (RehaAnglG) während einer medizinischen Maßnahme zur Rehabilitation zu gewähren, wenn der Betreute arbeitsunfähig ist oder wegen Teilnahme an der Maßnahme keine ganztägige Erwerbstätigkeit ausüben kann. Dabei handelt es sich um eine ergänzende, unselbständige Leistung iSd §§ 1237 b Abs 1 Nr 1 RVO, 12 Nr 1 RehaAnglG, worauf nur zusammen mit medizinischen oder beruflichen Leistungen zur Rehabilitation Anspruch besteht. Mangels einer von der Beklagten während der streitigen Zeit durchgeführten selbständigen Leistung der Rehabilitation besteht gegen sie auch kein Anspruch auf eine ergänzende Leistung.
Die umstrittene "Belastungserprobung" ab 7. Januar 1975 ist von der Beigeladenen veranlaßt worden. Belastungserprobung und Arbeitstherapie sind gem § 10 Nr 5 RehaAnglG medizinische Leistungen der Rehabilitation, die zu den Aufgaben sowohl der Beigeladenen, als auch der Beklagten gehören (§ 2 RehaAnglG). § 10 RehaAnglG enthält für alle Träger der Rehabilitation geltende Grundsätze, die eine einheitliche Ausrichtung der Leistungen gewährleisten sollen (vgl BT-Drucks 7/1237). Die Voraussetzungen der einzelnen Leistungen richten sich dagegen nach den für die Rehabilitationsträger geltenden besonderen Rechtsvorschriften (§ 9 Abs 1 RehaAnglG). In der Krankenversicherung fallen Belastungserprobung und Arbeitstherapie unter die Krankenhilfe (§ 182 Abs 1 Nr 1 e RVO), wobei sie nur zu gewähren sind, wenn nach den für andere Träger der Sozialversicherung geltenden Vorschriften - abgesehen von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen - solche Leistungen nicht gewährt werden können (§ 182 d RVO). Für die Beklagte bestimmt § 1237 Nr 5 RVO, daß die medizinischen Leistungen der Rehabilitation Belastungserprobung und Arbeitstherapie umfassen. Nach den allgemeinen Grundsätzen des § 10 RehaAnglG können diese Leistungen "auch in Krankenhäusern, Kur- und Spezialeinrichtung" erbracht werden. § 1237 RVO dagegen spricht von der Belastungserprobung und Arbeitstherapie "vor allem in Kur- und Spezialeinrichtungen", während § 182 d RVO zu den Einrichtungen, in denen diese Rehabilitationsmaßnahmen durchgeführt werden können, nichts sagt (allerdings eröffnet § 184 a RVO der Beigeladenen die Möglichkeit einer Behandlung in Kur- oder Spezialeinrichtungen). Der Senat hat es dahingestellt sein lassen, ob es sich im Falle des Klägers überhaupt um eine Belastungserprobung oder Arbeitstherapie iS der genannten gesetzlichen Bestimmungen gehandelt hat, wovon das LSG ohne Begründung ausgeht. Unterstellt man insoweit eine Leistung der medizinischen Rehabilitation, dann ist diese nicht von der Beklagten eingeleitet und erbracht worden, sondern von der Beigeladenen.
Gemäß § 6 Abs 1 RehaAnglG richtet sich die Zuständigkeit des Rehabilitationsträgers nach den für ihn geltenden Vorschriften. Zwar enthält Abs 2 dieser Bestimmung eine Regelung darüber, wie bei ungeklärter Zuständigkeit zu verfahren ist. Daraus läßt sich jedoch nicht die Forderung des Klägers auf Zahlung von Übergangsgeld herleiten. Leistet nämlich - wie hier tatsächlich einer der in Betracht kommenden Rehabilitationsträger - sei es auch der unzuständige -, dann richten sich die Ansprüche des Versicherten gegen ihn nach den für diesen Träger maßgebenden Rechtsvorschriften. Eine sich etwa daraus ergebende Erstattungspflicht des anderen, zuständigen Rehabilitationsträgers (§ 6 Abs 3 RehaAnglG) berührt die sich aus der durchgeführten Maßnahme ergebenden Ansprüche des Versicherten nicht, auch nicht hinsichtlich der ergänzenden Leistungen. Der Gesetzgeber geht nämlich bei der Rehabilitation von dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Trägerschaft aus (§ 5 Abs 2 Satz 1 RehaAnglG, Amtliche Begründung des Entwurfs zu § 5 Abs 2 RehaAnglG BT-Drucks 7/1237), wodurch eine wechselnde Zuständigkeit der Rehabilitationsträger während der Durchführung der Maßnahmen gegenüber dem Versicherten möglichst ausgeschlossen werden soll. Dieser Grundsatz hat auch dann zu gelten, wenn einer der in Betracht kommenden Rehabilitationsträger wegen der ungeklärten Zuständigkeit oder weil der andere Träger die ihm obliegenden Leistungen nicht zügig erbringt, im Interesse des Behinderten sich zur Leistungsgewährung entschließt.
Selbst aus dem Gesichtspunkt einer Vorleistungspflicht der Beklagten gemäß § 6 Abs 2 RehaAnglG wegen ungeklärter Zuständigkeit läßt sich der geltend gemachte Anspruch auf Übergangsgeld nicht herleiten. Gegenstand der Vorleistung haben wiederum zunächst die medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation zu sein, die hier aber nicht von der Beklagten erbracht worden sind. Im übrigen hätte die Verpflichtung der Beklagten zur Vorleistung erst nach einer Frist von sechs Wochen mit dem Zeitpunkt eingesetzt, zu dem die Beklagte von dem Antrag und der eine Vorleistungspflicht begründenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat. Zwar hat der Kläger bereits am 2. Dezember 1974 beantragt, ihm Maßnahmen nach den §§ 1236 ff RVO zu gewähren. Kenntnis von der als Belastungserprobung bezeichneten Maßnahme hat die Beklagte jedoch erst durch die mit Schreiben der Beigeladenen vom 19. Dezember 1974 übersandten ärztlichen Unterlagen erhalten. Innerhalb dieser sechs Wochen hat aber die Beigeladene ihrerseits schon die medizinische Rehabilitation eingeleitet. Eine Vorleistungspflicht der Beklagten ist damit nicht entstanden und beim Fehlen der Hauptleistung erst recht nicht die Pflicht, als ergänzende Leistung Übergangsgeld zu gewähren.
Von der ihr in § 1239 RVO eingeräumten Möglichkeit, die Heilbehandlung anstelle der Beigeladenen durchzuführen, hat die Beklagte keinen Gebrauch gemacht. Nach dieser Vorschrift kann der Träger der Rentenversicherung, wenn medizinische Leistungen der Rehabilitation notwendig sind und zugleich Krankenhilfe durch einen Träger der Krankenversicherung zu gewähren ist, im Benehmen mit diesem Leistungen übernehmen. Das ist hier nicht geschehen und es sind auch keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, daß die Beklagte sich hätte veranlaßt sehen müssen, anstelle der Beigeladenen mit Leistungen der Rehabilitation einzutreten, die sie dann allerdings vollständig und einschließlich des Übergangsgeldes hätte erbringen müssen. Da der Beklagten insoweit ein fehlerhaftes Unterlassen bzw eine unterlassene oder fehlerhafte Ermessensausübung nicht vorgeworfen werden kann, ist dem Kläger auch nicht über einen sozialrechtlichen Schadensersatzanspruch, der vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zu verfolgen ist, das begehrte Übergangsgeld zuzusprechen. Das wäre nur möglich über einen Anspruch des Klägers auf Vornahme einer Amtshandlung zur Herstellung des Zustandes, der bestehen würde, wenn die Beklagte sich pflichtgemäß verhalten hätte (vgl Urteil des erk. Senats vom 25.4.1978 - 5 RJ 18/77 mit weiteren Nachweisen). Hinweise auf eine derartige Pflichtverletzung sind hier jedoch nicht vorhanden.
Gewährt - wie im Falle des Klägers - der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation, so hat er entsprechend den Regelungen für das Übergangsgeld Krankengeld zu zahlen (§ 13 RehaAnglG). Das LSG hat insoweit allerdings die Auffassung vertreten, daß die Beigeladene - trotz der grundsätzlich nicht unbedenklichen Beschränkung der Arbeitszeit auf vier bis sechs Stunden täglich - habe davon ausgehen können, der Kläger sei seit dem 7. Januar 1975 nicht mehr arbeitsunfähig gewesen. Hierbei wird übersehen, daß es eine prozentual bemessene Arbeitsfähigkeit genauso wenig gibt wie eine prozentual bemessene Arbeitsunfähigkeit. Vielmehr schließen sich Arbeitsfähigkeit und Arbeitsunfähigkeit gegenseitig aus (ebenso BSG-Urteil vom 26.7.1978 - 3 RK 26/76 -). Die Feststellungen des LSG bezüglich der Teilarbeitsfähigkeit des Klägers zwingen deshalb - entgegen der Annahme des Berufungsgerichts - gerade zur Annahme von Arbeitsunfähigkeit iS des § 182 Abs 1 Nr 2 RVO. Diese besteht bei einem Versicherten, der seiner bisherigen oder einer ähnlich gearteten Erwerbstätigkeit nach seinem Gesundheitszustand nicht mehr oder nur auf die Gefahr hin nachgehen kann, seinen Zustand zu verschlimmern (vgl BSG 19, 179, 181; 26, 288, 290). Selbst wenn beim Kläger eine Belastungserprobung durchgeführt worden ist, bleibt Ausgangspunkt für die Prüfung der Arbeitsunfähigkeit die vorher verrichtete Tätigkeit als Bauschlosser. Wie der 4. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) entschieden hat (Urteil vom 24.5.1978 - 4 RJ 69/77 -), wird während der Arbeitserprobung eine Erwerbstätigkeit gerade nicht im Sinne einer tatsächlichen, auf Dauer gerichteten Arbeitsleistung ausgeübt, sondern eine solche allenfalls versucht und auf ihre Eignung für den Rehabilitanden geprüft. Gleiches muß für den Fall der Belastungserprobung gelten. Auch während dieser Rehabilitationsmaßnahme wird vorausgesetzt, daß der Betreute noch arbeitsunfähig im Sinne des § 182 Abs 1 Nr 2 RVO ist. War der Kläger somit auch während einer Belastungserprobung arbeitsunfähig, dann stand ihm während dieser Zeit Krankengeld zu. Dieser Anspruch war am 7. Januar 1975 nicht gemäß § 183 Abs 2 RVO erschöpft; er ruhte auch nicht, denn der Kläger hat damals weder Übergangsgeld bezogen (§ 183 Abs 6 RVO) noch hat er insoweit überhaupt einen Anspruch gegen die Beklagte. Hat der Kläger dagegen in der Zeit vom 7. Januar bis zum 9. Februar 1975 nicht an einer Maßnahme teilgenommen, die als Belastungserprobung iS der medizinischen Rehabilitation zu qualifizieren ist, dann steht ihm ebenfalls Krankengeld aufgrund des § 182 Abs 1 Nr 2 RVO zu.
Da der Hilfsantrag des Klägers, mit dem er Krankengeld begehrt, nach alledem in jedem Falle begründet ist, hat der Senat die Beigeladene entsprechend verurteilt (§ 75 Abs 5 SGG). Dazu bedurfte es eines zuvor von der Beigeladenen erlassenen Verwaltungsaktes nicht (vgl BSG SozR Nr 27 zu § 75 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen